Castle 3: Heat Rises - Kaltgestellt (German Edition)
Richtung Vernehmungsraum fort. „Diese Frage haben Sie meiner Klientin bereits gestellt“, sagte der alte Mann. Simmy Paltz deutete mit einem von Arthritis gekrümmten Finger auf den Notizblock, der vor ihm auf dem Tisch lag. Er sah aus, als wäre er hundert Jahre alt, war Haut und Knochen und hatte runzlige, ledrige Haut. Er trug eine 1970er Wemlon-Krawatte mit einem dicken Knoten, doch Nikki hätte ihre ganze Hand in die Lücke stecken können, die zwischen Simmys fusseligem Kragen und seinem dürren Hals klaffte. Er schien jedoch äußerst scharfsinnig zu sein und war zweifellos ein unnachgiebiger Anwalt. Heat vermutete, dass man in einem kleinen Unternehmen jede Menge Kosten sparen konnte, indem man seinen Großvater oder Großonkel als Rechtsbeistand beschäftigte.
„Ich wollte ihr nur Zeit geben, um noch einmal über ihre Antwort nachzudenken, damit sie sich vielleicht wieder erinnern kann“, erwiderte Detective Heat. Dann wandte sich Nikki direkt an Roxanne, die immer noch dasselbe Vinylkostüm trug und ihr nach wie vor die Verachtung entgegenbrachte, die sie um sechs Uhr an diesem Morgen bereits in ihrem Büro an den Tag gelegt hatte. „Sind Sie sich absolut sicher, dass Sie keinerlei Geschäfte mit Pater Graf gemacht haben?“
„Etwa in der Kirche? Machen Sie sich nicht lächerlich.“ Sie lehnte sich zurück und nickte dem alten Kerl zufrieden zu. „Er war kein Kunde.“
„Hatte außer Ihnen sonst noch jemand Zugang zu dem Schrank mit den Überwachungsbändern?“
„Ha!“, stieß der Anwalt hervor. „Da hat Ihnen Ihr Gerichtsbeschluss ja viel gebracht.“ Seine Augen wirkten hinter den verschmierten Brillengläsern, die die Hälfte seines Gesichts bedeckten, unglaublich groß.
„Mrs. Paltz, wer hatte den Schlüssel?“
Roxanne sah ihren Anwalt an, der ihr bestätigend zunickte, und antwortete: „Nur ich. Es gibt bloß einen Schlüssel.“
„Und es existieren keine weiteren Videobänder, Roxanne?“
„Für wen halten Sie sie“, schaltete sich der Anwalt ein, „die Innere Sicherheit?“
Roxanne fuhr fort. „Die Wahrheit ist, dass diese Kamera an der Decke dafür sorgt, dass sich alle benehmen. Soweit die Kunden wissen, ist sie eingeschaltet, also tanzen Sie nicht aus der Reihe. Das ist so ähnlich, wie wenn man bei einem Kundendienst anruft und erklärt bekommt, dass das Gespräch aufgezeichnet wird. Auf diese Art teilen sie einem mit, dass man gefälligst aufpassen soll, was man sagt.“
Heat blätterte eine Seite auf ihrem Notizblock um. „Ich würde gerne die Namen aller Personen erfahren, die sich gestern Abend in Ihrem Club aufgehalten haben, sagen wir so ab achtzehn Uhr. Dominas, Herren, Kunden.“
„Ich wette, das würden Sie gerne“, sagte der Anwalt. „Das Pleasure Bound ist ein diskretes Unternehmen, das unter dem Schutz des Rechts auf Privatsphäre und der Kundenvertraulichkeit steht.“
„Verzeihen Sie, Mr. Paltz, aber soweit mir bekannt ist, bezieht sich die Kundenvertraulichkeit auf den Schutz von Anwälten und Ärzten, jedoch nicht auf den Schutz von Leuten, die sich als Arzt verkleiden und so tun, als wären sie einer.“ Heat drehte sich wieder zu der Geschäftsführerin um. „Roxanne, in Ihrem Club ist jemand zu Tode gekommen. Werden Sie kooperieren, oder sollen wir Ihr Geschäft schließen, solange wir die öffentliche Sicherheit und die gesundheitlichen Bedenken im Pleasure Bound beurteilen?“ Nikki bluffte nur zum Teil. Eine Schließung, sofern sie sie erwirken konnte, würde nur von kurzer Dauer sein, aber ihre Einschätzung des Geschäftszustands – alte Farbe, billige Möbel, abgenutzte Fesseln, vernachlässigte Sicherheitsüberwachung – verriet ihr, dass Roxannes Einnahmen nicht überragend waren und ihr selbst eine Woche ohne Kunden schaden würde. Sie hatte recht.
„Also gut. Ich nenne Ihnen ihren Namen“, sagte sie nach einem weiteren Nicken ihres Anwalts. „Tatsache ist, dass ich derzeit lediglich eine Domina beschäftige. Meine anderen beiden habe ich vor ein paar Monaten an die schickeren Clubs in Midtown verloren.“ Roxanne Paltz zuckte in ihrem Vinylkostüm hörbar mit den Schultern. „Ich kann Ihnen sagen, das Sadomasogeschäft ist ein ständiger Kampf.“ Nikki wartete instinktiv auf Rooks schlagfertigen Spruch. Genauso wie sie es während seiner Abwesenheit schon oft getan hatte. Was würde er von sich geben? So wie sie ihn kannte, vermutlich etwas wie: „Das würde einen tollen Werbeslogan abgeben.“ Sie stellte sich ein
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