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Cato 03 - Der Zorn des Adlers

Titel: Cato 03 - Der Zorn des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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entgegen.
    »Irgendwas gefunden?«
    »Ja, Herr!« Cato konnte bei seinem Bericht seine Aufregung nicht unterdrücken: »In der Nähe des Haupttors liegt eine mit Beute gefüllte Grube. Die Bande muss die Absicht haben, auf dem Rückweg wieder hier vorbeizukommen, Herr. Vielleicht bietet sich ja die Gelegenheit, ihr eine Falle zu stellen!«
    Macro nickte ernst, blieb aber angesichts der Möglichkeit, die Plünderer in einen Hinterhalt zu locken, offensichtlich ungerührt. »Verstehe«, murmelte er.
    Catos Bedürfnis, weiter von seiner Entdeckung zu erzählen, erstarb, als er die merkwürdige Reglosigkeit in der Miene seines Vorgesetzten wahrnahm.
    »Was ist los, Herr?«
    Macro schluckte. »Hast du irgendwelche Leichen gefunden? «
    »Leichen? Nein, Herr. Keine einzige. Das ist wirklich eigenartig. «
    »Ja.« Macro verzog das Gesicht und zeigte mit dem Daumen auf den Brunnen. »Dann müssen sie wohl alle da drinnen sein.«

10

    Im Restlicht des Tages zeichnete Zenturio Hortensius sich als matte Silhouette ab, eine verschwommene Gestalt, die, die Hände auf die Steinumfassung gestützt, in den Brunnen spähte. Macro und seine Leute hielten so viel Abstand wie möglich, um den Geistern der Toten nicht zu nahe zu kommen. Diomedes hockte allein da, an die rußgeschwärzte Mauer einer Ruine gelehnt. Er hatte das Gesicht in den Händen geborgen, und sein ganzer Körper wurde vom Kummer geschüttelt.
    »Er nimmt es ein bisschen schwer«, murmelte Figulus.
    Cato und Macro wechselten einen Blick. Beide hatten die zahllosen verkrümmten, verstümmelten Leichen gesehen, die den Brunnen beinahe bis zum Rand füllten. Angesichts der Größe der Siedlung mussten es Hunderte sein. Das größte Entsetzen bereitete Cato, dass nicht ein einziges Lebewesen verschont geblieben war. In der Leichengrube lagen sogar die Hunde und Schafe der Dorfleute, ebenso die Frauen und Kinder. Das Überfallkommando hatte keinen Zweifel daran gelassen, welches Schicksal den erwartete, der sich auf Roms Seite schlug. Den jungen Optio hatte beim Blick in den Brunnenschacht eiskaltes Entsetzen erfüllt, und er war zurückgetaumelt, als seine Augen auf einen ganz kleinen Jungen fielen, der zuoberst auf dem Haufen lag. Unter einem wilden, strohblonden Haarschopf starrten zwei tiefblaue Augen weit aufgerissen aus dem Gesichtchen heraus. Der Mund des Jungen stand offen, sodass man seine weißen Milchzähne sah. Ein Speerstoß hatte ihn in die Brust getroffen, und sein raues Wollleibchen war von geronnenem Blut durchtränkt. Cato war vor der Leichengrube zurückgewichen, hatte sich umgedreht und erbrochen.
    Jetzt, eine halbe Stunde später, war ihm immer noch kalt; er fühlte sich erschöpft und ausgelaugt, nachdem er nun zum ersten Mal die absolute Unerbittlichkeit des Lebens gesehen hatte. Gewiss, mit dem Anblick des gewaltsamen Todes war er seit seinem Eintritt in die Legion vertraut. Kaum länger als ein Jahr war das her. Im Grunde eine kurze Zeit, dachte er. Die Armee hatte ihn hart gemacht, bevor er es überhaupt richtig merkte, doch im Angesicht der Bluttaten der Druiden des Dunklen Mondes überkamen ihn Verzweiflung und Schrecken. Als er über das Verhalten dieser Männer nachdachte, die jedem Maßstab von Zivilisation so ungehemmt ins Gesicht schlugen, war das Bedürfnis nach Rache fast überwältigend. Wieder zuckte das Bild des kleinen Jungen vor seinem inneren Auge auf, und seine Hand legte sich mit einem Ruck fester um den Schwertgriff. Jetzt war ebendiesen Druiden eine römische Familie in die Hände gefallen, der zweifellos dasselbe Schicksal zugedacht war wie den Bewohnern von Noviomagus.
    Macro merkte, wie aufgewühlt Cato war. Einen Moment lang war er fast versucht, dem Optio väterlich tröstend die Hand auf die Schulter zu legen. Er hatte sich an den Optio gewöhnt und vergaß manchmal, dass Cato noch wenig Erfahrung mit der gnadenlosen Brutalität des Krieges hatte. Es fiel schwer zu glauben, dass der ungelenke Bücherwurm, der damals in Germanien zusammen mit den anderen verdreckten Rekruten zur Armee gestoßen war, und der narbenbedeckte junge Offizier, der jetzt stumm neben ihm stand, dieselbe Person waren. Der Junge hatte bereits seine erste Auszeichnung erhalten: Die Phalera glänzte an seinem Panzer. An seinem Mut und seiner Intelligenz gab es keinen Zweifel, und falls er die Gefahren des Legionärslebens lange genug überstand, lag eine glänzende Zukunft vor ihm. Und doch war er fast noch ein Kind und oft von einer quälenden

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