CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
Morgenmantel und knotete ihn fest zu, während sie die Treppe hinunterging. Nur ja kein Dekolletee zeigen, damit Martin nicht auf die Idee käme, sie wolle ihn ins Bett locken. Offensichtlich hatte sie ganz richtiggelegen, als sie sein Schweigen gestern als schlechtes Zeichen interpretiert hatte.
Ich werde dich anzeigen . Das waren die Worte, die ihr auf den Lippen lagen, als sie sich vergewisserte, dass die Kette vorgelegt war, und die Tür öffnete.
»Du Miststück! Du konntest es nicht ertragen, dass ich ihm gegeben habe, was er brauchte, also hast du versucht, ihn dir wieder zu angeln, hab ich recht? Du Schlampe! Du miese, hinterhältige Drecksnutte!«
Ein wirrer Wortschwall, lallend vorgetragen, eine Stimme, die erschöpft und nach vielen verweinten Stunden klang. Selbst durch den schmalen Türspalt hindurch sah Cate, dass Janine fix und fertig war; sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, klatschnasse Haarsträhnen klebten ihr an den Wangen, ihre Schläfe war mit der Mascara von gestern verschmiert. Sie trug eine Jogginghose und ein dünnes T-Shirt, das eng an ihrem beginnenden Babybauch anlag. In ihren Augen blitzte eine Aggressivität auf, die den resignierten Ton ihrer Stimme Lügen strafte. Cate hatte den deutlichen Eindruck, dass Janine, wenn sie noch die Kraft gehabt hätte, ihr an die Kehle gegangen wäre.
»Wovon redest du eigentlich?«
Janine hämmerte wieder an die Tür, so fest, dass die Kette zum Zerreißen gespannt wurde. »Du hast dich mit ihm getroffen, stimmt’s?«
»Was? Redest du von Martin …?«
»Nein, verdammt, vom Weihnachtsmann. Was glaubst du denn, von wem ich rede? Ich wette, er war gar nicht bei seinem Bruder am Freitagabend. Er hat gesagt, sie würden am Morgen angeln gehen, aber das war gelogen, das weiß ich jetzt.«
»Janine, du irrst dich. Er war nicht bei mir.«
»Aber was hat er dann in Brighton gemacht?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Cate. »Frag ihn doch selbst.«
Das Schweigen, das auf diese Frage folgte, war fast mit Händen zu greifen. Es war, als wären sie beide zu Stein erstarrt. Cate konnte sehen, wie die Rädchen in Janines Kopf rotierten; ein grausamer Zug lag in der Art, wie sich ihre Augen weiteten, eine bittere Genugtuung darüber, dass es ihr zufiel, die schlechte Nachricht zu überbringen.
»Das meinst du ernst, ja?«
»Ich habe keinen blassen Schimmer, warum du hier bist. Ich habe mich nicht mit Martin getroffen, und ich habe kein Interesse daran, wieder mit ihm zusammen zu sein. Er gehört dir, Janine, und offen gesagt, du kannst ihn gerne …«
»Er ist tot.«
»… behalten.« Cate hatte ihren Satz schon beendet, ehe sie die Unterbrechung richtig registrierte. Wenn sie nicht gesehen hätte, wie Janines Lippen die Worte formten, sie hätte vielleicht angenommen, dass sie sich verhört hatte.
»Martin ist tot?« Cate musste sich am Türrahmen festhalten. »Hat er … war es eine Überdosis, oder …?«
»Er wurde ermordet.«
»Was?«
»Erstochen, mitten im Zentrum von Brighton.« Janines Lippen zitterten, und neue Tränen quollen hervor. Instinktiv hakte Cate die Kette aus, zog die Tür weit auf und winkte sie herein, doch Janine wich zurück.
»Rühr mich nicht an!« In ihrem Blick lag etwas Irres. » Du bist schuld daran.«
»Janine …«
»Ich weiß nicht, wie, aber du hast damit zu tun. Sie haben’s mir gesagt. Sie haben’s mir gesagt.« Sie musste innehalten und schlucken, um ihre Stimme wiederzufinden. »Er hat noch gelebt, im Krankenwagen. Er ist gestorben, ehe sie ihn ins Krankenhaus bringen konnten.«
»Janine, es tut mir so leid.«
»Sei still! Sie haben mir gesagt, dass er die ganze Zeit versucht hat, etwas zu sagen. Sagen Sie es Cate. Das hat er gesagt. Sonst nichts. Sagen Sie es Cate. Und dann ist er gestorben.«
Cate blieb stumm. Das betroffene Schweigen wurde vom Motorgeräusch eines Autos durchbrochen, das sich mit hoher Geschwindigkeit näherte. Ein blauer Kombi kam mit kreischenden Reifen hinter Janine zum Stehen. Ein Mann, etwa in Cates Alter, stieg auf der Fahrerseite aus, eine Frau in den Sechzigern auf der Beifahrerseite: Janines Bruder und ihre Mutter. Beschämt erkannte Cate sie wieder – von ihren gelegentlichen spätabendlichen Besuchen auf Martins Facebook-Seite.
Janine ignorierte die beiden. Die Gefühle gingen wieder mit ihr durch, und ihre Stimme überschlug sich fast: »Warst du mit ihm zusammen? Du hast ihn doch am Freitagabend gesehen, oder nicht?«
Sie stürzte sich auf Cate, und ihr Bruder
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