Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
verirrt. Warum verschwenden wir unsere Zeit mit dem?« Pyrax wandte sich Macro zu. »Töte ihn, Herr!«
Macro funkelte den Tribun an, und angesichts der Zwangslage, in die Vitellius ihn gebracht hatte, verhärtete sich seine Miene zum Ausdruck reinen Abscheus. Dann boxte er dem Tribun gegen die Brust, so dass dieser rückwärts in den Morast fiel.
»Reite weiter und warne die Legion. Aber mach dir keine falschen Hoffnungen; wenn alles vorbei ist, werde ich persönlich den General darüber informieren, was sich hier zugetragen hat. Ich bin sicher, es wird ihn brennend interessieren, weshalb ein hoher Offizier die eigenen Leute umbringt, um dieser Truhe habhaft zu werden. Und jetzt fort mit dir! Verschwinde, du Scheißkerl, ehe ich’s mir anders überlege.«
Vitellius rappelte sich hoch, schwang sich aufs Pferd und entriss dem Legionär, der das Tier hielt, die Zügel. Ohne zu zögern gab er dem Pferd die Fersen, galoppierte am Wagen vorbei und verschwand in der Nacht.
»Also gut! Es geht weiter. Wenn er die Wahrheit gesagt hat, haben wir keine Zeit zu verlieren. Auf, Männer!«
»Natürlich hat er die Wahrheit gesagt!«, schnaubte Pyrax.
»Willst du etwa meine Entscheidung kritisieren?«, fragte Macro kühl.
»Ich sage bloß, wir hätten ihn töten sollen.«
»Du nennst mich Herr, wenn du mit mir sprichst, Legionär! «
»Still!« Cato hob die Hand. »Hört mal!«
Die kleine Gruppe erstarrte. Alle spitzten die Ohren und blickten in die Richtung, in die Cato zeigte. Einen Moment lang störte kein Geräusch die nächtliche Stille. Dann vernahmen sie ein leises Wiehern, dann noch eins, begleitet vom Knallen einer Peitsche und einem unverständlichen Fluch.
Die Briten waren dicht hinter ihnen.
36
Es war offenkundig, dass die Briten sie einholen würden, ehe sie auch nur die Anhöhe erreicht hätten; also war es aussichtslos, den Gegner abschütteln zu wollen, machte Macro sich klar. Hektisch musterte er das Gelände und entdeckte tatsächlich einen vagen Hoffnungsschimmer.
»Dort drüben!« Er deutete auf eine Bodensenke links vom Weg. Im trüben Schein des Neumonds ging vom Nebel, der sich in der Senke bildete, ein kaltes Leuchten aus, das alles andere als einladend war, doch dies war das einzige Versteck in Reichweite. »Schafft den Wagen vom Weg runter, und zwar schnell!«
Als die Männer die Pferde ins hohe Gras führten und über den Hang eilig auf die Senke zuhielten, folgte ihnen Macro und versuchte die Wagenspuren, die sich tief in den feuchten Boden eingegraben hatten, so gut es ging zu verwischen. Er hoffte, dass die Briten die Spuren im Dunkeln übersehen würden, und eilte dem Wagen nach, der bereits den Rand der Senke erreicht hatte und auf der anderen Seite die Böschung hinabbugsiert wurde. Während das Trommeln eisenbeschlagener Hufe immer lauter wurde, warf er sich über den Rand der Senke und lag einen Moment keuchend still.
Die Böschung war steil, und der Wagen befand sich bereits in dem Nebel, der den Boden als dicke, durchgehende Schicht bedeckte. Cato befahl den anderen, beim Wagen zu bleiben und dafür zu sorgen, dass die Tiere und die Verletzten keinen Mucks machten, dann krabbelte er zum Zenturio hoch.
»Wir hatten Glück, Herr. Der Wagen wäre um ein Haar umgekippt.« Er deutete zur Böschung.
»Tatsächlich?«, sagte Macro, dann musste er gähnen. Er wälzte sich herum und stützte das Kinn auf die Hände. »Bleib unten und rühr dich nicht. Nur auf meinen ausdrücklichen Befehl.«
Cato nickte und wartete regungslos darauf, dass der Feind aus dem Moor auftauchte. Und dann auf einmal trabte kaum hundert Schritte entfernt eine kleine Gruppe Reiter in den trüben Mondschein, Mann und Pferd im Schatten kaum zu unterscheiden. Cato wunderte sich, britische Kavallerie zu sehen, denn Caesar hatte behauptet, die Briten verwendeten ihre Pferde vor allem für Streitwagen. Entweder der große Feldherr hatte sich geirrt, oder die Briten hatten schließlich doch den Wert der Kavallerie erkannt. Die Reiter verteilten sich beiderseits des Weges und trabten auf den Hügelkamm zu. Der Kundschafter an der linken Flanke kam bis auf zwanzig Schritte an ihr Versteck heran, und Macro und sein Optio pressten sich an den Boden und wagten kaum zu atmen. Mit ihren müden Augen versuchten sie zu erkennen, ob der Brite die Wagenspuren an der Böschung bemerkte. Der Kundschafter aber ritt vorüber, ohne langsamer zu werden.
Aus dem Moor ertönten scheppernde Geräusche, dann ergoss sich eine dunkle
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