Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
Vom Netzwerk:
wieder erwacht, hatte ein Wunder bewirkt … Der Mann, den sie in den Armen hielt, war kein Fremder mehr, kein Leib, dessen Seele entflohen war. Er war wieder er selbst geworden … und sie fühlte sich so beglückt wie seit langem nicht. Als er versuchte, sich von ihr zu lösen, hielt sie ihn in ihren Armen zurück und drückte ihn an sich.
    »Bleib! … Ja, ich bin's … Du träumst nicht, aber verlaß mich nicht! Ich werde es dir später erklären. Bleib, liebe mich … Heute nacht gehöre ich dir.«
    Der Mund, der sich ihm bot, war zu süß, zu zärtlich der Leib, den Gauthier umschlang. Es war auch ein zu alter Traum, zu lange und zu grausam verbannt, diese angebetete Frau endlich zu besitzen. Er hatte das Gefühl, einen Traum zu erleben, aber die warme Haut, der berauschende Duft dieses Fleischs waren erschütternde Wirklichkeit. Er gab sich ihr mit Leidenschaft hin, erfrischte sich an ihr wie an einem starken Wein mit der Gier eines Menschen, der viele Tage lang Durst gelitten hat. Und Cathérine, glücklich, selig, überließ sich mit animalischer Freude diesem Liebessturm.
    Gegen Mitternacht jedoch schien es ihr, als ob sich etwas Seltsames ereignete. Sie glaubte, die Tür der Kammer knarren zu hören. Sie richtete sich auf, horchte einen Augenblick und machte Gauthier ein Zeichen, sich still zu verhalten. Die Kerzen waren fast heruntergebrannt, gaben jedoch noch Licht genug, um erkennen zu lassen, daß die Tür sich nicht bewegte. Sonst war kein Geräusch zu hören … Da dachte Cathérine, sie sei das Opfer einer Täuschung gewesen, vergaß die Tür und wandte sich wieder ihrem Geliebten zu …
    Der Morgen dämmerte beinah, als Gauthier endlich einschlief. Er sank in schweren, tiefen Schlaf und erfüllte den Turm mit einem sonoren Schnarchen, das Cathérine zum Lächeln brachte. Das waren die wahren Siegesfanfaren! Einen Augenblick betrachtete sie den Schlafenden; friedlich, gelöst, mit weichen, halbgeöffneten Lippen lag er da. Sein mächtiger, quer über dem zerwühlten Bett ruhender Leib hatte etwas Kindliches. Sie empfand tiefe Zärtlichkeit für ihn. Die Liebe, die er ihr geschenkt hatte, war, wie sie wußte, selten. Gauthier liebte sie um ihrer selbst willen, ohne etwas für sich zu beanspruchen, und diese Liebe erwärmte wieder ihr erstarrtes Herz.
    Sie beugte sich über den Schläfer und küßte sacht die geschlossenen Lider. Dann zog sie sich hastig an, denn sie wollte noch vor Tagesanbruch wieder in ihrem Gemach sein. Es war nicht einfach, sich anzuziehen – die durchgeschnittenen Verschnürungen ihres Gewandes machten es ihr schwer –, aber es gelang ihr schließlich doch, sie mehr schlecht als recht zusammenzuknüpfen. Nachdem sie fertig war, glitt sie hinaus, lief auf Strümpfen die Steintreppe hinunter, um im Hauptturm keinen Widerhall zu erzeugen. Der Himmel über dem Schloß begann sich blaß zu verfärben. In den Gängen und Fluren brannten die Fackeln rauchend aus. Auf ihre Piken gestützt, nickten die Wachtposten hin und wieder ein. Cathérine gelangte in ihr Gemach, ohne einer lebenden Seele zu begegnen. Ihr Gewand wegwerfend, das sie mit beiden Händen an sich gedrückt hatte, sank die junge Frau mit einem wollüstigen Seufzer auf die frischen Laken ihres Bettes.
    Sie fühlte sich müde, wie gerädert durch die leidenschaftliche Nacht, die sie durchlebt hatte, gleichzeitig aber merkwürdigerweise befreit von ihren Phantomen und beinahe glücklich. Gewiß, es war nicht das berauschende Aufgehen im Nichts, das nur Arnaud ihr geben konnte. In den Armen des einzigen Mannes, den sie jemals wirklich geliebt hatte, vergaß sich Cathérine, löste sich in Glück auf, gab jede Eigenpersönlichkeit auf, jeden Willen, um mit ihm ein Fleisch, ein Herz zu werden. Aber in dieser Nacht hatten die tiefe Zärtlichkeit, die sie für Gauthier empfand, ihr glühender Wunsch, seinen Geist dem gefährlichen Nebel des Wahnsinns zu entreißen, und der schmerzhafte Hunger ihrer Sinne die Leidenschaft vollkommen ersetzt. Sie hatte entdeckt, welche Befriedigung des Körpers und der Seele die Liebe eines feurigen und ehrlich verliebten Mannes geben konnte. Selbst das irritierende Problem, das Fray Ignacio darstellte, verkleinerte sich, wurde irgendwie weniger undurchsichtig …
    Und was die kommenden Tage bringen würden, zu welcher Veränderung in ihrem Dasein ihre neuen Beziehungen zu Gauthier führen würden, darüber nachzudenken, weigerte sich Cathérine. Jedenfalls jetzt … Später …

Weitere Kostenlose Bücher