Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
Kampf, noch sonst. Nur Indyrah hatte ihn so weit getrieben. Doch seine Wut war jetzt beinahe verraucht. Der Blick in die mit Trauer gefüllten Augen Indyrahs erweckte in ihm sogar beinahe so etwas wie Mitleid.
»Verzeih«, sagte er leise und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.
Zurück blieb die verletzte Indyrah, die merklich an Kraft verloren hatte und sich wie in die Vergangenheit zurück versetzt fühlte. Die Narben, die ihren Körper zeichneten und an vergangene qualvolle Peinigungen erinnerten, waren wieder aufgerissen und fühlten sich unerträglich an. Der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen und obwohl es endlich vorbei war, fragte sie sich, weshalb er plötzlich von ihr abgelassen hatte. Ihr schmerzerfüllter Blick fiel auf die offenstehende Tür. Er schien nicht zurückzukommen, aber wieso nicht?
Der gleiche Gedanke nagte auch an Azur. Er ging ziellos durch die Straßen, nicht wissend, was er tun sollte. Immer wieder griff er sich verärgert ins Haar und brüllte die restliche Wut laut heraus. Es war jedoch nicht mehr die Wut auf sie, sondern auf sich selbst. Ihm gefiel es nicht, dass er die Kontrolle über sich selbst verloren hatte und er befürchtete, dass dies womöglich noch einmal geschah. Azur wusste, dass er zukünftig die Finger von Indyrah lassen musste, denn sein Verlangen nach ihrer Nähe ließ ihn zu diesem Tier werden, dass selbst er fürchtete. Er verspürte Hass gegen seine eigene Grausamkeit, die er ausgerechnet an derjenigen ausgelassen hatte, die er so verehrte. Indyrah hatte nicht nur Angst gehabt, sondern blanke Panik. Sie hatte mit ihrem Tod gerechnet und würde sicher nie mehr wagen, ihm zu widersprechen. Eine Stimme in ihm machte ihm weis, dass es genau das war, das er hatte erreichen wollen. Indyrah war ihm nun gefügig. Er konnte mit ihr tun, wie ihm gerade der Sinn danach stand. Doch war es wirklich das, was er wollte? Tief in seinem Inneren fühlte er noch etwas anderes. Das Gefühl von damals, das ihn ihr gegenüber hatte handzahm werden lassen und weshalb er begonnen hatte, sie zu umwerben. Es schien tief in ihm verborgen zu sein, doch es hatte ihn wohl nie gänzlich losgelassen, wie ihm jetzt bewusst wurde. Scheinbar war es wieder in jenem Augenblick erwacht, als er mitten in seiner Raserei gesteckt hatte. Es hatte ihm die Augen geöffnet und ihm gezeigt, dass dies der falsche Weg war. Azur hatte nie gelernt, einen anderen um etwas zu bitten, oder um dessen Meinungen zu fragen. Der Stärkere bekam, was er wollte – so war es üblich. Selbst wenn es dabei um eine Frau ging. Dämonen wurde kein Mitgefühl anerzogen, sie wurden nur gelehrt zu knechten oder zu gehorchen. Verlangte der Stärkere etwas von einem Schwächeren, so gab es also nur Gehorsam oder unendliche Qualen für diesen. Das war das, was Azur kannte und womit er umzugehen wusste. Das Gefühl jedoch, das ihn die Dämonin verschonen ließ, erschreckte ihn. Azur wehrte sich heftig gegen das, was in ihm vorging. Wut stieg wieder in ihm auf und er trat einige Kisten um, die ihm im Weg lagen. Dies geschah noch einige Male auf seinem Streifzug durch die Stadt. Der Dämon hinterließ an einigen Ecken ein wahres Chaos. Er fing immer wieder an zu toben und schien sich nicht beruhigen zu können. Er verfluchte lauthals alles und jeden, pöbelte und motzte. Doch er war allein mit seinem Zorn, denn die anderen der Brut hatten sich längst zurückgezogen, um ihren Plan zu vollenden. Ruhe war in sie eingekehrt, als Azur das Haus verlassen hatte und sie festgestellt hatten, dass Indyrah noch lebte. Dass ihr oberster Krieger halb irr vor Zorn durch die Straßen Zitelias raste, ahnten sie allerdings nicht.
Azur schlich bis zum Morgengrauen wie ein Geist seiner selbst um die Häuser und verschwand erst im allerletzten Moment vor dem Sonnenaufgang in den Schutz der Finsternis. Zurück blieben bei Tagesanbruch nur einige verlorene Haarsträhnen, die an die furchtbare Nacht erinnerten. Diese sollten jedoch nicht vom Wind davongetragen werden, denn schon nach kurzer Zeit griff ein wütendes Monster nach ihnen.
BELASTENDE VORURTEILE
Die Nacht brachte für keinen der beiden Reisenden den Tod. Sie hatten das schützende Dickicht des kleinen Waldes erreicht. Mühsam versuchten sie einzuschlafen. Aber zuviel ging ihnen durch den Kopf. Die letzten Stunden hatten sehr an den Kräften des Sandaris gezerrt und es war ihm wie ein göttliches Geschenk erschienen, als er den süßen Saft einiger Beeren geschmeckt hatte, die
Weitere Kostenlose Bücher