Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
aufgebracht ging Failon einige Schritte und warf einige Beeren in die Baumkronen. Der Sandari wusste genau, wovon er sprach und verstand die Wut in ihm. Oft wünschte sich Xeroi ebenso, dass die anderen Völker die Wahrheit erkannten, die unter seiner Kleidung und seinem Anblick lag. Es war schon immer wie ein Fluch gewesen, der auf ihm lastete. Egal an welchen Ort er kam, oder welches Haus er betrat, es fielen immer Blicke auf ihn. Sie sahen ihn ablehnend an und brachten ihn oft gänzlich ohne Worte dazu, das Weite zu suchen. Andere Male wurde er mit Gegenständen beworfen und davon gejagt. Es waren Erinnerungen, die tiefe Narben auf seiner Seele zurück gelassen hatten. Der unerklärliche Hass, den die Menschen gegen ihn hegten, hatte ihn eingeschüchtert und ängstlich gemacht. Deshalb griff auch Xeroi wütend nach einigen Waldbeeren und schleuderte diese denen von Failon hinterher. Dann jedoch lächelte er und sagte zu seinem Freund: »Wir werden nicht aufgeben, Failon. Eines Tages werden sie erkennen, was wir längst wissen.«
Nickend bestätigte der Obscura die Worte des Sandaris und lobte ihn lachend für den weiten Wurf.
Als die Zeit des Aufbruches kam, holte sie jedoch wieder die Ernsthaftigkeit ihrer Reise ein. Sie hatten sich fest vorgenommen, die Stadt der Könige schnellstmöglich zu erreichen. Beide erhofften sich, den dort lebenden König sprechen zu können, um ihn über den Ernst der Lage zu informieren. Allerdings verspürten sie auch etwas Angst, denn sie wussten nicht, ob zwei Kreaturen wie ihnen überhaupt erlaubt werden würde, den König zu sprechen. Was sie zu jenem Zeitpunkt allerdings nicht wussten war, dass König Zorthan, der Dritte, längst wusste, was mit Zitelia geschehen war und dass sie dort einen alten Bekannten wiedersehen würden.
Die Reise dauerte nun schon viele Wochen an und das Ende rückte näher. Es war sicherlich nicht die letzte Reise, die sie in ihrem Leben getan hatten, aber sie hofften, dass der größte Schrecken ihres Lebens mit dieser Reise hinter ihnen liegen würde. Sie gingen noch den Rest des Tages und hörten auch in der Nacht nicht auf zu wandern.
Wie immer waren sie weit vorsichtiger, wenn die Monde über Ihnen standen und Vortex seine Kreaturen auf die Welt losließ. Dabei wusste Failon, dass die Finsternis nicht nur Gefahr bot, sondern auch den Schutz der Schatten. Was genau war es, das so vielen Wesen Angst vor der Finsternis bescherte, fragte er sich. Die Kreaturen des Tages empfanden die Nacht als Gefahr. Sie waren nach Einbruch der Dunkelheit angespannt und konnten sich nur schwer beruhigen. Diese Anspannung, die auch von Xeroi Besitz ergriff, erschien dem Obscura jedoch nicht als eine Bürde, sondern eher wie ein Geschenk. Es machte seinen Freund wachsamer, denn die Angst vor dem Ungewissen ließ ihn des Nachts aufmerksamer werden. Er hörte jedes Geräusch und sein Blick durchbohrte das nächtliche Umfeld auf der Suche nach möglichen Gefahren. Zudem schienen sie besser voranzukommen, denn Xeroi war nachts schnelleren Schrittes unterwegs. Der Obscura war sowieso eine Kreatur der Finsternis und fühlte sich somit in der Nacht meist sicherer als am Tage. Das teilte er auch Xeroi mit. »Wir Obscuras bevorzugen die Nacht noch aus einem anderen Grund: Das Licht enthüllt die Schatten der Finsternis und lässt keinen Spielraum für Geheimnisse«, erklärte Failon seinem Freund. »Doch genau das macht uns Obscuras neugierig: Geheimnisse aufdecken ist Teil unserer Natur. Nachts sind nur wenige unterwegs und im Schutz der Dunkelheit werden weit mehr Geheimnisse durch die Straßen getragen, als am Tage.«
Failon erzählte dem Sandari noch viel mehr über die Obscuras, während sie weiter wanderten. Xeroi lauschte gebannt und freute sich, weil ihm Failon damit großes Vertrauen erwies. Schritt für Schritt kamen sie voran, bis sie nur noch wenige Meter von den Stadttoren Neckmars trennten. Das Ziel ihrer Reise. Sie hatten es geschafft.
DROHUNGEN WAHRGEMACHT
Viele Tagesmärsche entfernt lag die einstige Heimatstadt unserer Reisenden. Doch Zitelia glich längst nicht mehr der Stadt des Handels, die sie mal gewesen war. Der Marktplatz war leer und eine erdrückende Stille umgab ihn. Das Herz von Zitelia hatte aufgehört zu schlagen, als der Großteil der Bewohner gegangen war. Die restlichen Stadtbewohner waren nur kurze Zeit darauf von der Brut Vortex’ vertrieben oder getötet worden. Man spürte den Tod, wenn man die Stadt betrat. Man konnte den Verfall
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