Cathérine de Montsalvy
die Auvergne aufmachen, um dort ihrem Vielgeliebten so nahe wie möglich zu leben.
Doch nachdem sie ihr Zimmer erreicht hatte, riß sie sich alle Kleider herunter und stellte sich vor einen großen, polierten Silberspiegel, in dem sie sich fast ganz sehen konnte. Ihre Haut war so dunkel wie die Saras, aber ein klein wenig goldener. Sie war glatt und schimmerte im Licht der Öllampe wie gebräunter Atlas. So getönt, wirkte ihr Körper noch schlanker und nerviger. Die langen schwarzen Locken wanden sich wie Schlangen und glitten ihr bis auf die Hüften herab. Ihre purpurnen Lippen strotzten wie eine wollüstige Blume, und ihre großen Augen funkelten, dunkle Sterne, eingebettet unter den stolzen Bogen ihrer Brauen.
»Du siehst aus wie eine Teufelin!« murmelte Sara dumpf.
»Das werde ich auch sein, eine Teufelin. Hauptsache, der Mann, den ich hasse, fällt!«
»Hast du an die Männer gedacht, die du anlocken wirst und die alles wagen werden, jetzt, da dein Name und dein Rang dich nicht mehr schützen? Du wirst nichts als eine Zigeunerin sein, die man verletzen oder nach Belieben nehmen kann, wenn man sie nicht als gefährliches und verfluchtes Geschöpf für den Scheiterhaufen bestimmt.«
»Ich weiß. Und ich werde mich mit den Waffen meiner Rolle wehren. Mir wird jedes Mittel recht sein, das zum Erfolg führt.«
»Würdest du dich einem Mann hingeben, wenn es sein müßte?« fragte Sara ernst.
»Sogar dem Henker selbst, wenn nötig, ich bin nicht mehr Cathérine de Montsalvy, ich bin eine Tochter deiner Rasse. Und ich werde heißen … ja, wahrhaftig, wie wirst du mich nennen?«
Sara überlegte einen Augenblick, kniff die Augen zusammen und knabberte an dem goldenen Kreuz, das sie um den Hals trug. Nach einer kurzen Weile entschied sie:
»Ich nenne dich Tchalaï … das bedeutet Stern in unserer Sprache. Aber solange wir noch nicht da sind, wirst du Cathérine bleiben wie zuvor! Nein, das muß ich entschieden sagen: Dieses Abenteuer gefällt mir nicht!«
Cathérine fuhr herum und rief zornig:
»Und ich? Glaubst du vielleicht, mir gefällt's? Aber ich weiß genau, wenn ich meine Aufgabe nicht zu einem guten Ende führen könnte, hätte ich keine Ruhe mehr, weder in dieser noch in der anderen Welt! Ich muß Arnaud rächen, das niedergebrannte Montsalvy, meinen beraubten Sohn rächen! Sonst – was wäre das Leben dann noch wert?«
Am Morgen saß Cathérine gelassen auf einem Schemel, ließ sich von Sara die falschen schwarzen Haare wieder anknüpfen und zu langen Zöpfen flechten, als an die Tür geklopft wurde. Sara ging öffnen. Auf der Schwelle stand Tristan l'Hermite. Er näherte sich, trat in den schwachen Sonnenstrahl, der durch das hohe Fenster hereindrang, und plötzlich fiel den beiden Frauen seine tragische Blässe auf. Sie starrten ihn an.
»Ihr seid ja leichenblaß!« stammelte Cathérine. »Was habt Ihr?«
»Ich habe nichts. Aber der Maler Guillaume ist heute nacht in seinem Haus erwürgt worden. Seine Dienerin hat die Leiche, nachdem sie aufgestanden war, gefunden, und … er ist, bevor er starb, gefoltert worden!«
Eine entsetzte Stille folgte diesen furchtbaren Worten. Cathérine spürte, wie ihr das Blut aus Gesicht und Gliedern wich, um zum Herzen zurückzufließen, fand aber noch die Kraft zu fragen:
»Glaubt Ihr, daß es … wegen uns geschah?«
Tristan hob die Schultern und ließ sich ohne viel Umstände auf eine Fußbank fallen. Der Kummer zeichnete sein sonst so undurchdringliches Gesicht derart, daß er um zehn Jahre gealtert schien. Wortlos holte Sara eine Flasche Malvasierwein, die auf einem Anrichtetisch stand, schenkte einen Becher damit voll und reichte ihn dem Flamen.
»Trinkt das! Ihr habt es dringend nötig!«
Er nahm den Becher dankend an und stürzte den Wein in einem Zug hinunter. Cathérine hatte die Hände fest um die Knie geschlungen, damit sie nicht zitterten, und kämpfte gegen das Entsetzen an, das sie ergriffen hatte.
»Antwortet mir offen und ehrlich«, sagte sie mit einer Stimme, die dank ihrer Willenskraft ruhig klang. »Ist es der Arbeit wegen geschehen, die wir von ihm verlangt haben?«
Tristan l'Hermite breitete die Arme in einer Geste völliger Ahnungslosigkeit aus.
»Wer kann das wissen? Sicher hatte Guillaume Feinde, denn seine Tätigkeiten waren nicht immer ganz sauber. Manch ein schwangeres Mädchen ist durch die gewandten Hände, die Ihr gestern bewundert habt, von den Folgen ihres Leichtsinns befreit worden. Es kann sein, daß es sich nur
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