Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Schulter. »Kopf hoch, mein Junge! Noch sind wir nicht tot. Noch lange nicht. Aber wenn wir sterben müssen, dann können wir eh nichts dran ändern, deshalb brauchen wir uns auch keine Sorgen zu machen, wie? Also los, schauen wir mal, was diese Dreckskerle vorhaben.«
Ein Blick auf die germanischen Linien in der von Schneeflocken gesprenkelten Düsternis ergab keine bedeutsamen Veränderungen. Das bedrohliche dumpfe Hämmern der Äxte hielt unvermindert an. Zufrieden damit, dass das Dorf einstweilen noch sicher war, wandte Macro sich wieder zu Cato um.
»Ich muss mal ein paar Worte mit den anderen Burschen reden. Sie ein bisschen aufmuntern. Ich möchte, dass du dich in der Zwischenzeit mit ein paar Männern auf die Suche nach etwas Essbarem und Wasser machst. Ich habe Hunger. Während wir darauf warten, dass der Hermann sich regt, können wir uns ebenso gut den Bauch vollschlagen.«
Eine eilige Durchsuchung der umliegenden Hütten förderte eine beachtliche Menge an Trockenfleisch und frischem Brot sowie mehrere Krüge mit dem Gebräu der Einheimischen zutage.
»Sei vorsichtig mit dem Zeug«, warnte Macro, der aus eigener bitterer Erfahrung sprach. »Pass auf, dass niemand über den Durst trinkt, sonst setzt es Strafe, wenn wir zurück im Stützpunkt sind.«
Cato blickte über die Schulter des Zenturios. »Herr! Der Tribun …«
Vitellius und eine Leibgarde von vier stämmigen Männern tauchten aus der Dunkelheit der Straße auf und stiegen die Torrampe hoch. Macro straffte sich und wollte der Zenturie gerade befehlen, Haltung anzunehmen, als Vitellius den Kopf schüttelte.
»Lass die Männer ausruhen, Zenturio. Sie haben es verdient. «
»Jawohl, Herr. Ich danke dir.«
»Wie läuft’s?«
»Nun, wie du siehst« – Macro deutete mit weit ausholender Geste auf den Ring der Germanen rund ums Dorf – , »wird es uns nicht gelingen, uns diese Masse mit nur siebzig Männern vom Leibe zu halten. Seit dem letzten Angriff fertigen sie Reisigbündel und Sturmleitern an. Und dort drüben haben sie einen Rammbock fast fertiggestellt. Wenn sie den erst mal einsetzen …«
»Verstehe.« Vitellius kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Ihr müsst sie halt aufhalten, so lange ihr könnt.«
»Ja, Herr … Was macht der Rest der Kohorte?«
»Unsere Lage ist gar nicht so schlecht. Wir kontrollieren die Mauer, und sämtliche kampffähigen Dorfbewohner stehen unter Bewachung. Quadratus’ Zenturie hat’s am schlimmsten erwischt. Dieses Miststück – die Frau des Häuptlings – hat einen nach draußen führenden Abfluss geöffnet. Zwanzig Germanen gelangten in den Rücken von Quadratus’ Männern, bevor sie entdeckt wurden. Haben einfach einen nach dem anderen erledigt, während die Männer die draußen befindlichen Germanen von der Mauer fernhielten. Hat fast die halbe Zenturie verloren, ehe wir sie wieder nach draußen trieben.«
»Auf Quadratus ist Verlass, Herr.« Macro lächelte.
»Nicht mehr. Er wurde von einem Spieß in den Bauch getroffen. Hat ihn glatt durchbohrt.«
»Nein.«
»Leider doch, Zenturio. Auch den Optio haben die Germanen von der Mauer runtergeholt. Deshalb bin ich hier. Kannst du jemanden entbehren, der Quadratus’ Stelle einnehmen könnte?«
Fünf Schritte entfernt bekam Cato heiße Ohren, während sein Blut vor banger Erwartung eiskalt wurde. Er bot seine ganze Willenskraft auf, um nicht Macro anzusehen, und blickte stattdessen entschlossen über die Mauer zu den Germanen hinüber, die sich um die Lagerfeuer versammelt hatten und auf deren Gesichtern sich der rötliche Feuerschein spiegelte. Während er, wie er hoffte, die gleichmütige Pose eines Veteranen einnahm, lauschte er mit klopfendem Herzen.
»Hmmm.« Macro überlegte, schaute umher, und Cato meinte das Gewicht seines Blickes zu spüren, der kurzzeitig auf seinem Rücken verharrte, ehe er weiterschwenkte.
»Wie wär’s mit deinem Optio?«, fragte Vitellius. »Ist er ein guter Mann?«
»Ein Mann wohl kaum, Herr. Bloß ein junger Rekrut. Darf ihn nicht aus den Augen lassen. Er meint es gut, aber er ist auf die Aufgabe bei weitem noch nicht vorbereitet.«
»Schade.«
Das Gewicht der Zurückweisung legte sich wie ein Stein auf Catos Herz. Er biss die Zähne zusammen und kämpfte die Tränen der Erniedrigung nieder.
»Hast du jemand anderen?«
»Ja, Herr. Der Standartenträger ist ein guter Mann. Nimm den.«
»Einverstanden.« Vitellius nickte. »Du weißt, was auf dem Spiel steht, Zenturio. Halte unter allen Umständen das
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