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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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führte, wo der König sie erwartete, standen zehn Herolde, die Trompeten an der Hüfte …
    Cathérines Herz hämmerte dumpf in ihrer Brust. Es waren jetzt zehn Tage vergangen, daß der kühne Handstreich gegen den Großkämmerer gelungen war. Als Gefangener in Montrésor erwartete La Trémoille die unnachgiebigen Bedingungen für sein gerettetes Leben: ein ungeheures Lösegeld, Rücktritt von allen seinen Ämtern, zukünftiger Zwangsaufenthalt in seinem Schloß Sully, dem einzigen, das man ihm ließ. Aber sie wollte das Ungeheuer von einem Tyrannen vergessen, der sie und die Montsalvys so grausam bedrückt hatte. Heute war die Stunde ihres Triumphs. Königin Yolande hatte sie wissen lassen, daß der König sie an diesem Abend des 15. Juni in großer Gala empfangen werde.
    Diesen Augenblick hatte sie ungeduldig in Meister Agnelets Herberge erwartet, nun nicht mehr im Verborgenen wie zuvor, sondern frei, nach ihrem Belieben auszugehen oder Besucher zu empfangen. Keine Gefahr bedrohte sie mehr … Hatte sie nicht am Tage nach dem Sturz La Trémoilles Gilles de Rais in aller Herrgottsfrühe Chinon mit seinen Leuten verlassen sehen? Ein fast heimlicher Aufbruch war es gewesen. Noch immer war die alte Arroganz nicht vom Gesicht des Marschalls gewichen, aber es war nichtsdestoweniger ein Besiegter, der sich da auf seine Güter bei Angers zurückzog. Ein trübes Lächeln war über ihre Lippen gehuscht, als sie ihn vorüberziehen sah. »Eines Tages«, hatte sie zwischen den Zähnen gemurmelt, »wirst auch du für das büßen, was du mir angetan hast! Ich werde dich nicht vergessen!«
    Als sie sich der Freitreppe näherte, setzten die Herolde die langen silbernen Trompeten an die Lippen, deren schmetternde Klänge die Luft erfüllten und Cathérine vor Erregung beben ließen. Instinktiv suchte sie hinter sich die Gestalt Tristan l'Hermites, der ihr respektvoll im Abstand von drei Schritten folgte. Indessen mischte sich eine leise Bitternis in die Freude dieses Abends … Sie hatte gehofft, in dieser so wichtigen Minute Pierre de Brézé bei sich zu haben. Aber seit er mit ihr den Schloßturm von Coudray verlassen und sie nach Hause gebracht hatte, war er wie vom Erdboden verschwunden. Niemand hatte ihr sagen können, was aus ihm geworden war. Nur Tristan hatte geglaubt, ihn gesehen zu haben, wie er noch am selben Tage in gestrecktem Galopp aus Chinon hinausgeritten war. Niemand hatte ihn wiedergesehen …
    Die Trompeten schwiegen, doch als Cathérine langsam die Stufen der Freitreppe hinaufschritt, öffneten sich die hohen Türflügel des strahlend erleuchteten Großen Saals. Hundert Fackeln brannten in dem riesigen Raum, dessen über sechs Meter hohe Wände vollständig mit Gobelins bekleidet waren. Frische Blüten bedeckten die Fliesen bis hin zum großen Kamin im Hintergrund. Eine farbenprächtige Menge war dort versammelt, die still wurde, als die Tür sich öffnete. Nahe dem Kamin bemerkte Cathérine den hohen, von einem blau-goldenen Baldachin gekrönten königlichen Sessel, in dem der König saß, neben ihm stehend der junge Mann, den sie in der Nacht von Amboise gesehen hatte, Charles d'Anjou, strahlend vor Jugend in seinem golddurchwirkten Kostüm. In einer Fensternische sah sie die Königin, von ihren Damen umgeben, aber ihr Blick kehrte zu einem bejahrten, hochgewachsenen Mann zurück, der sie, auf einen weißen Stab gestützt, am Saaleingang erwartete: der Graf de Vendôme, Zeremonienmeister und Erster Verwalter des königlichen Hauses.
    Schon verneigte er sich vor ihr und bot ihr die Hand, um sie zum Thron zu führen, als eine weibliche Gestalt in prächtiger Trauerkleidung schnell zwischen den sich verneigenden Gruppen der Herren und Damen vorschritt. Von Bewegung ergriffen, erkannte Cathérine die Königin Yolande. Diese wandte sich liebenswürdig an Louis de Vendôme, der schon das Knie beugte.
    »Wenn es Euch recht ist, Vetter, werde ich selbst Madame de Montsalvy zum König führen!« sagte sie.
    »Das Protokoll hat zu schweigen, wenn die Königin befiehlt!« erwiderte der Großmeister lächelnd.
    Yolande reichte Cathérine, die in einen tiefen Hofknicks vor ihr versank, die Hand. »Kommt, meine Kleine!«
    Seite an Seite, inmitten tiefer Stille, schritten die beiden Frauen durch die ganze Länge des Saals, die eine imposant und schön unter der hohen Krone, die ihre dunklen Flechten wie eine Aureole umrahmte, die andere von Schönheit strahlend trotz der Strenge ihrer düsteren Kleidung. Beide in

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