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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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wecken können, die so übermächtig war, daß sie sich um die Hilfe einer Zigeunerin bemühte. Möglicherweise gab es eine wirksame Waffe ab.
    Im nächsten Moment schon zerrte die Dame de La Trémoille einen schwarzen Samtumhang aus einer Truhe und warf ihn sich um die Schultern. Dann nahm sie hastig ihr Haar zusammen, steckte es fest und legte einen Silberschleier darüber. Darauf drehte sie sich zu Cathérine um.
    »Komm mit! Du sollst sehen!«
    Eine Fackel ergreifend, zog sie Cathérine mit sich aus dem Zimmer. Im Flur fand die Gräfin die treu auf ihrem Posten ausharrende Violaine und schickte sie schlafen, dann ging sie der Treppe zu. Doch statt zum großen Saal hinunterzusteigen, stieß sie eine in die Mauer eingelassene kleine Pforte auf und glitt, Cathérine auf den Fersen, in einen schmalen, in die mächtige Mauer eingelassenen schlauchartigen Gang, der der jungen Frau endlos lang vorkam. Er schien in seiner ganzen Länge am Deckengewölbe des großen Saals entlangzuführen. Die Luft in ihm war kalt, feucht, und die Fackel in der Hand der Gräfin rauchte. Beinah am Ende angelangt, blieb sie stehen, reichte Cathérine die Fackel und tastete suchend über die Mauer. Eine kleine Platte glitt zur Seite und legte eine schmale Öffnung bloß, die kunstvoll aus dem Gewölbe herausgehauen und ohne Zweifel gut versteckt war. Das Gelärm des Festes, das schon gedämpft bis in den Gang gedrungen war, wurde betäubend. Die Gräfin zog Cathérine am Arm.
    »Schau zum Kamin hin. Siehst du König Karl?«
    Cathérine beugte sich vor und sah in der Tat auf einem hohen, vergoldeten Sessel unter einem blauen Thronhimmel einen Mann, der über seinem braunen Filzhut eine goldene Krone trug, und sie er kannte den König. Er hatte sich seit der Zeit der Jungfrau von Orléans nicht viel verändert. Sein langgezogenes, trübseliges Gesicht und die meergrünen, vorquellenden Augen waren noch immer die gleichen, aber er wirkte weniger mager. Seine Figur war fülliger, und sein Blick hatte den gehetzten, bei einem König so tragischen Ausdruck verloren.
    In diesem Augenblick lächelte er einem sehr schönen jungen Mann zu, achtzehn oder neunzehn Jahre alt, der, auf Kissen halb hingelagert, zu seinen Füßen auf den Stufen des Thrones saß. Cathérine fand diesen Jungen ungewöhnlich schön, aber sie fand auch etwas Feminines in seiner Vollkommenheit. Zweifellos war das auf seine Jugend zurückzuführen, denn er schien groß, kräftig und wohlgeformt, wenn auch allzu anmutig. Das Lächeln war ein Wunder an Verführung …
    Hinter ihrem Rücken hörte sie die drängende Stimme der Gräfin, die ihr zuflüsterte:
    »Siehst du den Jüngling zu Füßen unserer Majestät?«
    »Ich sehe ihn. Ist es …«
    »Ja, das ist er! Er ist der Bruder der Königin: Charles d'Anjou, Graf von Maine.«
    Cathérine unterdrückte noch rechtzeitig einen Ausruf der Verblüffung. Der Bruder der Königin, also der letzte der Söhne Königin Yolandes. Der berühmte Graf von Maine, dessen Charme und Tapferkeit sie in Angers hatte rühmen hören! Und in diesen jungen Mann, noch kaum dem Jünglingsalter entwachsen, hatte sich die Dame de La Trémoille verliebt? Sie war mindestens zwanzig Jahre älter als er …
    Eine Schar von Tänzern in buntschillernden Kostümen flutete gegen die Stufen des Throns, doch schon glitt die kleine Platte zurück. Das Fest entschwand den Augen Cathérines. Sie hatte nicht einmal La Trémoille gesehen. Sie war mit der Gräfin wieder allein in dem engen Gang. Deren Gesicht, durch die Leidenschaft verzerrt, kam ihr in dem unsicheren Licht der Fackel plötzlich häßlich vor. Unwillkürlich stellte sie sich vor, was aus dieser Frau werden würde, wenn das Alter bei ihr seine Verwüstungen angerichtet hätte. Eine abscheuliche Hexe! … Aber das Spiel war schon zu weit gediehen, sie mußte es zu Ende spielen. Sie blickte die Gräfin unschuldig an.
    »Und … er liebt Euch nicht?« fragte sie in naivem Ton, der durchblicken ließ, wie unverständlich sie das fand.
    »Nein. Er spielt mir eine Komödie großer Gefühle vor, spricht von Ritterehre und schiebt immer meinen Gatten vor … als ob diese Leute der Königin Yolande jemals etwas anderes für ihn empfunden hätten als Haß! … ich fürchte, er hat irgendein Jüngferchen im Kopf. Und ich will, daß er mich liebt, verstehst du, Tschalaï! Ich will, daß er mir gehört … wenigstens eine Nacht! Dann wüßte ich schon, wie ich ihn an mich fesseln könnte!«
    Cathérine antwortete

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