Cathérine und die Zeit der Liebe
in ihrem Grabmal die blutigen Überreste ihres Mörders betrachten kann. Bis dahin wird er nichts trinken, nichts essen, nicht schlafen, damit das Volk sehen kann, was mein Zorn aus einem fränkischen Ritter zu machen vermag. Aber was er an Qualen zu erdulden haben wird, ist nichts im Vergleich zu dem, was er vor seinem Tod auszustehen hat. Unter freiem Himmel, vor dem ganzen Volk, werden die Henkersknechte es ihn hundertmal bereuen lassen, daß er geboren wurde … es sei denn …«
»Es sei denn was?« hauchte Cathérine entsetzt.
»Es sei denn, du verkürzt seine Folterqualen. Du wirst dabeisein, meine Rose, geschmückt, wie es einer Sultanin gebührt. Und du wirst das Recht haben, seine Leiden abzukürzen, indem du ihn selbst mit der Waffe, die er zum Töten benutzt hat, niederstreckst.«
Das war es also, was er sich ausgedacht hatte, um ihr Schmerz zu bereiten. Die furchtbare Wahl, entweder den Mann, den sie anbetete, zu erdolchen oder ihn stundenlang qualvoll schreien zu hören! Mein Gott! Wie konnte sie dieses Leben zerstören, an dem das ihre hing? Traurig, elend murmelte sie wie zu sich selbst:
»Er wird den Tod von meiner Hand segnen.«
»Das glaube ich nicht. Denn er wird wissen, daß du in Zukunft mein sein wirst. Man wird ihn nicht im unklaren lassen, daß ich dich noch am selben Abend heiraten werde.«
Auf dem schönen Gesicht des Kalifen lag eine solche Grausamkeit, daß Cathérine angewidert die Augen abwandte.
»Und dich nennt man gut, edel, großmütig! … Man kennt dich schlecht! Freue dich nicht zu früh. Mich kennst du nämlich auch nicht! Für alles Leiden gibt es eine Grenze.«
»Ich weiß. Du hast gesagt, daß du deinen Tagen eine Ende bereiten wirst. Aber nicht vor dem Tag der Hinrichtung, denn nichts könnte deinen Gatten vor der Folterung retten, wenn du nicht mehr wärest. Du mußt für ihn am Leben bleiben, schöne Dame!«
Sie hob die tränenfeuchten Augen zu ihm auf. Welche Art Liebe empfand dieser Mann für sie? Er schrie ihr seine Leidenschaft ins Gesicht und quälte sie im nächsten Augenblick mit kalter Grausamkeit … Aber sie überlegte nicht mehr, kämpfte nicht mehr! Sie war am Ende jeder Hoffnung. War es aber vielleicht nicht doch möglich, im tiefsten Innern dieses Mannes, dieses Dichters, eine winzige Stelle zu finden, die dem Mitleid zugänglich wäre … Langsam ließ sie sich auf die Knie fallen und senkte den Kopf.
»Herr«, sagte sie leise, »ich flehe dich an! Sieh … ich knie zu deinen Füßen, ich habe keinen Stolz, auch keine Selbstachtung mehr. Wenn du noch etwas Liebe, und sei es auch noch so wenig, für mich empfindest, so laß mich nicht so leiden! Du kannst mich nicht zu der Qual der kommenden Tage verurteilen, kannst nicht wollen, daß ich unter demselben Dach mit dir langsam sterbe. Wenn du mir das Leben meines Gatten nicht schenken kannst oder willst, dann erlaube mir wenigstens, daß ich zu ihm gehe. Laß mich seine Leiden und seinen Tod teilen, und vor Gott, der mich hört, schwöre ich, daß ich dich noch im Sterben segnen werde …«
Instinktiv streckte sie flehentlich die Hände aus, hob ihr schönes, tränenfeuchtes Antlitz zu ihm auf, das rührend und gleichzeitig so schön war, daß sich der Zorn Mohammeds entgegen ihren Hoffnungen noch verstärkte.
»Steh auf«, sagte er barsch. »Es ist unnötig, daß du dich demütigst. Ich habe dir gesagt, was ich zu sagen hatte.«
»Nein, du kannst nicht so grausam sein! Was fängst du mit einem Körper an, dessen Seele dir nicht gehören kann? Laß mich nicht so leiden … Habe Mitleid mit mir!«
Sie barg das Gesicht in den Händen. Draußen ging die Sonne in herrlicher Glut unter. Von der Höhe eines benachbarten Minaretts erklang die durchdringende Stimme eines Muezzins, der die Gläubigen zum Abendgebet rief. Sie übertönte das verzweifelte Schluchzen Catherines, und Mohammed, der sich vielleicht hätte rühren lassen, fand seine Fassung wieder. Mit einer heftigen Bewegung wies er Cathérine die Tür und sagte schroff:
»Geh! Du verschwendest Zeit und Mühe hier! Du wirst nichts von mir erlangen. Geh in dein Gemach. Es ist für mich die Stunde des Gebets!«
Unverzüglich versiegten Catherines Tränen im Feuer einer unbändigen Wut. Rasch erhob sie sich und warf dem Kalifen einen haßerfüllten Blick zu.
»Gebet?« sagte sie mit vernichtender Verachtung. »Du kannst beten? Dann vergiß nicht, Herr, deinem Gott mitzuteilen, wie du den Ehebund zweier Wesen zu zerreißen und die Gattin
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