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Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Cato 04 - Die Brüder des Adlers

Titel: Cato 04 - Die Brüder des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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von Gesichtern entlang der Palisade, die ihnen schweigend nachsahen. Die bitteren Mienen zeigten unmissverständlich, dass die Atrebates sich verraten und verkauft fühlten. Auf der Seite, wo früher der Wachturm gestanden hatte, ragte nun ein hoher Pfosten aus den verkohlten Trümmern. Darauf steckte Tincommius’ Kopf, das Gesicht so zerschlagen, dass der einst gut aussehende Prinz kaum mehr wiederzuerkennen war.
    Ein kleiner Flüchtlingszug verließ das Tor eilig in entgegengesetzter Richtung in der Hoffnung, dem unvermeidlichen Blutvergießen zu entgehen, das mit Sicherheit anstand, sobald Caratacus und seine Armee Calleva erreichten. Im Westen tauchte auf einem fernen Hügel eine Reihe winziger Reitergestalten auf, die langsam auf Calleva zurückte. Hinter ihnen kroch eine dichte, schwarze Infanteriekolonne über die Hügelkuppe. Die Durotriges, die sich am Vorabend zurückgezogen hatten, marschierten jetzt an der Seite ihrer Verbündeten. Anscheinend war auch Caratacus frühmorgens aufgebrochen. Nach Catos Einschätzung lagen beinahe fünf Meilen zwischen den gegnerischen Truppen. Kein großer Vorsprung, aber doch so, dass die Legionäre ihn in einem Eilmarsch aufrechterhalten konnten, bis sie das befestigte Lager der Zweiten Legion erreichten.
    Es dauerte nicht lange, und der Feind änderte die Richtung und hielt nun schräg an Calleva vorbei direkt auf die Römer zu. Vespasians kleine Truppe überquerte einen niedrigen Hügelkamm und marschierte nun außer Sichtweite der atrebatischen Hauptstadt. Am wolkenlosen Himmel stieg die Sonne stetig höher und kein Windhauch regte sich, so dass nur das Knirschen der Soldatenstiefel und das Quietschen und Kreischen der Wagenräder zu hören war. Der Staub, der von der vordersten Kohorte aufgewirbelt wurde, drang den weiter hinten Marschierenden in die Lungen. Am späten Vormittag brannte die Sonne erbarmungslos herunter, und den Männern, die sich wegen der Nähe zu den Verfolgern keine Pause gönnen durften, rann der Schweiß von der Stirn.
    Gegen Mittag näherte sich die Kolonne einem schmalen Tal, das am Fuße eines niedrigen, kahlen Hügels verlief. Statt wie sonst üblich der Vorhut zu folgen, ritten Vespasian und Tribun Quintillus an der Spitze der Kolonne. Der Legat hatte es eilig, seine Kräfte so bald wie möglich zu vereinigen, und wollte keine Zeit damit verschwenden, die Berichte über die Lage aus zweiter und dritter Hand zu erhalten.
    »Wir kommen gut voran«, bemerkte Quintillus im Plauderton.
    »Ja … gut«, antwortete der Legat, richtete sich dann im Sattel auf und starrte nach vorn.
    »Was ist denn, Herr?«
    Vespasian antwortete nicht, sondern ließ sein Pferd in Trab fallen und spähte mit gerecktem Hals voraus. Bald darauf konnte er deutlich erkennen, was hinter dem Hügel lag. Eine halbe Meile vor der Kolonne versperrte eine dichte Traube von Streitwagen und Kavallerie den Weg.

39

    Caratacus hatte seine beweglichen Truppenteile vorausgeschickt, obgleich er wusste, dass sie die Römer aus eigener Kraft nicht besiegen konnten. Doch das war auch nicht nötig, überlegte Vespasian mit bitterem Lächeln. Sie mussten die Legionäre nur so lange aufhalten, bis Caratacus und seine schwere Infanterie eintrafen und sich von hinten auf die römische Kolonne stürzten. Falls der Legat schnell genug reagierte, würde es ihm vielleicht gelingen, mit seiner Truppe einen Keil zu bilden, der die Blockade des Feindes durchbrach. Doch eine solche Kampfformation hatte den Nachteil der Langsamkeit, und die Eingeborenen würden sich einfach zurückziehen und die Römer mit Nadelstichen reizen, bis ihre Kameraden sie einholten und den Kampf mit ihrer Übermacht entschieden.
    »Herr?« Quintillus blickte ihn erwartungsvoll an. »Soll ich der Kolonne den Befehl zum Umkehren erteilen?«
    »Nein. Inzwischen hat Caratacus uns den Rückweg nach Calleva abgeschnitten.«
    »Und … was sollen wir jetzt tun?« Quintillus starrte auf den wartenden Feind. »Herr?«
    Vespasian beachtete den Tribun nicht mehr, wendete sein Pferd und hob den Arm: »Halt!«
    Die Vorhutkohorte blieb stehen und der Befehl wurde rasch die Kolonne entlang weitergegeben. Die Zenturien hielten an, die Wagen kamen rumpelnd zum Stillstand, und dann rührte sich nichts mehr auf dem Weg. Der Legat musterte prüfend die Landschaft und sein Auge blieb auf einem Hügel zur Rechten hängen. Er hatte entschieden, dass die Kolonne am ehesten überleben würde, wenn sie sich vor Ort verteidigte. Beim Versuch, den

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