CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
Kommentare ab, meist so etwas wie: »Furchtbar, was Menschen einander antun«, oder: »Also wirklich, ich weiß nicht, wo das noch alles enden soll.«
Als Dan seinen Teller in die Küche trug, nachdem er bis auf den letzten Bissen alles weggeputzt hatte, sagte sie: »Ich hoffe, dein Auto springt heute wieder an.«
Das brachte ihn einen Moment lang aus der Fassung. Irgendwie hatte er es geschafft, den Fiesta völlig zu vergessen. Es kam nicht infrage, dass er ihn bei Tageslicht benutzte. In seiner Erinnerung waren die Dellen praktisch ein genauer Abdruck von Hank O’Briens Körper.
»Oh, äh – nein.« Er überspielte seine Verwirrung mit einem Gähnen. »Ich will lieber nicht riskieren liegen zu bleiben. Ich gehe zu Fuß.«
Joan nickte, wandte aber den Blick nicht von ihm. Sie war die ältere Schwester seines Vaters, grauhaarig und ein wenig mollig. Doch manchmal, besonders, wenn sie wie jetzt die Stirn runzelte, sah er genug Familienähnlichkeit in ihrem Gesicht, um sich vorstellen zu können, wie es wäre, wenn sein Vater jetzt hier stünde und ihn mit der gleichen liebevollen Sorge betrachtete.
»Daniel, mein Lieber … ist alles in Ordnung?«
»Bestens. Hab nur ein bisschen schlecht geschlafen.« Er nahm ein Glas aus dem Schrank und drehte das kalte Wasser auf. »Du hast nicht zufällig meine blaue Fleecejacke gesehen?«
»Ich glaube, ich habe sie in dein Zimmer gelegt. Es sei denn, sie ist noch bei der Bügelwäsche …« Leise vor sich hin murmelnd ging sie ins Esszimmer, wo die frisch gewaschenen Sachen auf einem Stuhl gestapelt darauf warteten, gebügelt oder weggeräumt zu werden.
Sobald sie weg war, begann Dan in der Krimskrams-Schublade zu wühlen, bis er den Ersatzschlüssel für die Garage gefunden hatte. Er ließ ihn in seine Tasche gleiten und trank einen Schluck Wasser. Joan kam zurück, ihre Miene war ratlos.
»Bist du sicher, dass sie nicht oben ist?«
»Vielleicht doch. Wahrscheinlich hab ich sie einfach übersehen.«
Joan lachte und sagte: »Ihr Männer seid doch alle gleich. Seht nicht, was direkt vor eurer Nase ist.«
Dan fiel es schwer, weiterzulächeln, während er sich vorstellte, dass er vielleicht demnächst genau diese schwache Entschuldigung vor Gericht vorbringen würde.
12
Cate verbrachte eine unruhige Nacht. Vergeblich versuchte sie Schlaf zu finden; mal war ihr zu heiß, dann wieder zu kalt. Obwohl sie ein breites Doppelbett für sich allein hatte, schien ihr der Platz nie zu reichen, um sich richtig auszustrecken und zu entspannen. Sie machte sich schon Sorgen, weil sie so oft beim Aufwachen diagonal lag. Sollte sich tatsächlich einmal die Chance zu einer neuen ernsthaften Beziehung ergeben, war sie sich nicht sicher, wie es ihr gefallen würde, plötzlich mit der Hälfte der Fläche auskommen zu müssen.
So fing es wohl an, fürchtete sie, was in einem Dasein als ewiger Single endete: die mangelnde Bereitschaft zu Kompromissen, was alltägliche Vorlieben betraf.
Und alles nur wegen Martin. Am Ende hatte sie ihn vor die Tür gesetzt, aber erst nachdem er ihr noch das Versprechen abgenötigt hatte, ihn in ein, zwei Tagen anzurufen, wenn sie Zeit gehabt hatte, die Neuigkeit zu verarbeiten. Es war seine wehleidige Erklärung gewesen, mit der er sie herumgekriegt hatte: Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit der richtigen Frau ein Kind bekomme.
Aber was genau meinte er damit? Dass er nicht voll hinter der Beziehung mit Janine stand? Dass er es bereute, Cate den Laufpass gegeben zu haben, und sich wünschte, mit ihr ein Kind zu haben?
Wenn dem so war, dann war das wirklich der Gipfel der Ironie, um nicht zu sagen eine bodenlose Frechheit: Das war derselbe Martin, der ihr wieder und wieder erklärt hatte, er sei noch nicht bereit für die Anforderungen der Elternschaft: »Ich will mir doch von den kleinen Bälgern nicht meinen Lebensstil verpfuschen lassen.«
Und als sie ihn beim Vögeln mit Janine erwischt hatte, da hatte er die Dreistigkeit besessen, Cate die Schuld an der Affäre zu geben. Seiner Ansicht nach war es ihr hartnäckiger Kinderwunsch gewesen, der ihr Eheleben belastet und ihn gezwungen hatte, anderswo nach Entspannung zu suchen. Wie er es formuliert hatte: »Wir wollen einfach verschiedene Dinge, das ist alles.«
»Stimmt«, hatte sie ihm beigepflichtet. »Ich will ein Kind, und du willst dich wie eines benehmen.«
Und jetzt das. Cate sagte sich, dass es die Scheinheiligkeit war, über die sie sich am meisten aufregte, doch in der Nacht hatten sie
Weitere Kostenlose Bücher