CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
ruf dich später zurück.«
Dan seufzte, steckte das Handy ein und ging weiter den Hang hinunter. Vor seinem inneren Auge sah er die Landstraße, über die sie gefahren waren, nunmehr in ein weiches Morgenlicht getaucht, die Bauern und Postboten und frühen Pendler, die dort ihre alltägliche Strecke fuhren. Wie lange würde es dauern, bis ein Fahrer, vielleicht von seinem erhöhten Sitz in einem Bus oder auf einem Traktor, etwas Verdächtiges am Straßenrand entdeckte?
Und wenn sie einmal gefunden wäre, würde die Leiche ihre eigene Geschichte erzählen. Ein Unfall mit Fahrerflucht. Ein Fußgänger, von einem Auto überfahren und sterbend im Straßengraben zurückgelassen.
Du bist gefahren, Dan. Nicht ich.
Das war unbestreitbar. Auch wenn Robbie ins Lenkrad gegriffen hatte – Dan konnte es nicht beweisen, und niemand würde es ihm auch nur eine Sekunde lang glauben. Wenn er also vorhatte, sich zu stellen, musste er es in der Gewissheit tun, dass er und er allein die Verantwortung für das Geschehene übernehmen würde.
Dan hatte das Gefühl, aus einer Trance zu erwachen, als er an der belebten Fiveways-Kreuzung ankam. Er hielt inne und starrte abwesend auf die kleine Reihe von Geschäften auf der anderen Straßenseite. Ein idealer Standort für das Café seiner Träume, dieses wohlhabende Viertel von Brighton, mit jeder Menge kleiner Gewerbeeinheiten zum Mieten oder Kaufen …
Nur dass es nie dazu kommen würde. Die Bank würde ihm nichts leihen und Robbies Mutter auch nicht. Dans Zukunft war schon vor gestern Abend unsicher genug gewesen. Jetzt lag sie in Scherben. Selbst die mildeste denkbare Strafe würde seine ehrgeizigen Ziele in unerreichbare Ferne rücken.
Und ohne das Geschäft gab es kaum Aussicht, je eine Immobilie zu erwerben und zu heiraten. Alles war darauf gebaut, dass Dan und Hayley es schafften, sich eine Existenz aufzubauen.
Aber es musste doch nicht so kommen. Oder?
Er starrte die Geschäfte an, die Reihe von Recycling-Containern vor dem Co-op; die Autos, deren Fahrer ungeduldig an der Ampel warteten, das Dröhnen der Motoren wie weißes Rauschen. Es gab einen klar definierten Moment, in dem er spürte, wie die Anspannung nachließ, und er begriff, dass in den Tiefen seines primitiven Unterbewusstseins, das seit Jahrtausenden auf das Überleben unter widrigsten Umständen programmiert war, die wichtigste Entscheidung schon gefallen war – und diese Entscheidung war unumstößlich.
Er würde nicht stellvertretend für Robbie die Strafe auf sich nehmen.
Er würde sich nicht zu dem Verbrechen bekennen.
13
Robbie hätte sich gleich wieder schlafen gelegt, wäre da nicht die SMS gewesen, die er bekommen hatte, während er für Dan den Stressberater gespielt hatte. Die Nachricht lautete: Jimmy sitzt im taxi n. gatwick, ist ganzen Tag in Haydock u bleibt ü nacht. komm doch bittebitte! Xx.
Bree.
Robbie seufzte. Sein Kopf sagte nein, er hatte Wichtigeres zu tun. Noch eine Stunde schlafen, dann ein ordentliches Frühstück, um den Alkohol von gestern Abend zu absorbieren, und dann vielleicht wirklich mal was arbeiten. Er musste Anrufe erledigen, Kunden Honig ums Maul schmieren, eine neue Immobilie irgendwo in der Nähe von Lewes besichtigen.
Er lag immer noch da und überlegte hin und her, als sie ihm eine zweite SMS schickte. jetzt GLEICH schnucki. Bin schon ganz nass xxxx
Und das war der Moment, wo ein anderer Teil seiner Anatomie ihm die Entscheidung abnahm. Er versuchte dagegen zu argumentieren, denn es ging hier nicht nur um Sex, sondern auch um Machtspielchen. Er war zu nachsichtig mit ihr gewesen, vor allem, als er die dreitausend für O’Brien zusammenzubringen versuchte. Aber jetzt war das Geld wieder da, wo es hingehörte, gut versteckt in seinem Safe im Fußboden, sodass er keinen Grund hatte, seine Zeit mit Bree und ihren hirnrissigen Plänen zu vergeuden.
Aber es half nichts. In diesen Dingen war sein Verstand seiner Libido hoffnungslos unterlegen. Eilig tippte er eine Antwort: 20 min. – bleib schön nass.
Dann hievte er sich aus dem Bett, um den Druck auf seiner Blase zu lindern, und seine Laune besserte sich, als er einen Sonnenstrahl durch die Jalousie fallen sah – der erste Morgen seit einer halben Ewigkeit, der nicht mit Nebel oder Regen begann. Vielleicht war das ja ein Omen.
Im Bad beschloss Robbie spontan, sich nicht zu rasieren. Der Zweitagebart ließ ihn ein bisschen wilder und gefährlicher aussehen. Und sollte er mit den Stoppeln Brees zarte Babyhaut
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