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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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Recht hatte, ihn zu heiraten … weil ich fürchte, daß mein erster Gatte noch lebt …«
    Mit überrascht gehobener Augenbraue sah Gauthier die junge Frau schweigend an. Dann, sehr schnell, wie man sich von einer unerträglichen Last befreit, erzählte sie von ihrer Verblüffung über die ungeheuerliche Erscheinung des einäugigen Mönches, ihrem Entsetzen angesichts der vielen, seltsam übereinstimmenden Tatsachen, von ihrem Besuch in der Schatzkammer am Abend zuvor und der unerträglichen Ungewißheit im Zusammenhang damit. Sie wollte fortfahren, wollte ihre Sorgen und Ängste, ihre Bedenken darlegen, aber Gauthier packte sie plötzlich an den Schultern und schüttelte sie, als wollte er sie aus einem bösen Traum wecken. Er war sehr blaß geworden. »Schweigt, Dame Cathérine … und hört mir zu! Wir werden abreisen, versteht Ihr mich, sofort dieses Schloß verlassen, und Ihr werdet nicht wiederkehren! Sonst glaube ich bei Odin, daß Ihr den Verstand verlieren werdet! Das ist zu viel für Euch. Hört endlich auf, mit offenen Augen zu träumen, verlaßt das Land der Träume und der Hexereien! Nehmt Euren Weg wieder auf und denkt nur an eins: Ihr seid vor Gott und den Menschen die Frau Arnaud de Montsalvys, Ihr tragt seinen Namen, Ihr habt einen Sohn von ihm! Es gibt nichts hinzuzufügen! Vergeßt das übrige.«
    »Wenn dieser Mönch aber doch Garin de Brazey war?«
    »Das braucht Ihr nicht zu wissen. Für die Welt wie für Euch ist er gehängt worden. Wenn es ihm gelungen ist zu entwischen, hat er sich eine neue Existenz nach seinem Geschmack geschaffen. Wenn er es sich anders überlegt hätte, wärt Ihr nicht so lange im ungewissen darüber geblieben. Seine Haltung schreibt Euch die Eure vor. Garin de Brazey ist tot, versteht Ihr? Tot. Es lebt nur Fray Ignacio, der nichts mit ihm gemein hat! Und jetzt trefft Eure Vorbereitungen. Verlassen wir so schnell wie möglich dieses verhexte Schloß!«
    In diesem Augenblick durchbrach ein Trompetenstoß die besonnte Stille des weiten Landes und erinnerte Cathérine wieder an die Wirklichkeit. Sie schritt zur Tür, lächelte ihrem Freund liebenswürdig zu.
    »Ich glaube, du wirst immer recht behalten, Gauthier, aber man ruft zu Tisch. Don Alonso erwartet mich zum Mahl, und ich möchte ihn nicht warten lassen.«
    »Kündigt ihm Eure Abreise an.«
    »Schon geschehen. Aber da ich ihm gesagt habe, ich würde morgen abreisen, glaube ich, daß du dich noch so lange gedulden mußt. Noch eine Nacht, Gauthier, nur eine Nacht. Das ist eine Kleinigkeit! …«
    »Kleinigkeit? Ich bin anderer Ansicht. Ein ganzes Leben kann von einer einzigen Nacht abhängen! Viele Dinge haben Zeit, sich zu verwickeln oder zu lösen … in einer Nacht! Aber Ihr habt recht: Wir schulden dem Seigneur Erzbischof zu viel, um ihn vor den Kopf zu stoßen. Also morgen bei Sonnenaufgang!«
    Flink stieg Cathérine die Treppe hinunter. Als sie die untere Pforte des Hauptturms durchschritt, glaubte sie, eine Gestalt gesehen zu haben, die schnell wieder in den dichten Schatten der Wendeltreppe zurücktrat, eine Gestalt, die sehr der Tomas' von Torquemada ähnelte. Zurückblickend, schauderte sie vor Angst, doch schon war sie im sonnendurchfluteten Hof, wo Soldaten, Laienbrüder und einige Diener herumstanden, sich von ihrer Arbeit ausruhend oder eine schattige Ecke suchend, um sich dort auszustrecken, denn es kamen die drückenden Stunden, in denen die Hitze brütend auf dem Land liegt und jede Tätigkeit erstarren läßt. Cathérine ging zwischen ihnen hindurch. Die goldenen Strahlen waren gut, beruhigend. Sie vertrieben die Phantome und die bösen Schatten. Leichtfüßig wandte sie sich dem Festsaal zu.
    Ein unerträgliches Gefühl der Hitze und die unbewußte Wahrnehmung eines stechenden Lichts weckten Cathérine mitten in der Nacht. Der Brand erfüllte ihr Gemach mit hellen Flammen, und die junge Frau glaubte, einen schlechten Traum zu durchleben. Aber sie wurde schnell mit der Wirklichkeit konfrontiert. Die Tür ihres Gemachs loderte, und vor dem Kamin brannten Bündel von Stroh und Reisig, die absichtlich dort verstreut worden waren, und entwickelten einen immer dichter werdenden Rauch. Eine Woge des Entsetzens durchfuhr die junge Frau, riß sie vom Bett und trieb sie, nackt, wie sie war, ans Fenster. Dort riß sie die Läden auf, um gierig zwei-, dreimal einzuatmen … Doch der durch das Öffnen des Fensters geschaffene Luftzug fachte das Feuer zu noch heftigerem Wüten an. Es knisterte in der

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