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Cato 02 - Im Auftrag des Adlers

Titel: Cato 02 - Im Auftrag des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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überwältigen und sich einzuverleiben. Der Gedanke beunruhigte ihn, und Cato wandte sich ab und starrte zum Fluss hinunter.
    Es gab keinerlei Zweifel, dass die Briten Barbaren waren. Abgesehen davon, dass man ihnen das ansah, bewies das Fehlen planvoll angelegter Städte, geschotterter Straßen und großflächig bestellter Felder eine niedrige Lebensqualität. Den Briten mangelte es offensichtlich an der Kultiviertheit, die allein den Namen Zivilisation verdiente. Wenn man den Geschichten Glauben schenkte, die Kaufleute und Händler von den nebligen Inseln zurückbrachten, fristeten die Briten ein kärgliches Dasein, obwohl sie auf riesigen Lagerstätten von Silber und Gold saßen. Es wirkte typisch für die Launen der Götter, dass sie die primitivsten Völker mit den wertvollsten Bodenschätzen ausstatteten – Bodenschätze, deren Wert ihnen kaum bewusst war und die von fortgeschritteneren Völkern wie dem der Römer weit besser genutzt werden konnten.
    Und dann war da noch das finstere Thema der Druiden. Viel wusste man nicht über sie, und was Cato über sie gelesen hatte, zeichnete den Kult in den unheimlichsten und grässlichsten Farben. Er erschauderte bei der Erinnerung an den Hain, den Macro und er vor ein paar Tagen entdeckt hatten. Der Ort hatte dunkel, kalt und bedrohlich gewirkt. Wenigstens würde die Eroberung der nebligen Inseln zur Ausrottung des Druidenkultes führen.
    Der Abscheu, den er plötzlich vor den Briten empfand, ließ Cato in seinen Gedanken innehalten. Als Rechtfertigung für die Expansion des Reichs bestachen seine Argumente durch ihre schlichte Plausibilität. Allerdings so sehr, dass Cato sich eines gewissen Misstrauens nicht erwehren konnte. Nach seiner Erfahrung hatte alles, was im Leben als ewige und einfache Wahrheit hochgehalten wurde, diesen Rang nur deshalb inne, weil man sein Denken absichtlich beschränkte. Plötzlich fiel ihm auf, dass sämtliche Werke, die er auf Latein gelesen hatte, ihm die römische Kultur im bestmöglichen Licht dargestellt hatten, allem unendlich überlegen, was je von irgendeinem anderen Volk hervorgebracht worden war, ob nun »zivilisiert« wie die Griechen oder »barbarisch« wie die Briten. Nie war eine andere Seite der Dinge gezeigt worden.
    Er betrachtete Nisus und seinen dunklen Teint, die fremdartigen Gesichtszüge, das dichte, gekräuselte Haar und die sonderbar gemusterten Amulette um seine kräftigen Handgelenke. Das römische Bürgerrecht, das man ihm für seinen Eintritt in die Legion verliehen hatte, hatte ihn nicht einmal an der Oberfläche zum Römer gemacht. Es war einfach nur ein rechtliches Etikett, das ihm einen gewissen Status verlieh. Was für ein Mensch mochte darunter stecken?
    »Nisus?«
    Der Wundarzt schaute lächelnd von den Flammen auf.
    »Darf ich dich etwas Persönliches fragen?«
    Das Lächeln wurde ein wenig schwächer, und die Augenbrauen des Wundarztes zogen sich ein Stück zusammen. Er nickte aber.
    »Wie ist es, kein Römer zu sein?« Die Frage war peinlich direkt, und Cato schämte sich dafür, stotterte aber weiter, um sich verständlicher zu machen. »Ich meine, ich weiß, dass du jetzt ein römischer Bürger bist. Aber wie war es früher? Was denkt man so von Rom?«
    Nisus und Macro starrten ihn an. Nisus stirnrunzelnd und misstrauisch, Macro dagegen nur erstaunt. Cato wünschte, er hätte den Mund gehalten. Doch er war von dem verzehrenden Wunsch erfüllt, mehr zu erfahren, aus der Weltsicht herauszutreten, die er praktisch mit der Muttermilch eingesogen hatte. Wären die Hauslehrer im Palast nicht gewesen, hätte er diese Weltsicht auch fraglos akzeptiert, ohne je einen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie einseitig war.
    »Was man so von Rom denkt?«, wiederholte Nisus. Er wägte die Frage einen Moment lang ab und kratzte sich dabei vorsichtig das mit dichten Bartstoppeln bedeckte Kinn. »Interessante Frage. Und nicht einfach zu beantworten. Das hängt überwiegend davon ab, wer man ist. Ist man etwa zufällig einer dieser Vasallenkönige, die Rom alles zu verdanken haben, ihre Untertanen dagegen fürchten und hassen, dann ist Rom der einzige Freund. Ist man ein Getreidehändler in Ägypten, der sich am Getreidealmosen in Rom eine goldene Nase verdient, oder ist man der Lieferant von Gladiatoren und wilden Tieren zum Zeitvertreib der Bürger, dann ist Rom die Quelle des eigenen Wohlstands. Die Hersteller von Luxusgütern und die Waffenmanufakturen Galliens, die Gewürz-, Seiden- und Antiquitätenhändler,

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