Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
noch ihre Kameraden umrissen. Hier und da schaffte eine Hand voll Männer den Durchbruch durch oder über die Palisaden, doch dort stand das Kräfteverhältnis gegen sie, und diese tapferen Angriffskeile wurden rasch überwältigt und wieder den Erdwall hinuntergetrieben.
Die Kämpfe dehnten sich über den gesamten Befestigungswall aus, doch den anderen Kohorten erging es nicht besser, und die Zahl der auf dem Erdwall ausgestreckten römischen Soldatenleichen nahm beständig zu.
»Herr, sollen wir uns nicht besser zurückziehen?«, fragte Vitellius den Legaten.
»Nein. Die Befehle waren eindeutig. Wir setzen unseren Angriff fort, bis Vespasian von hinten zuschlagen kann.«
Die Stabsoffiziere des Legaten tauschten besorgte Blicke. Die Neunte wurde für ihre ungestüme Attacke grausam bestraft; die Legion verblutete in Erwartung des Angriffs der Zweiten Legion. Als Geta sich umschaute, spürte er den Zweifel seiner Leute.
»Jetzt dauert es nicht mehr lange. Die Zweite wird jeden Moment angreifen. Bis dahin halten wir durch.«
Doch bereits jetzt bemerkte Vitellius eine Veränderung. Die Legionäre eilten nicht mehr von sich aus den Erdwall hinauf, sie wurden von den Zenturionen angetrieben, die sie mit ihren Offiziersstöcken zum Angriff prügelten. An einigen Stellen zogen die Männer sich tatsächlich vom Erdwall zurück, erschöpft von der Anstrengung, während langsam, aber sicher der Wille verloren ging, den Kampf fortzusetzen. Die Zeichen waren für jeden im Offiziersstab unverkennbar. Der Angriff brach unter ihren Augen zusammen.
Wenn Vespasian nicht auf der Stelle losschlug, waren die Opfer der Neunten umsonst.
11
»Warum greifen wir nicht an?«
»Weil wir keinen Befehl zum Angriff haben«, antwortete Macro schroff. »Und wir bleiben hier an Ort und Stelle liegen, bis man uns etwas anderes befiehlt.«
»Aber Herr, schau sie dir doch an. Die Neunte wird massakriert.«
»Ich sehe durchaus, was da passiert, Junge, aber das liegt nicht in unserer Hand.«
Bäuchlings im hohen Gras liegend, das auf dem niedrigen Hügelkamm wuchs, sah der Vorposten der Sechsten Zenturie hilflos zu, wie die Briten den Angriff der Neunten erstickten. Schon wurden die letzten noch verbliebenen Kohorten der Neunten in diesen verzweifelten Kampf geworfen. Für den unerfahrenen Optio war dies unerträglich. Kaum eine Meile von ihnen entfernt wurden seine Kameraden beim Versuch, die Befestigungswälle zu erstürmen, abgeschlachtet. Und doch saßen dort hinter Cato, fast in Rufweite, die Soldaten der Zweiten Legion still und versteckt im Schatten der Bäume. Nur ein einziger Befehl, und sie würden den Hang hinunterfegen, die Briten zwischen den beiden Legionen in die Zange nehmen und vollständig zerreiben. Doch der Befehl war noch nicht erfolgt.
»Da kommt der Legat.« Macro wies mit einem Kopfnicken den Hang hinunter zum Waldrand. Vespasian rannte, den Helm unter dem Arm, zu ihnen herauf. Kurz bevor er den vorgeschobenen Posten erreichte, ließ der Legat sich zu Boden fallen und kroch neben Macro.
»Wie ergeht es der Neunten, Zenturio?«
»Es sieht nicht gut aus, Herr.«
»Irgendein Anzeichen für Bewegung in der feindlichen Reserve?«
»Keines, Herr.«
Hinter den britischen Linien saßen mehrere tausend Männer und erwarteten in aller Ruhe ihren Einsatzbefehl. Vespasian lächelte in grimmiger Bewunderung der Gelassenheit des feindlichen Generals. Caratacus kannte den Wert einer noch unverbrauchten Reserve und hatte die für ihn kämpfende Union aus verschiedenen Stämmen fest im Griff. In der Vergangenheit hatte das selbstsüchtige Streben der einzelnen Stämme nach Ruhm schon mehr als einmal zur Vernichtung einer keltischen Armee geführt. Caratacus hatte nicht einmal den Bataverköder geschluckt, den Plautius ihm anbot. Es waren gerade genug Männer losgeschickt worden, um die römischen Hilftruppen zum Fluss zurückzudrängen. Dort in der Ferne, weit hinter den Befestigungen der Furt, zeigte ein Getümmel von Menschen und Pferden die missliche Lage der Bataver.
Vespasian wandte sich von dem Anblick ab. Das Mitgefühl mit seinen Kameraden trieb ihn, seine Legion sofort als Entsatz loszuschicken. Doch Aulus Plautius hatte diese Versuchung vorhergesehen und betont, dass sein Befehl widerspruchslos zu befolgen war. Die Zweite sollte im Hinterhalt liegen bleiben, bis Caratacus auch seine Reserven zur Verteidigung der Befestigungen herangezogen hatte. Der Befehl zum Losschlagen würde von der Trompeterschar beim
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