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Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Titel: Cato 04 - Die Brüder des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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»Aber es ist nicht dasselbe, wie von Legionären beschützt zu werden. Unsere schwere Infanterie jagt den Eingeborenen eine Heidenangst ein.«
    »Möglich, aber ich kann keinen einzigen Mann entbehren. «
    »Herr …«
    »Keinen einzigen. Aber ich werde morgen beim General zusätzliche batavische Kavallerie anfordern. Bis dahin brauche ich ein vollständiges Inventar der hier gelagerten Vorräte, und dann mach alles an Wagen fahrbereit, was da ist.«
    In der Erwartung zusätzlicher Erklärungen verharrte der Nachschubzenturio einen Moment lang schweigend, doch Vespasian nickte knapp zur Tür hin und winkte den nächsten Mann herein. Vespasians Priorität war, seine Männer an der Front so schnell wie möglich mit Nachschub zu versorgen. Unterdessen ritt bereits einer der Kundschafter mit dem Befehl zur Zweiten Legion zurück, zwei Kohorten nach Calleva zu entsenden. Das mochte eine überzogene Reaktion sein, doch Vespasian brauchte die Gewissheit, dass so viele Vorräte wie möglich vom Nachschublager zur Legion gelangten. Angesichts der massiven Plünderungen des Feindes war eine stete Versorgung sonst nicht zu garantieren.
    Caratacus hatte ihn da in eine hübsche Zwickmühle gebracht: Falls er weiter vorrückte, schnitt man ihm den Nachschub ab; wenn er sich aber darauf konzentrierte, seine Nachschublinien zu schützen, geriet der Vormarsch ins Stocken. Weiter im Norden waren General Plautius’ Kräfte schon gefährlich weit auseinander gezogen, und es waren beinahe keine Männer mehr übrig, um den Geleitschutz der Wagenzüge zu verstärken oder die Zwischenstationen und insbesondere das überlebenswichtige Depot hier in Calleva angemessen zu bemannen. Das Versagen der Garnison an diesem Nachmittag zeigte deutlich, was für eine erbärmliche Qualität die Legionäre hatten, die man für diese Aufgaben entbehren konnte. Im Moment brauchte Vespasian nichts dringender als zusätzliche Männer. Gesund und durchtrainiert. Doch er musste sich erbittert eingestehen, dass er sich ebenso gut den Mond wünschen könnte.
    Dann gab es noch ein weiteres Problem. Der Kommandant der Garnison war tot. Veranius war ein durchaus passabler Offizier gewesen – zumindest für ein Kommando hinter der Front –, aber die Zweite Legion konnte es sich kaum leisten, den Feldzug gegen die Hügelfestungen um einen weiteren Zenturio zu schwächen. Die Todesrate unter den Zenturionen war wie immer hoch, da es ihre Pflicht war, den Männern in der Schlacht voranzugehen. Einige Zenturien wurden inzwischen bereits von Optios befehligt, was man ja nun keineswegs als zufrieden stellende Situation bezeichnen konnte …
    An diesem Punkt war ein Bote Vericas eingetroffen, der Vespasian aufforderte, ihn schnellstmöglich aufzusuchen.
    Von all diesen Gedanken bedrückt, schritt Vespasian durch die dunklen Gassen Callevas, immer darauf bedacht, nicht in Schlamm und Dreck auszurutschen. Hier und da fielen aus den offenen Türen von Eingeborenenhütten Pfützen von orangefarbenem Licht auf den tief ausgefahrenen Weg. Drinnen erblickte Vespasian ums Herdfeuer versammelte Familien, doch nur die wenigsten von ihnen schienen zu essen.
    Vor dem Legaten und seiner Eskorte ragte ein hohes Tor auf, und beim Klang der sich nähernden Schritte traten zwei atrebatische Krieger aus den dunklen Schatten. Sie machten ihre Speere mit den breiten, blattförmigen Spitzen stoßbereit, doch dann erkannten sie im Dämmerlicht den Legaten. Sofort traten sie zur Seite und einer der Posten zeigte auf das große, rechteckige Gebäude im hinteren Bereich der Umfriedung. Beim Überqueren des großen Vorplatzes blickte Vespasian sich aufmerksam um und registrierte die Ställe, die kleinen, strohgedeckten Lagerschuppen und einige lang gestreckte, niedrige Hütten in Fachwerkbauweise, aus denen laute, heisere Männerstimmen drangen. So also lebte der König der Atrebates – nicht zu vergleichen mit den Palästen der Könige im fernen Osten des Imperiums. Das hier war ein vollkommen anderes Zivilisationsniveau und im Grunde hätte Rom dieses Land einfach links liegen lassen können, überlegte Vespasian. Es würde sehr lange dauern, bis diese Briten einen Stand erreicht hatten, auf dem sie sich mit den weiter entwickelten Untertanen des Imperiums messen konnten.
    Zu beiden Seiten des Eingangs von Vericas großem Haupthaus erhellten leise flackernde Fackeln die Dunkelheit. In ihrem Licht sah Vespasian zu seiner Überraschung, dass das Gebäude seit seinem letzten Besuch in Calleva

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