Cato 03 - Der Zorn des Adlers
der Legion im bevorstehenden Feldzug zufallen würde. Nach der Flussüberquerung schwenkte die Legion nach Westen auf einen grob befestigten Weg ein, den die Bautrupps mit einem Belag aus Baumstämmen und dicken Ästen gangbar gemacht hatten, und marschierte zwei weitere Tage flussaufwärts. Danach bog der Weg nach Süden ab, und am frühen Nachmittag des dritten Tages hielt die Legion im Windschutz eines lang gestreckten Berges an. Von hier aus würde die Zweite Legion ins Gebiet der Durotriges vorstoßen, sobald die Jahreszeit die Fortsetzung des Feldzugs gestattete.
Während der Tross und die Wagen mit den Artilleriegeschützen sich auf dem matschigen Untergrund an der Steigung abmühten, marschierte der Hauptteil der Legion zur breiten Hügelkuppe hinauf. Der Befehl zum Absetzen des Gepäcks und zum Aufnehmen der Befestigungsarbeiten wurde erteilt. Während die Männer der Sechsten Zenturie ihren Abschnitt des Verteidigungsgrabens in Angriff nahmen, spähte Zenturio Macro nach Süden.
»Schau mal, Cato! Ist da hinten nicht eine Art Stadt zu sehen?«
Der Optio trat zu ihm und blickte in die angegebene Richtung. In einigen Meilen Entfernung kräuselten sich einige dünne Rauchfahnen nach oben, die im Dämmerlicht des hereinbrechenden Winterabends gerade noch sichtbar waren. Vielleicht täuschte ihn das Licht, doch Cato meinte, den schwachen Umriss einer größeren Eingeborenensiedlung ausmachen zu können.
»Ich möchte meinen, dass das Calleva ist, Herr.«
»Calleva? Weißt du da irgendwas drüber?«
»Ich habe mich mit einem Händler in Camulodunum unterhalten, Herr. Er ist Teilhaber eines Handelspostens an der Südküste. Beliefert die Atrebates mit Wein und Töpferwaren. Auf deren Gebiet befinden wir uns derzeit. Calleva ist ihre Stammeshauptstadt, Herr. Dem Händler zufolge der einzige größere Ort.«
»Und was hatte dieser Händler in Camulodunum zu schaffen?«
»Schaute sich nach einer Möglichkeit um, sein Geschäft zu erweitern. Wie Händler das eben tun.«
»Hat er dir irgendwas Brauchbares über unsere Freunde da drüben erzählt?«
»Brauchbar, Herr?«
»Also zum Beispiel, wie loyal sie sind, wie sie kämpfen und so weiter.«
»Ach so, ich verstehe. Ich weiß nur, dass die Atrebates ihm und den anderen Händlern durchaus freundlich vorkamen. Und jetzt, wo der General den alten Verica wieder als ihren Fürsten eingesetzt hat, sollten sie auch Rom die Treue halten.«
Macro rümpfte die Nase. »Wer’s glaubt.«
6
Den folgenden Tag verbrachten sie mit der Befestigung des Hauptlagers und der Errichtung einer Reihe von Außenposten nach Norden zur Tamesis und nach Westen hin, um Einfällen der Durotriges vorzubeugen. Am Morgen nach ihrem Eintreffen näherte sich eine Reiterschar aus Richtung Calleva. Die Dienst habende Kohorte wurde sofort bei den Wällen versammelt und der Legat von der Ankunft der Berittenen in Kenntnis gesetzt. Vespasian eilte zum Wachturm und spähte, nachdem er hastig die Leiter hochgestiegen war, heftig keuchend die Böschung hinunter. Die kleine Reiterkolonne trabte ganz gelassen aufs Tor zu, und direkt hinter der Kolonnenspitze flatterten zwei Standarten, eine davon eine britische Schlange, während die andere das Zeichen einer von der Zwanzigsten Legion abgeordneten römischen Vexillatio trug.
Ein Knarren der Leiter verkündete das Eintreffen des Obertribuns der Legion. Gaius Plinius war vor kurzem in diese Position befördert worden, um Lucius Vitellius zu ersetzen, der auf dem Weg nach Rom war und eine großartige Karriere als Favorit des Kaisers vor sich hatte.
»Wer ist das, Herr?«
»Verica, nehme ich an.«
»Und die römischen Soldaten?«
»Seine Leibwache. General Plautius entsandte eine Kohorte der Zwanzigsten, um Vericas Anspruch auf den Thron mehr Gewicht zu verleihen.« Vespasian lächelte. »Nur für den Fall, dass die Atrebates ihren neuen Herrscher lieber wieder los wären. Schauen wir doch mal, was sie wollen. «
Das grob gezimmerte Tor aus Holzbalken schwang nach innen auf und ließ die Reiter ein. Auf dem matschigen Platz neben dem aufgewühlten Weg stellte sich eine hastig zusammengerufene Zenturie auf, um die Gäste zu begrüßen. An der Spitze der Kolonne ritt ein hoch gewachsener Mann mit wehendem grauen Haar. In seiner besten Zeit war Verica einmal eine beeindruckende Gestalt gewesen, doch in den langen, sorgenvollen Jahren des Exils war er zu einem gebrechlichen, gebeugten Greis dahingewelkt, der nun müde vom Pferd stieg, um Vespasian
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