Cathérine de Montsalvy
uns, uns Männer. Ihr habt unsere Dankbarkeit reichlich verdient, gewiß, jedoch …«
»Einen Augenblick, Herr Gouverneur«, unterbrach ihn die junge Frau und erhob sich. »Ich bin nicht nach Chinon gekommen, um nur Komplimente entgegenzunehmen, mir schöne Worte anzuhören und darauf ruhig in meinem Bett zu schlafen, während ihr euer Wild angreift. Ich möchte dabeisein!«
»Das ist nichts für eine Frau!« rief Lore. »Weg mit den Unterröcken beim Kampf!«
»Vergeßt, daß ich eine Frau bin! Seht in mir nur die Vertreterin Arnaud de Montsalvys!«
»Die Soldaten werden Eure Anwesenheit nicht begreifen!«
»Ich werde mich als Mann verkleiden! Noch einmal, Messeigneurs, ich möchte dabeisein! Das ist mein unbedingtes Recht! Ich beanspruche es!«
Wieder folgte Schweigen. Cathérine sah, wie sie sich mit Blicken berieten. Selbst Brézé war gegen ihre Anwesenheit, sie merkte es an seiner Haltung.
Nur Tristan wagte es, für sie einzutreten.
»Ihr könnt es ihr nicht verweigern«, sagte er ernst. »Ihr habt die ungeheuerliche Gefahr akzeptiert, die sie auf sich genommen hat, um euch diesen Angriff zu ermöglichen. Und nun weist ihr sie zurück! Sie um den Genuß des Sieges zu bringen wäre ungerecht!«
Ohne zu antworten, wandte Raoul de Gaucourt sich der in den Felsen gehauenen Treppe zu, setzte den Fuß auf die erste Stufe und drehte sich um.
»Ihr habt recht, Tristan! Es wäre ungerecht. Auf morgen also alle! Um Mitternacht!«
Es folgte keine Erwiderung. Niemand wagte den geringsten Einwand.
»Um Mitternacht!« riefen sie einstimmig.
Pierre de Brézé übersehend, der ihr die Hand bot, um sie zu ihrem Zimmer zurückzugeleiten, nahm Cathérine Tristans Arm.
»Kommt, mein Freund! Es ist Zeit für Euch, ein wenig auszuruhen!« sagte sie liebevoll, ihn zum Ausgang der Grotte ziehend. Sie lehnte es sogar ab, den unglücklichen Blick Pierres zur Kenntnis zu nehmen. Er hatte sie eben nicht unterstützt. Sie war böse auf ihn wie auf einen Verräter.
Als sie in ihr Zimmer zurückkehrte, stützte Sara sich auf einen Ellbogen auf und sah sie an.
»Nun?« fragte sie.
»Morgen um Mitternacht …«
»Das ist nicht zu früh! Wir werden das Ende dieses verrückten Abenteuers erleben!«
Und zufrieden mit dieser Schlußfolgerung, drehte Sara sich auf die andere Seite und nahm ihren unterbrochenen Schlaf wieder auf.
Die Juninacht war klar und mild. In dem dunklen, eng geschnürten wollenen Wams, das sie trug, wurde es Cathérine zu heiß, während sie inmitten der anderen zum Schloß hinaufstieg. Neben ihr, in Tuchfühlung, gingen Bueil, Loré, Coétivy, Brézé und Rosnivinen. Tristan war der letzte, der mit den Bewaffneten den Zug schloß …
Der Trupp von mehr als fünfzig Mann bewegte sich, ohne mehr Geräusch zu verursachen als eine Armee von Schatten. Die Befehle Jean de Bueils waren deutlich und genau, kein Harnisch, dessen Stahl hätte klirren können. Die Männer trugen nur Lederzeug, aber an allen Gürteln hingen Dolche und Äxte. Es war unmöglich, auf ihren verschlossenen Gesichtern etwas zu lesen. Schweigend, diszipliniert wie eine gut geölte Kriegsmaschine, stiegen sie im Gleichschritt zu den immer näher rückenden Umfassungsmauern hinauf. Der Schatten des Vieleckturms fiel über sie und bot ihnen Schutz.
Als Kulisse für einen Mord kam diese schöne, klare und blaue Nacht Cathérine seltsam vor. Sie hätte sie sich schwarz, undurchdringlich und ein wenig neblig gewünscht; trotzdem war sie von stolzer Freude erfüllt. Sie war diejenige, die diese Männer in Marsch gesetzt hatte! Wenn sie hier waren, angesetzt zu dieser tödlichen Jagd, bei der jeder den Kopf riskierte, dann nur, weil sie es mit verbissener Beharrlichkeit so gewollt hatte. In wenigen Minuten würde sie siegreich oder unwiderruflich besiegt sein, und als sie vor kurzem aus der Herberge aufgebrochen war, hatte sie sich mit letzten Ermahnungen von Sara verabschiedet.
»Wenn ich nicht wiederkomme, kehrst du nach Montsalvy zurück und wirst meinem Gatten sagen, daß ich für ihn gestorben bin. Und dann wirst du über Michel wachen.«
»Unnötig«, hatte Sara ruhig erwidert. »Du wirst zurückkehren!«
»Woher weißt du das?«
»Deine Stunde ist noch nicht gekommen, ich fühl's!«
Doch je mehr sie sich dem Schloß näherte, desto mehr schien es Cathérine, als ob Sara zur Abwechslung auch einmal unrecht haben könne. Der Trupp, der ihr beim Aufbruch kolossal vorgekommen war, schien zusammenzuschrumpfen, je höher die neue
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