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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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maßlos. Er spielte seine Rolle als in seiner Ehre gekränkter Bruder ein wenig zu gut, verlangte Rechenschaft und Erklärungen ohne das geringste Mitgefühl, als wären sie nicht Jahre hindurch in Liebe verbunden gewesen. Selbst der Brief, den er ihr hinterlassen hatte, als er Montsalvy verließ, offenbarte nicht soviel Bitterkeit und Gehässigkeit … Im Gegenteil, er war voll Sanftmut und Liebe gewesen. Vielleicht, weil er ernstlich glaubte, daß diese abscheuliche, erniedrigende Lepra sein Leben bald beenden würde, hatten ihm seine Tapferkeit und der Adel seines Charakters den Mut verliehen, verständnisvolle, verzeihende Worte zu schreiben. Als er sein Leben und seine Gesundheit wiedergewonnen hatte, war gleichzeitig sein Starrsinn wieder zurückgekehrt, unter dem Cathérine schon immer zu leiden gehabt hatte …
    Sie überwand sich, und es gelang ihr zu lächeln, ein unendlich müdes und trauriges, doch sanftmütiges Lächeln. Sie streckte ihm die Hand entgegen.
    »Komm mit mir! Bleiben wir nicht unter dem Säulengang, wo uns alle hören können. Gehen wir … da, zum Ende dieses Teichs, zu dem Steinlöwen, der die ganze Weisheit der Welt zu verkörpern scheint …«
    Die Nacht verbarg den Anflug eines Lächelns, das einen kurzen Augenblick die strengen Züge Arnauds entspannte.
    »Hast du denn die Weisheit so nötig?« fragte er, und am Klang seiner Stimme merkte sie, daß sein Zorn ein wenig nachließ. Daraus schöpfte sie neue Hoffnung. Auch ließ er sich widerstandslos mitziehen. Einen Augenblick gingen sie schweigend an der marmornen Einfassung entlang, auf die sich Cathérine, den Rücken an den Marmorlöwen gelehnt, setzte. Arnaud blieb stehen. Ihnen gegenüber leuchteten der Säulengang und der Turm, Rosen in der tiefblauen Nacht, unwirklich wie eine Luftspiegelung und leicht wie ein Traum. Die Geräusche des Palastes hatten sich beinahe gelegt, nur die Nachtvögel des Gartens und die Springbrunnen schienen noch zu leben. Eine schwache Brise ließ auf der Wasseroberfläche den zarten Widerschein des Palais zittern, und wie vorhin, im Löwenhof, war Cathérine von der zauberhaften Schönheit der Alhambra überwältigt.
    »Dieser Ort ist für das Glück und die Liebe geschaffen … warum müssen wir uns hier gegenseitig quälen? Ich habe nicht so viele Meilen zurückgelegt, um dir weh zu tun oder daß du mir weh tust …«
    Aber Arnaud ließ sich immer noch nicht erweichen. Einen Fuß auf den Marmorrand gestellt, sagte er warnend, die Augen abgewandt: »Hoffe nicht, meinen Geist auf die blumigen Pfade der Poesie locken zu können, Cathérine! Ich erwarte von dir einen genauen Bericht darüber, was sich seit deinem Aufbruch von Carlat ereignet hat.«
    »Das ist eine lange Geschichte«, seufzte die junge Frau. »Ich hoffte, du würdest mir die Muße lassen, sie dir später in Ruhe zu erzählen. Vergißt du, daß wir hier in Gefahr sind, wenn nicht du, dann zumindest ich?«
    »Weshalb du? Bist du nicht die Geliebte des Kalifen?« entgegnete er sarkastisch. »Wenn Zobeida zu mir hält, wird niemand es wagen, dir etwas zu tun …«
    Cathérine wandte den Kopf ab, um ein ärgerliches, schmerzliches Zucken zu verbergen.
    »Du weißt immer, was du sagen mußt, um zu verletzen, nicht wahr?« murmelte sie schmerzerfüllt. »Hör also zu, da du es willst, da ich den Mann, den ich verlassen hatte, nicht mehr wiederfinde und dein Vertrauen in mich gestorben ist …«
    Die Hand Arnauds legte sich schwer auf Catherines Schulter, preßte sie, daß es schmerzte:
    »Nicht so viele Ausflüchte, Cathérine! Versuche zu verstehen, daß ich alles wissen muß! Muß! Ich muß wissen, wie meine Frau, das Wesen, das mir das Liebste auf Erden war, dazu kam, nachdem sie in den Armen eines Waffenbruders Trost gesucht hatte, ihren Körper einem Ungläubigen zu verkaufen!«
    »Und was anderes hast du getan?« rief Cathérine wütend. »Wie nennst du das, was du seit Monaten im Bett Zobeidas tust? … Was ich mit eigenen Augen, verstehst du, durchs Fenster des Innenhofes neulich nachts habe sehen können?«
    »Was hast du gesehen?« fragte er hochmütig.
    »Ich habe gesehen, wie ihr euch, du und sie, in enger Umschlingung auf dem Boden wälztet. Ich habe gesehen, wie du sie mit der Reitpeitsche schlugst, um danach deine Lust an ihr zu befriedigen … Ich habe ihr Keuchen gehört, habe deine Liebkosungen gezählt: zwei brünstige Tiere! Es war gemein! Außerdem warst du betrunken … aber ich glaubte, ich müßte

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