Cathérine und die Zeit der Liebe
während Mordlust in seine Augen trat. Gleichzeitig packte Überdruß die junge Frau vor diesem selbstsüchtigen Zorn des getäuschten Manntiers. Konnte er denn nicht verstehen, was sie alles ausgestanden hatte, ihre Leiden, ihre Ängste und Mühen, um hierherzukommen? Aber nein! Entscheidend war für ihn nur das eine: Sie hatte ihren Körper dem Dichterfürsten geschenkt …
Die in der Haltung Arnauds lauernde Drohung fiel sogar Zobeida auf. Solche Wut war nicht geheuchelt, und wenn sie vorher noch einige Zweifel an dieser schönen, sozusagen vom Himmel gefallenen Schwester gehabt hatte, begann die Maurin, den Zorn ihres Geliebten in Rechnung zu stellen, um sich von ihr zu befreien. Wenn er sie in einem mörderischen Wutanfall tötete, wäre alles gut! Der Kalif könnte sich vor der beleidigten Ehre eines Bruders nur beugen. Ein leises Lächeln huschte über ihren schönen roten Mund, als sie sich zu Arnaud wandte:
»Du hast recht, o mein Gebieter. Die Ehre deiner Familie geht nur dich an. Ich überlasse es dir, nach Gutdünken mit ihr zu verfahren, und wenn du sie züchtigst, brauchst du den Zorn des Kalifen nicht zu fürchten. Er kann diese Art Rache verstehen … und ich würde für dich eintreten!«
Mit einer Bewegung entließ sie die beiden Sudanesen und schickte sich an, selbst zu gehen, als Morayma ganz außer Atem auftauchte. Die alte Jüdin warf sich mit dem Gesicht nach unten zu Boden, sobald sie die Prinzessin bemerkte, nicht ohne vorher Cathérine einen bösen Blick zugeworfen zu haben. Dann wartete sie, daß man sie verhörte. Zobeida ließ sie nicht lange warten:
»Was willst du, Morayma? Was soll diese Aufregung? Erhebe dich!«
Kaum aufgestanden, zeigte die Herrin des Harems mit anklagendem Finger auf Cathérine: »Diese Frau ist aus ihren Gemächern entwichen, nachdem sie eine ihrer Gefährtinnen überwältigt und gefesselt und ihr ihre Kleider gestohlen hat. Ich sehe nun, daß sie es gewagt hat, sich bei dir einzuschleichen, o Herrlichkeit! Überlasse sie mir, auf daß ich ihr die Züchtigung verabreiche, die sie verdient: die Peitsche!«
Ein boshaftes Lächeln kräuselte die Lippen der Prinzessin. »Die Peitsche? Bist du verrückt, Morayma? Damit der Kalif bei seiner baldigen Rückkehr auf dem Körper, dessen Wonnen von neuem zu genießen er voll Ungeduld ist, ihre Spuren entdeckt? Nein, überlaß sie mir … In Zukunft wird sie diese Pavillons nur verlassen, um sich zu meinem Bruder zu begeben. Sie ist eine Edeldame aus dem Frankenland, verstehst du, die Schwester meines vielgeliebten Herrn. Sie ist mir von nun an lieb und wert. Meine eigenen Dienerinnen werden sich in Zukunft um sie kümmern, werden sie baden und parfümieren, wenn ihr Herr es verlangt, damit ihr Körper das vollkommene Gedicht sei, an dem er sich unter den Rosen des Djenan-el-Arif berauschen kann …«
Einwandfrei beherrschte Zobeida die wunderbare Kunst, Öl ins Feuer zu gießen. Jedes ihrer Worte war darauf angelegt, Arnauds Wut anzustacheln … diese Wut, von der sie hoffte, daß sie tödlich werden würde. Tatsächlich bebte Catherines Gatte, seine Fäuste waren geballt und gespannt wie eine Bogensehne … Zobeida lächelte sphinxhaft.
»Ich lasse dich jetzt mit ihr allein. Tu, was du glaubst tun zu müssen, aber laß mich nicht zu lange auf dich warten! Jede Minute ohne dich bedeutet eine Ewigkeit Langeweile …« Dann, den Ton wechselnd: »Und was dich betrifft, Morayma, verlasse sie auch, aber entferne dich nicht. Du wirst dafür sorgen, daß diese Frau, sobald mein Herr mit ihr fertig ist, gemäß ihren Wünschen und ihrem Rang untergebracht wird!«
Cathérine zerbiß sich die Lippen vor Wut. Was eigentlich erhoffte sich diese blutgierige Katze? Daß Arnaud sie töten werde? Zweifellos war die Unterbringung, die Morayma für sie finden sollte, ein tiefes, geheimes, vor den Aasgeiern geschütztes Grab. Cathérine machte sich keine Illusionen über die plötzliche Fürsorge ihrer Feindin. Da sie sie für Arnauds Schwester hielt, haßte Zobeida sie vielleicht noch mehr als vorher, zweifellos wegen der gemeinsamen Erinnerungen, an denen sie keinen Anteil hatte. Diese Frau mußte sogar auf die Vergangenheit eifersüchtig sein! Und als die Maurin lässigen Schritts an ihr vorbei ihrem Gemach zuging, konnte Cathérine sich nicht enthalten, ihr entgegenzuschleudern:
»Freue dich nicht zu früh, Zobeida … Noch bin ich nicht tot. Es ist bei uns nicht üblich, daß der Bruder seine Schwester oder der Gatte die
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