Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
sich vor und küsste ihn eilig auf die Wange, bevor sie mit der Hand fest gegen seine Brust drückte. »Los jetzt!«
Verwirrt zog Cato sich langsam zurück. Lavinia lächelte nervös und winkte ihn wie scherzhaft davon, doch in ihren Augen lag etwas so Dringliches, dass es Cato ängstlich durchfuhr. Er nickte, drehte sich um und ging davon, zu einer Zeltreihe, hinter der er abbog und verschwand.
Sobald Cato hinter den Zelten verschwunden war, drehte Lavinia sich um und eilte über die Via Praetoria weiter, entlang der Fackelreihe, die vom Zelt des Legaten wegführte.
Hätte sie noch einen Moment länger gewartet, wäre ihr vielleicht aufgefallen, dass Cato neugierig um die Ecke der Zeltreihe spähte. Er beobachtete sie, wie sie fast im Laufschritt in die entgegengesetzte Richtung verschwand, und als er sicher war, dass er auf der einen Seite der Via Praetoria im Schatten der Zelte in Deckung bleiben konnte, folgte er ihr, eilte leise von Zelt zu Zelt und behielt sie dabei im Blick. Sie ging nicht sehr weit. Nur zum ersten der sechs großen Zelte der Tribunen der Zweiten Legion. Die kalte Bangigkeit, die er einen Moment zuvor empfunden hatte, wurde zum elenden, eiskalten Entsetzen, als er sah, wie Lavinia dreist die Zeltklappe von Vitellius’ Zelt aufschlug und ins Innere trat.
47
Mit großer Geste riss Claudius das Seidentuch vom Tisch. Darunter, vom Schein Dutzender Öllampen erhellt, lag ein umrisshaftes Modell der Umgebung, so detailliert, wie die Stabsoffziere es in der verfügbaren Zeit, auf die Berichte der Kundschafter gestützt, hatten anfertigen können. Die Offiziere der Legion drängten sich um den Tisch und betrachteten das Landschaftsmodell aufmerksam. Für diejenigen, die erst nach Sonnenuntergang eingetroffen waren, war es der erste Blick auf das, was sie am nächsten Tag erwartete. Der Kaiser gestattete seinen Offizieren einen kurzen Augenblick, um sich mit dem Modell vertraut zu machen, bevor er mit der Einsatzbesprechung begann.
»Meine Herren, m-m-morgen ist der Anfang vom Ende der Eroberung dieses Landes. Wenn Caratacus einmal geschlagen und seine Armee ausgelöscht ist, steht nichts mehr zwischen uns und der Hauptstadt der Catuvellauni. Mit dem F-Fall Camulodunums werden die anderen britischen Stämme sich dem Unvermeidlichen fügen. In einem Jahr, so können wir wohl getrost sagen, wird diese Insel eine so friedliche P-P-Provinz sein wie das restliche Reich.«
Vespasian hörte in schweigender Verachtung zu, und nach den spöttischen Blicken zu schließen, die die anderen Offiziere verstohlen tauschten, teilten sie seine Zweifel. Wie sollte eine vollständige Eroberung in einem einzigen Jahr möglich sein? Niemand kannte auch nur die Größe der Insel; einige Forschungsreisende behaupteten, bisher sei nur die Spitze einer riesigen Landmasse bekannt. In diesem Fall – und falls die Berichte über wilde Stämme im hohen Norden zutrafen – würden noch viele Jahre ins Land gehen, bevor die Provinz befriedet war. Doch bis dahin hatte Claudius seinen Triumph in Rom gefeiert, und der Pöbel hatte das ferne Britannien längst vergessen, abgelenkt durch eine endlose Orgie von Gladiatorenkämpfen, Tierjagden und Wagenrennen im Circus Maximus. Die letzte Seite der offiziellen Geschichte von Claudius’ Eroberung war dann längst geschrieben, auf Schrifrollen kopiert und in jeder größeren öffentlichen Bibliothek des Imperiums verteilt.
Unterdessen wären Plautius und seine Legionen weiterhin damit beschäftigt, all die kleineren Festungen niederzureißen, die sich den Eroberern beharrlich widersetzten. Und so lange noch ein einziger Druide am Leben war, würde der Widerstand gegen Rom weiter köcheln und regelmäßig zum bewaffneten Aufstand überbrodeln. Seit der blutigen Verfolgung durch Julius Cäsar hatten die Druiden Rom und alles Römische immer mit einem unstillbaren, wilden Hass betrachtet.
»In zwei Tagen«, fuhr Claudius fort, »erwartet uns die Siegesfeier in Camulodunum. Denkt daran, und noch in Jahren w-w-werdet ihr euren Enkeln von der Entscheidungsschlacht erzählen, die ihr an der Seite von Kaiser C-Claudius gekämpft und gewonnen habt!« Mit glänzenden Augen und einem Grinsen, das durch die einseitige Lähmung schief daherkam, ließ er den Blick über die Gesichter seiner Stabsoffiziere wandern. General Plautius klatschte rasch in die Hände und regte einen Applaus an, der eher automatisch als begeistert klang.
»Danke. Danke.« Claudius hob die Hände, und das Klatschen
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