Cato 03 - Der Zorn des Adlers
übergewichtigen Kutscher neben einem blassen Bürschchen mit spitzem Gesicht. Der Kampf wäre schnell vorüber. Mit ein wenig Glück würden sie die Geiseln befreien und wie der Wind von der Festung weggaloppieren, bevor die berittenen Druiden sich auch nur fragten, warum der Wagen so lange brauchte, um sie einzuholen. Unter den verzweifelten Hieben des Kutschers zogen die Pferde den Wagen immer schneller, der auf der ausgefahrenen Wagenspur heftig holpernd in die Kurve einbog, die um das Wäldchen herum zur Brücke führte. Die Verfolger waren nur noch ein kurzes Stück entfernt und trieben ihre schäumenden Tiere mit Fersenhieben in die Flanken vorwärts.
Cato hörte hinter sich einen scharfen Schreckensschrei, fuhr herum und sah, dass Boudicas Pferd sich überschlug und zu Boden stürzte. Boudica wurde über den Hals nach vorn geschleudert, zog instinktiv den Kopf ein und rollte sich zusammen. Mit einem Aufschrei kugelte sie den grasbewachsenen Hang hinunter. Das gestürzte Tier, das das Rückgrat gebrochen hatte, schlug wild mit den Vorderbeinen und versuchte vergebens, sich wieder aufzurichten. Boudica war in einer Pfütze gelandet und rappelte sich jetzt vorsichtig auf.
»Lass sie!«, schrie Macro und trieb sein Pferd weiter an. »Holt den verfluchten Wagen ein, bevor es zu spät ist!«
Die Druiden hatten einen wertvollen Vorsprung gewonnen. Der wild rumpelnde Wagen war nur noch wenige hundert Schritte von der Brücke entfernt; bald würde er wieder voll ins Sichtfeld der Festung und der vorausgerittenen Druiden gelangen. Mit einem heftigen Stoß in die Flanken seines Pferdes preschte Cato Seite an Seite mit Prasutagus seinem Zenturio nach. Sie galoppierten neben dem Weg, um nicht in die tückischen Fahrrinnen zu geraten; vor sich sahen sie die zugebundene Eingangslasche der Wagenplane. Der jüngere Druide schaute sich mit angstverzerrtem Gesicht nach ihnen um.
Hinter der Wegbiegung waren jetzt wieder die dicken Befestigungswälle der Festung zu sehen; Cato trieb sein Pferd zu einem letzten, verzweifelten Galopp an und kam dem Wagen schnell näher. Die riesigen Eichenholzräder schleuderten ihm Schlamm ins Gesicht. Er blinzelte und zog sein Schwert mit einem metallischen Rasseln aus der Scheide. Vor ihm schoss Macro am Kutscher vorbei, riss sein Pferd herum und verstellte den Zugtieren den Weg. Die Pferde versuchten mit verzweifeltem Gewieher zum Stehen zu kommen, wurden aber vom Schwung des hinter ihnen herrumpelnden Wagens in ihren Geschirren nach vorn gestoßen. Cato hielt das Schwert stoßbereit in der Hand. Als er an die Kutschbank heranpreschte, warf sich der junge Druide auf ihn. Sie krachten zusammen und stürzten beide zu Boden. Der Aufprall verschlug Cato den Atem, dann schlug sein Kopf auf, und ein greller Blitz explodierte vor seinen Augen. Als er wieder etwas sah, starrte er ins Gesicht des jungen Druiden, der direkt vor seinen Augen die Zähne fletschte. Dann aber tropfte ihm Speichel aus dem Mund, und plötzlich keuchte er mit vor Verblüffung geweiteten Augen auf und sackte zusammen.
Cato stieß den erschlafften Körper von sich und bemerkte, dass der Handschutz seines Schwerts gegen den dunklen Stoff des Druidenmantels gepresst war. Die Klinge war nicht zu sehen, doch um den Handschutz breitete sich ein roter Fleck aus. Das Schwert war dem Druiden durch die Eingeweide in die lebenswichtigen Organe unter dem Brustkasten gedrungen. Cato verzog das Gesicht, kam auf die Beine und zerrte am Griff. Die Klinge löste sich widerstrebend mit einem ekelhaften Schmatzen. Eilig blickte sich der junge Optio nach dem anderen Druiden um.
Der lehnte schon tot an der Lederplane, und aus einer klaffenden Wunde in der Kehle, die Prasutagus ihm mit seinem keltischen Langschwert beigebracht hatte, quoll stoßweise Blut. Der Iceni-Krieger war vom Pferd gesprungen und zerrte an den Bändern der Wagenplane. Aus dem Inneren drang das gedämpfte Geschrei eines Kindes. Der letzte Riemen löste sich, und Prasutagus riss die Plane beiseite und steckte den Kopf in den Wagen. Das Geschrei steigerte sich noch.
»Alles in Ordnung«, schrie Boudica, die ihnen zu Fuß nachgerannt war, auf Latein. Sie schalt Prasutagus verärgert in ihrer Muttersprache und schob ihn zur Seite. »Alles in Ordnung. Wir sind hier, um euch zu befreien. Cato! Komm her! Sie brauchen ein römisches Gesicht.«
Boudica steckte wieder den Kopf in den Wagen und versuchte, ganz gelassen zu klingen. »Wir haben zwei römische Offiziere dabei. Ihr
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