Cathérine und die Zeit der Liebe
Galerie, leckte am Holz der Truhen und Sessel in der Nähe des Kamins. Einer der Tapetenbehänge neben dem Bett fing Feuer und bedrohte die Bettvorhänge.
»Hilfe!« rief Cathérine bestürzt. »Feuer! … Hierher!«
Geräusche waren hinter dem Flammenvorhang zu vernehmen, der schwer zu durchdringen sein mußte, und es schien der jungen Frau, als vermischten sich diese Geräusche zuweilen mit Gelächter.
»Hierher!« schrie sie mit aller Kraft. »Zu Hilfe!« Sie fuhr zum Fenster herum. Sie wußte, daß es unter der schmalen Öffnung nur fünfzig Fuß hinunterging, aber die Nacht machte daraus einen fürchterlichen Abgrund. Dennoch … wenn man ihr nicht zu Hilfe kam, würde sie den Sprung wagen müssen! Das Feuer griff mit rasender Schnelligkeit um sich. In dem erstickenden Rauch nahm Cathérine einen unbekannten Geruch wahr, scharf und ungewöhnlich, zweifellos den Geruch dessen, womit ein solches Feuer so schnell zum Auflodern gebracht worden war. An das Fenster gedrückt, suchte sie vergebens nach frischer Luft. Der schwarze, dichte Rauch trieb auf sie zu, von der Fensteröffnung angezogen. Die Kehle war trocken, sie brachte keinen Ton mehr heraus, die Augen brannten, und die junge Frau spürte, wie ihre Kräfte sie verließen. Das Gefühl zu ersticken nahm zu, in wenigen Augenblicken wäre sie nicht einmal mehr stark genug, um durchs Fenster zu steigen und zu springen. Schon jetzt war sie nicht mehr dazu fähig. Die Beine gaben unter ihr nach. Sie würde in die neue Rauchwolke stürzen, die sich ihr wie eine fette Schlange entgegenwand. Sie mußte husten und hatte das furchtbare Gefühl, Feuer einzuatmen. Kurz bevor Cathérine das Bewußtsein verlor, sah sie in einem verrückten Aufzug alle Gesichter, die in ihrem Leben etwas bedeutet hatten, Freunde und Feinde, an sich vorüberziehen. Sie sah die zärtlichen Augen Saras, das sarkastische Gesicht Philippes des Guten, die rätselhafte Gestalt Garins, den düsteren Blick Gauthiers und das spöttische Lächeln Arnauds. Und als ihr klar wurde, daß sie im Begriff war zu sterben, versuchte sie, sich an ein paar Zeilen eines Gebets zu erinnern …
Als sie wieder zu sich kam, war es ihr, als sei sie in einen Fluß getaucht worden. Sie troff vor Schweiß, fror bis ins Mark und klapperte mit den Zähnen. Ihre tränennassen Augen konnten nichts unterscheiden als einen roten Nebel, aber sie spürte, daß Hände sie kräftig abrieben. Dann rollte man sie in etwas Rauhes, aber Warmes. Dieselbe kräftige Hand trocknete ihr Gesicht, und schließlich erkannte sie, über sie gebeugt, die Züge Josses. Als er sah, daß sie die Augen aufschlug, lächelte er sein eigentümliches Lächeln bei geschlossenen Lippen.
»Höchste Zeit«, brummte er. »Ich hatte schon gefürchtet, ich käme nicht durch den Feuervorhang. Glücklicherweise hat ein einstürzendes Wandstück mir den Weg frei gemacht. Ich habe Euch entdeckt und konnte Euch hinausziehen …«
Cathérine richtete sich auf und sah, daß sie auf den Fliesen der Galerie lag. Das Feuer knisterte am anderen Ende, da, wo sich früher die Tür ihres Gemachs befunden hatte, aber in der Galerie war keine Menschenseele. »Niemand da«, sagte sie. »Wie kommt es, daß das Feuer niemand im Schloß alarmiert hat?«
»Weil es auch beim Erzbischof brennt. Alle Diener sind dabei, den Brand zu löschen, um Don Alonso zu retten. Übrigens sind die Zugänge zu dieser Galerie von außen verbarrikadiert worden.«
»Wie kommst du dann hierher?«
»Ich bin heute abend hierhergegangen, um unter einer der Steinbänke zu schlafen. Nach dem Schrecken von heute morgen konnte ich keine Ruhe finden. Niemand konnte mich sehen, und ich hoffte, so Euer Gemach bewachen zu können. Aber ich glaube, ich habe zu fest geschlafen! Da liegt bei mir der Hase im Pfeffer: Wenn ich müde bin, schlafe ich wie ein Murmeltier. Der Brandstifter hat mich nicht gesehen, hat aber seinerseits so wenig Geräusch gemacht, daß ich nichts gehört habe, als er seine Reisigbündel anbrachte.«
»Der Brandstifter?«
»Ich glaubt doch nicht etwa, daß das Feuer sich von selbst entzündet hat? Ebensowenig wie das, welches bei Monseigneur so schön brennt. Ich habe übrigens so eine Ahnung, wer den Streich verübt hat …«
Wie um ihm recht zu geben, öffnete sich die niedrige Tür am anderen, noch unversehrten Ende der Galerie, und hindurch trat eine lange weiße Gestalt, die eine Fackel trug. Entsetzt erkannte Cathérine Tomas. In eine Mönchskutte gekleidet, mit weit
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