Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Torbalken allmählich eine mit Toten und Verwundeten übersäte Lücke bildete. Weiter hinten wurden von einem Stapel Feuerholz, den die Einheimischen aus Sicherheitsgründen außerhalb der Mauern angelegt hatten, bereits Reisigbündel angefertigt. Waren sie erst einmal fertiggestellt, würde es nicht mehr lange dauern, bis der Graben ausgefüllt wäre und der Sturm auf die Mauer beginnen könnte. Zumindest hatte die Zenturie dem Rest der Kohorte eine Atempause verschafft.
Macro blickte sich nach den anderen Zenturien um. Aus dem Dorf vernahm man dumpfes Gebrüll und gedämpftes Waffengeklirr, und von seiner erhöhten Warte aus konnte Macro mehrere auf der Mauer verteilte Legionäre erkennen. Das Dorf war also gesichert. Gut. Gelegenheit für eine Meldung.
Auf den Teppich der auf der Torstraße herumliegenden Römer niederblickend, schätzte Macro, dass mindestens ein Fünftel seiner Männer entweder tot oder schwer verwundet war. Er schaute hoch und bemerkte den jungen Cato, der sogleich den Blick mit allen Anzeichen größter Wachsamkeit über die Mauer schweifen ließ.
»Cato! Behalt deinen Scheißkopf unten, wenn du nicht willst, dass ein Germane ihn als Zielscheibe benutzt!«
»Jawohl, Herr.«
»Komm her. Ich habe einen Auftrag für dich.«
Macro duckte sich hinter die Palisade, nahm den Helm ab und wischte sich mit dem unverletzten Arm den Schweiß von der Stirn. Während er sich den Wortlaut der Meldung überlegte, fuhr er mit dem Finger über eine Delle an seinem Helm.
»Du weißt nicht zufällig, was es damit auf sich hat?«
Cato errötete.
»Hab’s mir schon gedacht. Aber wenn noch mal jemand versucht, mich aufzuspießen, dann geht’s dem Burschen an den Kragen. Und jetzt möchte ich, dass du den Tribun suchst. Finde ihn so rasch wie möglich und sag ihm, dass wir das Tor halten. Sag ihm, ich hätte noch etwa siebzig Soldaten übrig, und bitte ihn dann um neue Anweisungen. Verstanden?«
Cato nickte.
»Dann ab mit dir!« Macro klopfte ihm gegen den Helm.
Der Zenturio blickte Cato nach, als dieser über die Rampe zur Straße hinunterrannte und sich zwischen den Toten und Verwundeten hindurchschlängelte. Als er sich den Helm wieder aufsetzte, nahm Macro sich vor, mit Bestia ein ernstes Wörtchen zu reden, sollten sie aus diesem Schlamassel jemals heil herauskommen. Der Junge musste unbedingt mehr mit dem Speer üben. Er seufzte und spähte vorsichtig über die Palisade, hinter der die Germanen mit den Reisigbündeln vorrückten.
Mit knallenden Stiefeln rannte Cato den Weg zurück, den die Zenturie zuvor zurückgelegt hatte. Allein auf sich gestellt kam er sich verwundbar vor, und wie er so zwischen den schmutzigen Hütten und Gebäuden der Germanen herrannte, blickte er unruhig nach rechts und nach links. Die ersten Menschen sah er jedoch erst, als er die Dorfmitte erreichte. Dort traf er auf zwei Wachposten. Als sie ihn bemerkten, hoben die beiden Legionäre wachsam die Speere und spähten den Weg entlang, dann, als Cato sich ihnen schwer atmend näherte, entspannten sie sich wieder.
»Wo ist der Tribun?«
»Was ist denn passiert, Optio?«
»Nichts … Ich soll bloß den Tribun suchen … habe eine Meldung für ihn.«
Einer der Legionäre deutete über die Schulter zurück. »Dort drüben, bei der Hütte des Häuptlings. Wie läuft es denn am anderen Tor?«
»Wir halten es!«, rief Cato ihm zu, ohne innezuhalten.
Als er von der schmalen Gasse auf den Platz gelangte, blieb Cato überrascht stehen. Hunderte Germanen aller Altersstufen wimmelten dort umher. Dann sah er, dass sie von Dutzenden Legionären bewacht wurden, die sich mit Schilden und Speeren bemühten, die Dorfbewohner zusammenzudrängen, um sie leichter bewachen zu können. Von den umliegenden Gassen wurden unablässig neue Leute herangetrieben, während Cato sich zur Häuptlingshütte durchdrängte, wo Vitellius einem Zenturio soeben Anweisungen erteilte.
»… und wenn sie Ärger machen oder einen Ausbruchsversuch unternehmen, tötet sie alle.«
»Alle?« Der Zenturio blickte unsicher zu den Dorfbewohnern, von denen viele lauthals wehklagten. »Wir sollen sie alle töten?«
»Das war der Sinn meiner Rede!«, fauchte Vitellius, dann lachte er höhnisch. »Oder fehlt es dir am nötigen Mumm?«
»Nein, Herr!« Der Zenturio wirkte überrascht. »Ich glaube bloß, es wäre ziemlich zeitaufwendig, sie alle umzubringen, Herr.«
»Herr!«, warf Cato ein. »Ich habe eine Meldung für dich, Herr! Von Macro.«
»Was gibt’s
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