Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
die für ein paar hübsche Geschenke nicht die Beine breit gemacht hätte. Wie ist sie denn so?«
»Sie ist wunderschön«, antwortete Cato leise.
»Nein, du Idiot! Ich meine, was mag sie so?«
»Oh, ich verstehe.« Cato errötete. »Ich weiß nicht viel über sie.«
»Dann find’s heraus. Frag sie, was sie dafür haben will.«
»So ist es nicht, Herr. Ich empfinde mehr als bloßes Begehren. «
»Begehren? Wer redet denn hier von Begehren? Du willst sie flachlegen, oder? Das ist dein Ziel. Jetzt fehlt dir bloß noch die richtige Taktik, um sie in eine für dich vorteilhafte Position zu bringen und dann die Eroberung abzuschließen. Somit geht es bloß noch darum, den Widerstand zu brechen.«
»Herr!« Cato hatte eigentlich geglaubt, mittlerweile immun gegenüber dem rauen Humor der Armee zu sein, doch nun errötete er gleichwohl. »So ist es nicht.«
»Wovon redest du eigentlich, Mann?«
Cato versuchte sich zu erklären, doch fiel es ihm äußerst schwer, über seine Gefühle zu sprechen. Nicht, dass es ihm an Worten gemangelt hätte – ihm schwirrten zahllose Zeilen aus den verschiedensten Gedichten im Kopf herum –, doch keine davon vermochte das Wesen des fürchterlichen Schmerzes einzufangen, der in seinem Bauch wühlte und an seinem Herzen nagte. Gedichte, dachte er, sind armselige Spiegel der menschlichen Seele. Die affektierten kleinen Wachskratzer ergießen ihre Banalitäten, um ihresgleichen zu beeindrucken. Seine Gefühle für Lavinia gingen irgendwie über Verse hinaus. Aber stimmte das tatsächlich? Vielleicht hatte Macro ja Recht, und seine Motive waren ein wenig prosaischer, als er sich eingestand?
»Was ist an dieser Frau so anders? Spuck’s aus.«
»Ich glaube, du musst sie sehen, um das verstehen zu können.«
»Ist wohl ein rechter Hingucker, wie?«
»Ja, Herr.« Cato lächelte.
»Dann zeig ihr, dass du dich für sie interessierst und bereit bist, deinen Obulus zu entrichten, um deinen Willen zu bekommen – natürlich in Maßen, denn du willst ja schließlich nicht den Preis für deine Nachfolger hochtreiben. Gib ihr, was ihr zusteht, dann hast du freie Bahn.«
»Ich hatte eigentlich auf etwas Bedeutsameres und länger Währendes gehofft.«
»Mach dich doch nicht lächerlich.«
»Jawohl, Herr!«, erwiderte Cato eilends. Er begriff, dass es sinnlos war, mit diesem Mann über solche Themen sprechen zu wollen. »Sollen wir jetzt mit den Buchstaben fortfahren, Herr? Vor uns liegt noch ein weiter Weg.«
»Und einige von uns hoffen, dass sie ihn bis zu Ende gehen werden«, meinte Macro feixend.
»Ja, Herr. Die Buchstaben, Herr?« Cato hielt ihm die Wachstafeln hin.
»Also gut, verdammt noch mal! Wie ich sehe, willst du nicht über die Frau reden – aber das geht nur dich was an, hab ich Recht?«
»Sollen wir jetzt fortfahren, Herr?«
»Das ist nur recht und billig«, knurrte Macro. »Also weiter im Text.«
19
Als es am Vorabend des Aufbruchs dämmerte, waren sämtliche Wagen auf Straßentauglichkeit untersucht und alle Räder frisch mit Talg geschmiert. Beladen mit der Ausrüstung der Legionen und den verschiedensten Gepäckstücken, standen sie in langen Reihen wartend da. Die Tiere in den Pferchen vor der Festung verspeisten zufrieden die letzten Reste des Winterfutters. Fast alle Stabsangehörigen gaben sich jetzt, da die Arbeit getan und sie einige Wochen lang Ruhe haben würden, zwischen den Zelten und den schmutzigen Hütten der Einheimischen einem ausgedehnten Saufgelage hin; im Laufe des jahrelangen Aufenthalts an der Rheingrenze hatte sich die Garnison an das hier übliche berauschende Gebräu gewöhnt. Die umsichtigeren Veteranen waren damit beschäftigt, ihre Stiefel wasserdicht zu machen, und vergewisserten sich, dass die genagelten Sohlen den dreihundert Meilen langen Marsch bis zur Küste auch überstehen würden.
Im Hauptquartier waren einige wenige Mitarbeiter in großen Räumen, die jetzt, da alle Akten sorgfältig in Truhen verpackt und auf den Wagen verstaut waren, gespenstisch widerhallten, mit der Ausarbeitung der letzten Details befasst. Mit den einheimischen Händlern wurden noch allerlei ausstehende Schulden beglichen, und den Offiziersfamilien, die alsbald nach Rom zurückkehren sollten, wurden Reiseerlaubnisse ausgestellt. Eine Abteilung der Legionsreiterei hatte Befehl erhalten, den Konvoi bis nach Corbumentum zu eskortieren und anschließend zur Legion zurückzukehren.
Als Vespasian an einer Reihe von Schreibtischen vorbeikam, an denen sich
Weitere Kostenlose Bücher