Cathérine de Montsalvy
Rais dem Kamin. Erst als er vor ihr stand, wurde sich Cathérine seiner Anwesenheit bewußt. Um ihrer Maske treu zu bleiben, erhob sie sich sofort mit erschrockener Miene, die sie, nebenbei bemerkt, gar nicht zu heucheln brauchte. Allein die Gegenwart dieses Mannes genügte, um sie in Schrecken zu versetzen.
»Seigneur«, stammelte sie, »ich …«
Ihr bestürztes Herz schlug in einem erschrockenen Rhythmus, aber sie hatte nicht einmal mehr Zeit, ein Wort hinzuzufügen. Mit einer brüsken Bewegung hatte er sie an den Schultern gepackt und sie auf den Mund geküßt. Doch sofort ließ er sie wieder los.
»Puh! Du stinkst, meine Schöne. Außerdem – so schmutzig wie du ist man nicht!«
Alles hatte sie erwartet, nur das nicht! Und seltsam, sie fühlte sich tief gekränkt. Sie wußte wohl, daß sie schmutzig war, aber es ihn sagen zu hören war unerträglich. Indessen trat er zurück und klatschte in die Hände. Ein Posten erschien, bis an die Zähne bewaffnet. Er bekam den herrischen Befehl, zwei Kammerfrauen zu holen. Als der Mann mit den Zofen wiederkehrte, wies Gilles de Rais auf Cathérine, die mißtrauisch auf ihrer Bank kauerte.
»Führt diese liebenswürdige Person ins Schwitzbad! Und gebt gut acht. Du, Bogenschütze, wirst darüber wachen, daß meine Gefangene uns nicht entwischt!«
Nolens volens mußte Cathérine, wütend und unendlich verärgerter, als sie sich eingestehen wollte, ihren Wächtern folgen. Leise Belustigung schlich sich in ihre üble Laune, denn sie hatte gesehen, wie eine der Kammerfrauen mit zwei Fingern das Hörnerzeichen hinter ihr hergemacht hatte. Die beiden Mädchen schienen eine Heidenangst vor dieser Zigeunerin zu haben, mit der sie sich abgeben mußten. Das machte ihrer Verkleidung zwar alle Ehre, andererseits aber wurde sie von Unruhe ergriffen, die ihre Freude, bald von ihrem Schmutz befreit zu werden, unerfreulich trübte: Würde die Färbung des Malers Guillaume diesem Bad widerstehen? Ihr Haar war nach wie vor sehr schön schwarz, um so mehr, als eine gute Dosis Staub darin steckte, und in einem Täschchen, das Sara ihr in die Innenseite ihres Hemds genäht hatte, trug sie stets die beiden Schächtelchen bei sich, die der alte Künstler ihr gegeben hatte. Aber ihre Haut?
Sie wurde schnell beruhigt. Die Farbe hielt gut. Das Badewasser färbte sich allenfalls ein wenig gelblich, und Cathérine überließ sich mit vollem Genuß dem heißen Wasser und den parfümierten Ölen. Ihren mißhandelten Körper durchdrang ein köstliches Wohlbefinden, während ihr Geist sich ebenfalls entspannte. Sie schloß die Augen, versuchte, ein wenig Ordnung in ihre Gedanken zu bringen, die tief sitzende Bangigkeit, die ihr die Kehle zuschnürte, zu beruhigen. Dieses Bad war eine unerwartete, wohltuende Atempause vor Konsequenzen, die sie sich gar nicht vorzustellen wagte, in ihrer ganzen Länge ausgestreckt, bemühte sie sich, ihren Geist auszulüften. Dieser Augenblick des Aufschubs würde vielleicht der letzte sein. Danach …
Cathérine wäre am liebsten stundenlang in diesem warmen, linden Wasser geblieben, in dem ihre Schmerzen vergingen und die wunden Stellen ihrer Haut heilten. Aber zweifellos hatte Gilles de Rais nicht die Absicht, allzulange von ihr vergessen zu werden. Die Kammerfrauen holten sie endlich aus dem Wasser, kleideten sie in ein feines Seidenhemd, dann in einen dalmatinischen Überhang mit weiten Ärmeln aus schwerer weißer, grüngestreifter Seide.
Doch als die beiden Frauen sich mit ihrem Haar beschäftigen wollten, stieß sie sie zurück und wies ihnen mit so wilder Gebärde die Tür, daß die eingeschüchterten Dienerinnen, fraglos irgendeine Hexerei befürchtend, nicht darauf bestanden und sich beeilten, ihr zu gehorchen. Tatsächlich war Cathérine nicht darauf erpicht, sie feststellen zu lassen, daß ihr üppiges schwarzes Haar nicht völlig ihr eigenes war.
Allein geblieben, löste sie ihre Zöpfe, bürstete und kämmte lange ihr Haar, um es vom Staub zu befreien, und legte dann wieder bedächtig ihre Frisur, die sie befestigte, indem sie weiße Bänder in ihre sowohl echten wie falschen Haare flocht. Darauf zog sie ihre Augenbrauen nach, glättete sie sorgfältig mit dem Finger und frischte ihr Lippenrot auf. Für den bevorstehenden, wenn auch noch so verzweifelten Kampf kam es sehr darauf an, sich gut zu wappnen, und Cathérine wollte weithin sichtbar im Besitz aller ihrer weiblichen Reize sein. Anständig und gut angezogen, ihrer Schönheit gewiß trotz
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