Cato 05 - Beute des Adlers
Untergebenen herum. »Sei ruhig. Da hinten ist nichts, was für uns von Interesse wäre, verstanden? Gar nichts … also, tragen wir das Schwein zum Lager und essen.«
Die Männer sahen ihn neugierig an, bis Cato ihnen den Befehl gab, die Beute zu schultern. Er schickte einen Mann voraus, ein weiterer bildete die Nachhut, um auf mögliche Verfolger zu achten. Der Marsch verlief schweigend, und sie blieben nur stehen, um das Blut zu verwischen, das von dem hin und her baumelnden Schwein tropfte. Der Bauer durfte keinesfalls ihrer Spur folgen, wenn er herausfand, dass eines seiner Ferkel aus dem Stall geschlüpft war.
Als die letzten rosafarbenen Lichtstrahlen hinterm Horizont verschwunden waren, erlaubte Cato Metellus, ein kleines Feuer anzuzünden. Die anderen setzten sich und warteten ungeduldig und mit vor Hunger großen Augen, bis das Feuer niedergebrannt war. Dann brieten sie das Schwein im Ganzen über der roten Glut zwischen der grauen Asche. Schon bald stieg ihnen der Duft gerösteten Fleisches und das schärfere Aroma des in die Flammen tropfenden Fetts in die Nase, und sie leckten sich erwartungsvoll die Lippen. Sobald es fertig war, befahl Cato Metellus, das Fleisch vom Feuer zu nehmen und es in Portionen zu schneiden. Eifrig durchtrennte der Legionär die zähe Haut und schnitt das Fleisch von den Knochen, wobei roter Saft heraustropfte. Nacheinander setzten sich die Männer mit dem heißen Braten in den schmutzigen Händen ums Feuer und rissen große Stücke mit den Zähnen davon ab. Während sie ihre Bäuche mit warmem Schweinefleisch füllten, grinsten sie zufrieden oder zwinkerten ihren Kameraden zu.
Cato wartete, bis jeder seinen Anteil erhalten hatte. Dann nickte er Metellus zu. »Du zuerst.«
Der Legionär schnitt das Rippenstück ab, das er für sich beansprucht hatte. Als er das Messer zog, bemerkte Cato, dass die besten Stücke bereits vergeben waren und er sich mit Fleisch aus dem Rücken begnügen musste. Er setzte sich zu den anderen und hob das Stück an den Mund. Der Duft war so unwiderstehlich, dass er sofort die Zähne hineinschlug. Wie ein hungriger Bettler, der sich über die Brosamen hermacht, die bei einem üppigen Festmahl vom Tisch gefallen waren. Bei dieser Vorstellung musste er lächeln, da er inzwischen nur zu gerne mit dem Ärmsten der Armen auf den Straßen Roms getauscht hätte. Die mussten jedenfalls nicht ständig in der Angst leben, wie Hunde gejagt und zur Strecke gebracht zu werden.
Die Männer waren mit ihrer ersten Portion fertig und machten sich an dem schnell abkühlenden Schwein auf die Suche nach übrig gebliebenen Fleischfetzen. Einen Augenblick lang überlegte Cato, ob er den Männern nicht Einhalt gebieten sollte. Schließlich war die nächste Mahlzeit ungewiss, und sobald das Sättigungsgefühl verschwunden war, würden die Männer erneut grausamen Hunger leiden. Doch die Verzweiflung in den Gesichtern derjenigen, die vor dem Schwein hockten und es mit Messern und kratzenden Fingern bearbeiteten, ließ in Cato den Verdacht aufsteigen, dass dieser Befehl unter Umständen sein letzter sein könnte. Es wäre nur vernünftig gewesen, die Nahrung über mehrere Tage hinweg aufzusparen. doch der Hunger hatte den Männern jede Vernunft geraubt. Er musste zukünftig noch vorsichtiger vorgehen, wenn sie überleben wollten. Am nächsten Morgen waren von dem Schwein nur noch Knochen und Knorpel übrig. Den Kopf mit dem grinsenden Gebiss und die Füße kochten sie am Abend darauf. Cato lehnte seinen Anteil ab, damit jeder andere eine größere Portion bekam. Doch dann war nichts mehr da, und schon bald schlich sich der Hunger wieder in ihre Mägen.
Das ist jetzt zwei Tage her, dachte Cato beim Aufwachen. Er verzog aufgrund der Schmerzen in seinem leeren Bauch das Gesicht. Er lag auf der Seite im Schatten eines Baumes neben ihrem spartanischen Lager.
Er drehte sich auf den Rücken und kniff die Augen angesichts der Sonnenstrahlen zusammen, die durch die leise raschelnden Blätter drangen. Die Mittagsstunde war bereits vorüber. Cato hätte noch länger schlafen können, schließlich hatte er die Nacht über Wache gehalten. Und es gab ja auch nicht viel zu tun. Der quälend langen Wartezeit auf die Patrouille folgte ein kurzer Moment freudiger Erwartung. Vielleicht hatten sie ja diesmal etwas zu essen gefunden. Doch diese Vorfreude wurde schnell von der verzweifelten Erkenntnis abgelöst, dass sie eine weitere Nacht mit leerem Magen verbringen mussten.
Die Späher
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