Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
Vom Netzwerk:
Die Nacht war still, und die Geräusche der kleinen Stadt verstummten eins nach dem anderen. Irgendwo läutete eine Glocke. Ein Hund bellte. Cathérine fühlte sich jetzt müde und irgendwie entmutigt. Sie hatte gehofft, die Spannung zwischen ihr und Gerbert lösen zu können, aber sie begriff, daß dies niemals möglich sein würde. Dieser Mann beherbergte ein Geheimnis, das sie anscheinend nicht zu durchdringen vermochte. Und alle Versuche, die sie unternehmen könnte, um ihn wieder menschlich zu machen, würden ihr nichts nützen. Was hatte es also für einen Sinn, es zu versuchen?
    Der folgende Tag schien Cathérine endlos. Sie verwandte ein gut Teil davon, ihren verletzten Fuß zu pflegen, aber sie mußte auch an den vorgeschriebenen Gottesdiensten teilnehmen. Doch sie war zu sehr von ihrer Ungeduld durchdrungen, als daß sie hätte ruhig beten können … Endlose Minuten hatte sie sinniert, während in den Weihrauchwolken gleich einer phantastischen Erscheinung die barbarische und prunkvolle Goldstatue von Sainte-Foy schimmerte, die mit Edelsteinen bestückt war, zahlreicher als eine Wiese im Frühling mit Blumen. Es war eine seltsame Figur, ziemlich furchterregend mit ihrem massigen Gesicht und ihren starren Augen, und Cathérine betrachtete sie mit einer Art Angst, sah sich außerstande, in ihr das Bildnis einer kleinen dreizehnjährigen Heiligen zu sehen, die einstmals durch ihren Glauben zur Märtyrerin geworden war. Vielmehr sah sie darin eine Art furchtbares Idol, dessen starrer, geweiteter Blick sie bedrückte.
    Indessen hieß es, sie habe die Macht, Gefangene zu befreien. Eisen, Ketten, Fesseln und Halseisen waren hinter ihr aufgehäuft, rührende Zeugen der Dankbarkeit. Doch trotz allem fühlte sich Cathérine in dieser düsteren Kirche, inmitten der Betenden, Gefangene einer ungeduldigen Liebe, aus der sie nichts befreien konnte, nahe dem Ersticken.
    Da sie auf den Knien bleiben mußte, begannen ihre Beine zu kribbeln, und dies erinnerte sie an die unendlich langen Gebete, die sie einst an der Seite ihrer Schwester Loyse in Notre-Dame von Dijon ertragen hatte. Sie erhob sich, wandte den Kopf und traf auf den Blick Gerbert Bohats, der sie anstarrte. Er wandte sofort die Augen ab, aber sie hatte genügend Zeit gehabt, den seltsamen, zugleich harten und furchtsamen Ausdruck zu bemerken, den sie schon einmal an ihm beobachtet hatte. Wider ihren Willen seufzte Cathérine gelangweilt.
    »Man darf ihm nicht zürnen«, flüsterte die leise Stimme Gillettes neben ihr. »Gerbert ist ein unglücklicher Mensch.«
    »Woher wißt Ihr das?«
    »Ich weiß es nicht, ich fühle es … Er leidet grausam, daher ist er so hart.«
    Trotz ihres Mutes und ihres guten Willens konnte Cathérine sich nicht entschließen, der langen Prozession zu folgen, die sich anschickte, die Statue der Heiligen und die ganze Stadt bis zu den seit langer Zeit des Regens beraubten Feldern zu führen. Sie ging zur Herberge und zu Ermengarde zurück, die das Bett nicht verlassen hatte. Die Edle sah sie mit einem Lächeln im Mundwinkel eintreten.
    »Nun, Cathérine, habt Ihr noch nicht genug Vaterunser gebetet? Wann werdet Ihr endlich vernünftig sein und meinen Rat und mein Pferd annehmen? Habt Ihr wirklich Lust, mit diesem ganzen Trupp weiterzureisen, obwohl wir viel schneller vorwärts kommen könnten?«
    Cathérine preßte die Lippen zusammen und warf, während sie ihren Mantel ablegte, ihrer Freundin einen schrägen Blick zu. »Kommt nicht mehr darauf zurück, Ermengarde. Ich habe Euch bereits meine Gründe genannt. Die Strecke ist gefährlich, man muß in großer Zahl sein, um sich die Straßenräuber vom Halse halten zu können.«
    Die alte Dame reckte sich, gähnte unmäßig und seufzte dann: »Und ich bin nach wie vor der Meinung, daß gute, schnelle Pferde mehr wert sind als schlappe Füße, wenn man Straßenräubern entwischen will. Im übrigen sage ich Euch voraus, wenn wir so weitermachen, werdet Ihr auf dem schnellsten Wege verrückt … und ich auch.«
    Im Grunde gab Cathérine Ermengarde recht, wollte es aber nicht zugeben. Sie war überzeugt, daß Gott es ihr übelnehmen würde, wenn sie ihren Weg nicht bis zum Ende mit den Pilgern zurücklegte, denen sie sich angeschlossen hatte. Er würde sie dafür bestrafen, indem er sie hinderte, Arnaud wiederzufinden. Aber seit langem schon wußte die Dame de Châteauvillain in dem hübschen, ausdrucksvollen Gesicht ihrer Freundin zu lesen. Sie murmelte:
    »Nun, Cathérine, traut Gott

Weitere Kostenlose Bücher