Castle 3: Heat Rises - Kaltgestellt (German Edition)
der Organisation böses Blut gegeben hatte, also konzentrierte sich Nikki auf ihr Ziel und blieb bei ihrer Vorgehensweise. „Pater Graf wurde am Tag seiner Ermordung in Ihren Versammlungsräumen zum letzten Mal lebend gesehen. Warum war er dort?“
„Wir müssen der Polizei nichts über die vertraulichen Strategien unserer Gruppe mitteilen“, sagte die Frau mit dem Abschluss in Rechtswissenschaften. „Das ist Teil des Rechts auf Versammlungsfreiheit.“
„Er war also wegen einer Strategiebesprechung dort“, sagte Nikki. „Wirkte er aufgebracht oder erregt oder verhielt er sich auf andere Weise ungewöhnlich?“
Die Frau übernahm auch diese Antwort. „Er war betrunken. Das haben wir Ihrem
cobista
bereits erzählt.“ Ochoa reagierte in keiner Weise auf die Beleidigung und blieb vollkommen ruhig.
„Welche Auswirkungen hatte seine Trunkenheit? Fiel er hin? War er desorientiert? Fröhlich? Unangenehm?“
Guzman lockerte den Strickschal, den er um den Hals trug, und sagte: „Er wurde aggressiv, und wir forderten ihn auf, zu gehen. Das ist alles.“
Die Erfahrung sagte Nikki, dass oft das Gegenteil der Fall war, wenn jemand seine Aussage mit „Das ist alles“ beendete. Also bohrte sie nach. „Wie äußerte sich seine Aggressivität? Hat er mit Ihnen gestritten?“
„Ja, aber …“, begann Pascual Guzman.
„Worüber?“
„Das unterliegt ebenfalls unserem Recht auf Vertraulichkeit“, sagte Milena Silva.
„Wurde der Streit gewalttätig? Haben Sie ihn bekämpft oder mussten Sie ihn zurückhalten?“ Als keiner der beiden antwortete und sie sich nur ansahen, sagte Heat: „Ich werde es so oder so herausfinden, also warum verraten Sie es mir nicht einfach?“
„Wir hatten ein Problem …“, gestand Guzman.
„Ein privates, internes Problem“, stellte Silva sofort klar.
„… Und er war unvernünftig. Betrunken.“ Er sah seine Begleiterin an, und sie nickte, also sprach er weiter. „Wir waren bezüglich unserer Meinungsverschiedenheit recht … leidenschaftlich. Aus dem Anschreien wurde Schubsen und aus dem Schubsen schließlich Schlagen, also brachten wir ihn dazu, zu gehen.“
„Wie?“ Sie wartete. „Wie?“
„Ich … warf ihn aus der Tür.“
„Also haben Sie mit ihm gekämpft, Mr. Guzman?“, hakte Nikki nach.
„Darauf musst du nicht antworten“, sagte Milena Silva.
„Wo ist er hingegangen?“, wollte Heat wissen. „Hatte er eine Mitfahrgelegenheit oder rief er sich ein Taxi?“
Guzman zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nur, dass er verschwand.“
„Das war gegen …“ Heat schaute auf ihre Notizen, „… zehn Uhr dreißig. Ganz schön früh, um betrunken zu sein. War das typisch für ihn?“ Dieses Mal zuckten beide mit den Schultern.
„Ihre Organisation in Kolumbien ist gut bewaffnet“, sagte Heat.
„Wir haben eben Kampfgeist. Wir fürchten uns nicht davor, zu sterben, wenn es nötig ist.“ So lebhaft hatte sie Pascual Guzman seit Beginn des Treffens noch nicht erlebt.
„Soweit ich hörte, haben ein paar Ihrer Mitglieder sogar einen Angriff auf ein Gefängnis gestartet und Faustino Velez Arango zur Flucht verholfen.“ Das Paar tauschte wieder Blicke aus. „Ja, ich kenne Faustino Velez Arango.“
„Dilettanten und Hollywoodstars tun so, als würden sie unseren berühmten regimekritischen Schriftsteller kennen, aber wer hat schon tatsächlich seine Bücher gelesen?“
„Ich habe
El Corazón de la Violencia
auf dem College gelesen“, sagte Nikki. Ochoa sah sie mit hochgezogener Augenbraue an. Sie fuhr fort. „Wie viel dieses … Kampfgeistes … haben Sie mit hierhergebracht?“
„Wir sind friedliche Aktivisten“, sagte die Frau. „Welche Verwendung hätten Menschen wie wir hier in den Vereinigten Staaten für Pistolen und Gewehre?“
Heat fragte sich genau das Gleiche, allerdings nicht nur rhetorisch. Sie legte das Fahndungsfoto von Sergio Torres vor sie auf den Tisch. „Kennen Sie diesen Mann?“
„Wieso?“, fragte die Anwältin.
„Weil er jemand ist, über den ich gerne mehr erfahren würde.“
„Ich verstehe. Und weil er Lateinamerikaner und ein Verbrecher ist, fragen Sie uns?“ Guzman stand auf und warf das Foto weg. Es flatterte ein Stück über den Tisch und landete mit dem Gesicht nach unten. „Das ist rassistisch. Das ist die Art von Ausgrenzung, gegen die wir jeden Tag ankämpfen.“
Milena Silva erhob sich ebenfalls. „Sofern Sie keinen Gerichtsbeschluss haben, um uns festzunehmen, werden wir jetzt gehen.“
Nikki war mit
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