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Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)

Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)

Titel: Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Thomas
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Meter entfernt von Failon im Matsch. Als er sich wieder auf die Beine stemmte, pöbelte er, ohne ihn zu bemerken, lauthals vor sich hin. »Dieser Halsabschneider! Es war mehr als zwei Goldstücke wert!«
    Er sah ziemlich abgemagert aus und hatte Schwielen an den Händen. Failon erkannte sofort, dass er harte Arbeit gewohnt war und dennoch kaum etwas zum Leben besaß. Erst als der Mann sich den Matsch von seiner Kleidung klopfte, erblickte er den Obscura. Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen trat er einige Schritte zurück und stolperte beinahe über seine eigenen Füße. Dann stotterte er hilflos: »Bitte tut mir nichts!« – und verschwand rasch in die Finsternis.
    Failon blickte ihm fragend nach. Er konnte nicht begreifen, wie jemand vor ihm die Flucht ergreifen konnte – einem Obscura, der schwerverwundet im Dreck kniete. Niemals würde er diese tiefe Angst verstehen können, die die Bewohner Cataneos vor den Obscuras hatten. Failon wurde klar, dass er an diesem Ort keine helfende Hand finden würde. Niemand würde sich ihm nähern. Aber er litt unter großem Hunger und Durst. Er wusste, dass es nur einen Weg gab, rasch an Vorräte zu kommen. Langsam wanderte sein Blick zu dem abbruchreifen Haus hinüber.

    Failon sammelte etwas Kraft und atmete einige Minuten lang tief durch. Erst als er das Gefühl hatte, dass der Schmerz etwas weniger wurde, stemmte er sich auf die Beine. Langsam humpelte er an dem toten Vieh vorbei. Jeder Schritt war begleitet von einem unerträglichen Ziehen in seinen Beinen. Aber Stück für Stück kam er dem verdreckten Haus näher. In ihm stieg die Anspannung, denn er wusste nicht was auf ihn zukam. Die Tür hing nur noch lose im Rahmen und Failon wagte durch den großen Spalt einen Blick hinein. Innen glich das Haus einem Stall. Überall lag Erde und Stroh über ein paar Holzplanken auf dem Boden. Failon griff mit zittrigen Fingern nach der angelehnten Tür. Sie war so morsch wie der Rest des Holzhauses und fiel geräuschvoll um, als er sie öffnen wollte. Failon hielt kurz den Atem und lauschte, ob sich etwas im Haus tat. Doch nichts rührte sich. Vorsichtig betrat er den Raum. Die Dielen knarrten unter dem Gewicht seiner Schritte. Er beschloss, in eines der anliegenden Zimmer zu gehen, in dem Licht brannte. Je näher er diesem kam, desto leiser trat er auf, doch es knarrte und knackte trotzdem laut unter seinen Füßen.
    Auf einmal brüllte jemand aus dem Zimmer: »Verschwinde! Ich gebe dir kein Stück mehr dafür! Wage es ja nicht noch einmal, einen Fuß hier herein zu setzen!«
    Doch der Obscura schlich weiter über die morschen Planken. Er hatte keine Angst. Zu stark war der Drang nach frischem Wasser und Nahrung. Failon wusste ganz genau, wie schwach er war, doch das änderte nichts an seinem Vorhaben. Seine Augen leuchteten wie gelbe Flammen unter seiner Kutte hervor. Getrieben von der Hoffnung, dass der Mann durch Failons Anblick ebenso die Flucht ergreifen würde, wie sein Kumpan zuvor, ging er weiter. Vorsichtig trat er durch die offenstehende Tür in den erhellten Raum. Es brannten einige Kerzen darin und Mondlicht brach durch ein großes Loch im Dach. Zu seiner Rechten erblickte er einen fettleibigen Mann, dessen Bauch unter einem verdreckten Hemd herauslugte. Der Mann brachte kein Wort heraus, als er den Obscura entdeckte. Starr vor Angst blickte er ihn an. Als Failon auf ihn zutrat, sah sich der Mann plötzlich panisch um und griff prompt nach einem Schwert, das hinter ihm auf dem Boden lag. Failon bewegte sich jedoch weiterhin stumm auf ihn zu. Noch immer nagten Schmerzen an ihm. Aber er schluckte diese bitter hinunter, wollte sich keinesfalls etwas anmerken lassen.
    »Bleibt bloß stehen, Obscura!«, schrie ihn der Fettleibige an. Doch Failon tat dies keineswegs, sondern ergriff mit bloßer Hand die Klinge des Schwertes. Seine Finger drückten fest zu und seine Augen blickten entschlossen in die des verängstigten Mannes. Das Schwert schnitt in die Haut des Obscuras und Blut lief ihm das Handgelenk hinunter.
    Der Mann blickte erschrocken auf die Blutstropfen, die langsam zu Boden fielen und ließ das Schwert blitzartig los.
    »Nehmt es, aber lasst mich gehen, bitte!«, flehte er und trat dabei einen Schritt zurück.
    Doch Failon war plötzlich nicht mehr Herr über seine Sinne. Er konnte seinen Griff nicht von der Klinge lösen. Es schien ihm, als würde jemand seinen Namen flüstern. Seltsame Gedanken stürmten auf ihn ein. Fremde Stimmen hallten in seinem Kopf wider.

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