Cato 03 - Der Zorn des Adlers
seinem Befehl Nachdruck zu verleihen. »Runter mit dir!«
Figulus kauerte sich wieder ins Versteck. Cato spähte so vorsichtig er nur konnte auf die freie Fläche vor dem Brunnen. Angestrengt versuchte er, irgendeine Bewegung auszumachen. Das leise Heulen des Windes behinderte das Lauschen, und so erblickte er trotz der Dunkelheit den Feind, bevor er ihn hörte. Der dunkle Umriss einer der Mauerruinen gegenüber veränderte sich, und dann kam ganz langsam ein Schatten zwischen den Steinwänden hervor. Ein Reiter. Bevor er sein Tier auf den Dorfplatz lenkte, ließ er es anhalten und saß ganz still da, als witterte er nach Gefahr. Schließlich wieherte das Pferd, hob den Huf und scharrte einen dunklen Riss in den Schnee. Darauf setzte der Brite sein Tier mit einem deutlich hörbaren Zungenschnalzen Richtung Brunnen in Bewegung. Die dunkle Gestalt ritt langsam durch das Schneegestöber, und Cato merkte ganz deutlich, dass der Reiter mit den Augen die still daliegenden Ruinen absuchte. Cato machte sich in seinem Versteck hinter der Mauer noch kleiner, behielt den Reiter aber weiter im Auge. Als dieser den Brunnen erreichte, zügelte er sein Pferd erneut und ließ es seitlich zum Brunnenrand stehen, um in den Schacht hinunterzublicken. Catos Hand klammerte sich noch fester um den Schwertgriff, und einen Moment lang war die Versuchung, die Waffe zu ziehen, beinahe übermächtig. Dann zwang er sich, die Hand vom Schwert zu nehmen. Seine Männer waren so angespannt, dass sie bei der kleinsten Geste von seiner Seite losstürmen würden. Doch sie mussten das Trompetensignal abwarten! Hortensius beobachtete den Feind von einem Grabhügel außerhalb der Siedlung, und erst wenn alle Reiter die Trümmer des Haupttors passiert hatten, würde er das Zeichen geben, die Falle zuschnappen zu lassen. Der Befehl war eindeutig: Vor dem Angriffssignal durfte sich keiner rühren. Cato wandte sich seinen Männern zu und bedeutete ihnen mit einer Geste, dass sie abwarten sollten. Er sah, wie angriffslustig sie auf dem Boden kauerten und Schilde und Speere bereithielten, eindeutig sprungbereit.
Beim Brunnen beugte der Reiter sich lässig vor und rotzte in den Schacht. Die kalte Rachsucht in Catos Innerem erglühte für Augenblicke zu einem schrecklichen, brennenden Hass, der ihm das Blut hämmernd durch die Adern jagte. Er kämpfte gegen diesen Impuls an und ballte dabei die Fäuste so fest, dass die Fingernägel sich schmerzhaft in die Handflächen gruben. Der Durotrige schien sich überzeugt zu haben, dass ihm und seinen Gefährten keine Gefahr drohte, wendete gelassen sein Pferd und trabte Richtung Haupttor davon. Cato sah seine Männer an.
»Das Signal kommt bald«, erklärte er mit leiser Stimme. »Sobald dieser Kundschafter reine Luft meldet, werden die Druiden und ihre Schergen durchs Haupttor kommen. Sie wollen ihre Beute abholen und vermutlich auch die Nacht hier verbringen. Sie werden müde sein und sich nach Ruhe sehnen. Das wird sie unvorsichtig machen.« Cato zog sein Schwert und zeigte damit auf seine Leute. »Vergesst nicht, Kinder … «
Bei dieser Bezeichnung durch den jungen Optio konnten sich einige der Veteranen ein Kichern nicht verbeißen, doch sie achteten den höheren Rang und beruhigten sich schnell wieder. Cato holte scharf Luft und verbarg seine Verärgerung.
»Vergesst nicht, dass wir hart rangehen. Wir haben Befehl, Gefangene zu machen, aber geht dabei keine unnötigen Risiken ein. Ihr wisst, wie ungern der Zenturio die Todesnachrichten für die Familien der Gefallenen schreibt. Er wird es euch nicht so schnell verzeihen, wenn ihr euch hier umbringen lasst.«
Catos Worte hatten die beabsichtigte Wirkung, die schreckliche Anspannung ließ etwas nach, und die Männer kicherten.
»Nun gut. Auf die Beine, Schilde hoch und Speere wurfbereit. «
Die Männer erhoben sich; vom Schneegestöber umwirbelt, standen sie als dunkle Gestalten da und spitzten die Ohren, um im leisen Heulen des Windes das Trompetensignal nicht zu überhören. Doch bevor das Signal ertönte, tauchten die ersten Briten aus der Richtung des Haupttors auf. Die Männer gingen zu Fuß, führten ihre Pferde und unterhielten sich zufrieden, froh, dass der lange Tagesmarsch zu Ende war. Sie traten langsam aus dem tieferen Dunkel der niedergebrannten Häuser heraus und versammelten sich vor dem Brunnen auf dem Dorfplatz. Unter Catos nervösen Blicken wurden die Plünderer immer zahlreicher, bis mehr als zwanzig Mann auf dem Dorfplatz herumwimmelten,
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