CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
Schwester?«
»Ich bin sicher, dass ich eine … sagen wir, ›Behelfslösung‹ finden kann.«
»Danke. Und am Montag dann die Frau?«
Die Frage wirkte ganz harmlos, doch Stemper glaubte herauszuhören, dass da noch eine andere Bedeutung mitschwang. Bei ihrem Treffen an diesem Nachmittag musste er irgendwie eine besondere Anspannung ausgestrahlt haben, die Patricia – einer Frau mit beeindruckendem Scharfblick – aufgefallen war.
Er antwortete: »Ja. Oder eher, wenn ich es schaffe.«
»Wunderbar.«
Aber es war ganz und gar nicht wunderbar, und nachdem das Gespräch beendet war, grübelte Stemper lange darüber nach.
Die Blakes kannten Caitlins Identität. Bei ihren Nachforschungen würden sie bald auf die Namen aller möglichen Partner und Expartner stoßen, und einer dieser Namen würde mit dem eines Mordopfers übereinstimmen.
Stemper wusste, dass er es ihnen sagen sollte, doch das käme dem Eingeständnis gleich, dass er fehlbar war. Es lief auf die Frage hinaus, was ihm mehr wert war: ihr Glaube an ihn oder ihr Vertrauen.
Er ging duschen und dachte darüber nach, und er kam zu dem Schluss, dass beides gleichermaßen unverzichtbar war.
Dann kam es also auf das Timing an. Wenn er schwieg, wie lange würde es dann wohl dauern, bis sie seinen Fehler entdeckten? Wie viel Zeit blieb ihm?
Nein. Die eigentliche Frage war von etwas anderer Qualität.
Wie viel Zeit brauchte er?
Gordon hatte schon den ganzen Tag das Gefühl gehabt, am Rand eines Nervenzusammenbruchs entlangzuschlittern, und das Gespräch mit Stemper hatte ihn auch nicht beruhigen können. Die Nachrichten aus Amerika machten diese kleinen Fortschritte bei der Identifizierung ihrer Peiniger mehr als zunichte.
»Uns läuft die Zeit davon«, sagte er und gestikulierte mit dem Glas, das seinen vierten Whisky für diesen Abend enthielt.
Patricia hatte auch schon einiges getrunken. Die Atmosphäre hatte etwas von einer Nachtwache gehabt, als sie zusammen im Wohnzimmer gesessen und darauf gewartet hatten, dass Stemper die Ausführung seines makabren Auftrags meldete.
Jetzt trank sie den letzten Schluck Merlot und sagte: »Ich weiß. Die armen Kinder …«
Sie war wieder in sentimentaler Stimmung, den Tränen nahe. Gordon konnte sich nicht erinnern, schon einmal so viele Gefühlsausbrüche in so kurzer Zeit erlebt zu haben.
»Na ja, wenigstens ist diese andere Sache erledigt.« Es widerstrebte ihm irgendwie, Jerrys Namen auszusprechen.
»Ich frage mich, ob sie schon zu Hause ist?«, sagte Patricia. »Die Witwe.«
»Wohl kaum. Vom West End …«
»Natürlich. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln.«
Gordon stand auf und bot ihr seine Hand. »Es gibt nichts mehr zu tun heute Abend. Gehen wir ins Bett.«
Patricia nickte, ergriff seine Hand und stand auf, wobei sie ein wenig ins Wanken geriet. Gordon lachte und nutzte ihre Gleichgewichtsstörung aus, um eine Umarmung herbeizuführen. Er hielt sie fest umschlungen, und so verharrten sie mindestens eine halbe Minute lang. Gordon war anfangs nur verblüfft, dass sie ihn nicht weggeschoben hatte, dann erfreut und schließlich – trotz der anderen Sache, die ihn beschäftigte, oder vielleicht gerade deswegen – erregt.
»Ab ins Bett«, sagte er und küsste sie.
»Mm.« Sie erwiderte den Kuss, schob ihre Zunge gegen seine, so gierig, wie er sie seit Jahren nicht mehr erlebt hatte.
Gordon fühlte sich drei Meter groß, als er sie nach oben führte: der Herr des Hauses, mit einer Mordserektion und einem Kopf voller wirrer Bilder: Bondage-Seile und Gummiball-Knebel und unaussprechliche Praktiken auf einer DVD – die Werkzeuge für einen Gnadentod. Aber letztlich war es eine Gnade für sie, nicht für Jerry.
Als sie eng umschlungen im Bett lagen, sagte Patricia: »Weißt du, mein schlimmster Alptraum ist, dass wir die Papiere wiederbeschaffen können und wie geplant vorgehen, aber dann, wenn wir ihn damit konfrontieren, feststellen müssen, dass er den Deal schon heimlich unterzeichnet hat und uns nur ins Gesicht lacht. Kannst du dir das vorstellen, Gordon? Die Demütigung, wenn wir uns mit eingezogenem Schwanz davonschleichen müssen …«
Er küsste sie. Er wollte, dass sie das Problem für den Moment vergaß, doch sie war entschlossen, es so lange hin und her zu wälzen, bis sie es auf überschaubare Proportionen reduziert hatte.
»Sollten wir es dann vielleicht trotzdem versuchen? Sobald er in England eintrifft?«
»Ohne die Dokumente?«
Er nickte. »Ja. Einfach bluffen.«
»Ich dachte,
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