Cato 03 - Der Zorn des Adlers
gedämpft. »Wenn die Druiden die Familie des Generals erst mal da drinnen haben, kommt keiner mehr an sie ran.«
»Vielleicht«, entgegnete Cato. »Aber je lang gezogener die Verteidigungslinie, desto weiter stehen die Wächter auseinander. «
»Ach, wie weise. Ich darf den Spruch doch mal zitieren? Du Idiot.«
Cato errötete immerhin wegen seiner altklugen Bemerkung, und Macro nickte befriedigt. So ein junger Kerl durfte sich nicht zu sehr aufblasen. Vor ihnen hatte Prasutagus sein Pferd gewendet und deutete jetzt mit ausgestrecktem Arm auf die Festung. Hoch aufragend vor dem blauen Himmel und von einem Glorienschein von Sonnenstrahlen umgeben verkündete er:
»Die Große Festung …«
»Ach, tatsächlich?«, knurrte Macro. »Darauf wäre ich nie gekommen.«
Trotz seiner sarkastischen Antwort maß Macro die Anlage mit den prüfenden Blicken des Berufssoldaten und fragte sich, ob die Zweite Legion sie vielleicht doch einnehmen könnte. Auch wenn der Zugangsweg sehr geschickt zwischen den Befestigungswällen verlegt war, wies nichts darauf hin, dass diese Festung einer gut ausgerüsteten, modernen Armee widerstehen könnte.
»Herr!«, unterbrach Cato seinen Gedankengang, und Macro hob fragend die Augenbrauen. »Herr, schau doch!«
Cato deutete nicht auf die Festung, sondern weiter vorn auf die Druiden und den kleinen, geschlossenen Wagen, den sie eskortierten. Nur eskortierten sie ihn gar nicht mehr. Beim Anblick ihrer Zufluchtsstätte hatten die Druiden ihre Pferde angetrieben, und inzwischen war die Reiterkolonne dem Wagen ein gutes Stück voraus. Sie ritten auf das äußere Tor des Festungswalls zu. Vor ihnen führte der Weg um ein kleines Wäldchen herum auf eine schmale Jochbrücke zu, die den Fluss überquerte. Cato schätzte rasch ab, wie schnell die Druiden, der Wagen und ihre eigene Gruppe sich jeweils bewegten und wurde immer aufgeregter. Er nickte. »Das wäre zu schaffen.«
»Das ist die Gelegenheit für uns!«, stieß Macro hervor. »Prasutagus! Schau dort!«
Der Iceni-Krieger erfasste die Lage rasch und nickte nachdrücklich. »Los!«
»Was ist mit Boudica?«, fragte Cato.
»Was soll mit ihr sein?«, schnauzte Macro ihn an. »Worauf wartest du noch? Los jetzt!«
Macro stieß seinem Pferd die Fersen in die Weichen und ritt den Hang hinunter auf den Wagen zu.
28
Sie preschten den grasbewachsenen Hang hinunter, der Wind heulte in Catos Ohren, und das Herz hämmerte ihm in der Brust. Gerade noch waren sie in aller Ruhe einen kaum genutzten Pfad entlanggeritten. Jetzt aber bot das Schicksal ihnen eine winzige Chance, die Familie des Generals zu retten, und Cato spürte, wie die bevorstehende Auseinandersetzung ihn gleichzeitig berauschte und mit Schrecken erfüllte. Die Festung war inzwischen von den Bäumen verdeckt, die den Weg säumten. Kaum eine halbe Meile entfernt holperte der Wagen auf seinen dicken Holzrädern von zottigen Pferden gezogen voran. Die beiden Druiden auf der Kutschbank hatten das Nahen der Reiter noch nicht bemerkt, saßen hoch aufgerichtet da und reckten die Hälse, um so bald wie möglich einen Blick auf die Wälle der Großen Festung zu erhaschen. Hinter ihnen verbarg eine Lederplane die Gefangenen vor den Blicken. So laut, wie die Hufe seines Pferdes auf den Boden donnerten, konnte Cato kaum glauben, dass man sie noch nicht gehört hatte, und er betete zu allen Göttern, die ihn hören wollten, sie noch einen Augenblick länger unentdeckt zu lassen. So lange, bis es den Druiden selbst dann nicht mehr möglich war, ihre vorausgerittenen Gefährten zu warnen, wenn sie ihre Zugtiere mit der Peitsche antrieben.
Doch die Götter bemerkten entweder nichts von diesem winzigen menschlichen Drama oder standen grausamerweise mit den Druiden im Bund. Der Mann neben dem Kutscher warf plötzlich einen Blick zurück, schoss von seinem Sitz hoch und zeigte auf die herangaloppierenden Römer. Mit einem scharfen Knallen, das deutlich über die Ebene schallte, drosch der Kutscher auf die breiten Pferderücken ein, und mit ächzenden Achsen machte der Wagen einen schwerfälligen Ruck nach vorn.
Der andere Druide ließ sich auf die Kutschbank zurückfallen, legte die Hände trichterförmig an den Mund und schrie um Hilfe, doch seine Kameraden waren durch die Bäume verdeckt, und seine Schreie verhallten ungehört.
Cato war jetzt nah genug heran, um über die flatternde Mähne seines Pferdes hinweg die Züge der Druiden ausmachen zu können, und erblickte einen grauhaarigen,
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