Cato 08 - Centurio
Handgelenk und tastete nach seinem Puls, doch der war nicht mehr zu spüren.
»Er ist verletzt.« Macros Stimme zitterte. »Vater, er ist verletzt! Du musst ihm helfen!«
Amatus legte seinem Sohn den Arm um die Schultern und zog ihn an sich. »Dafür ist es zu spät, mein Sohn …«
»Nein! Hilf ihm!«, sagte Macro verzweifelt. »Bitte.«
»Er ist tot«, sagte Amatus einfach und verdrehte dann den Kopf ein bisschen, um die Worte auf dem Schild im Mondlicht lesen zu können. Durch seinen Tod begleicht Sextus seine Schuld …
Zwei Tage darauf wurde Onkel Sextus unter schwer niederhängenden Wolken eine Meile vor der Stadtmauer an der Via Appia begraben, der großen Straße, die von Rom nach Kampanien führte. Über eine Meile lang war die Straße von den Mausoleen wohlhabender Familien gesäumt, und dahinter erstreckten sich die schlichteren Grabsteine und Gräber der gewöhnlichen Römer. Die in ein Tuch gehüllte Leiche war seitlich gebettet und lag in einem Gemeinschaftsgrab. Über der Leiche standen Amatus und sein Sohn – die einzigen Trauernden. In der Grube lagen bereits mehrere Leichen. Der Gestank war überwältigend. Es würde noch eine Weile dauern, bis das Grab so weit mit Leichen gefüllt war, dass die Sklaven es zuschütteten und ein Stück weiter die Straße hinunter ein neues öffentliches Grab aushoben. Amatus hatte gehofft, eine richtige Bestattung mit gemieteten Klageweibern und einem Scheiterhaufen abhalten zu können, aber die Hitze hatte den Zerfall der Leiche beschleunigt, die sie in den Lagerraum gelegt hatten. Die Kunden hatten sich über den Gestank beschwert, und Amatus war gezwungen gewesen, für eine schnelle Beerdigung zu sorgen.
Amatus legte seinem Sohn den Arm um die Schulter und zog ihn an sich. Er hatte ihn schon seit einigen Jahren nicht mehr so gehalten, und trotz seiner Trauer und der lautlosen Schluchzer, die ihn schüttelten, merkte er plötzlich, dass Macro die Statur und die kräftige Muskulatur eines jungen Mannes hatte. Er war nicht mehr der kleine Junge, der ihm auf dem Fischerboot mit den Netzen geholfen hatte. In diesem Moment fühlte Amatus sich zum ersten Mal alt. Seine Eltern waren vor Jahren gestorben. Portia, seine Frau, hatte ihn vor über einem Jahr verlassen, und nun war Sextus tot. Macro war jetzt seine Familie, und Amatus hielt ihn fest an sich gedrückt, als sie schweigend über dem Grab standen.
Macro spürte, wie ihm etwas auf den Kopf fiel. Er blickte auf und blinzelte, als ihn ein weiterer Regentropfen auf die Stirn traf. In der Ferne zuckte Licht auf, und kurz darauf rollte Donner.
»Vater, wir müssen gehen.«
Amatus wandte sich ihm zu und sah ihn geistesabwesend an. »Gehen?«
»Ein Unwetter zieht auf.« Macro legte seinem Vater den Arm um die Taille und schob ihn auf die Straße zu, die zum Stadttor führte. »Wir müssen hier verschwinden, bevor es richtig anfängt.«
Amatus nickte und ließ sich vom Grab wegführen. Er blickte sich ein letztes Mal nach der verhüllten Leiche seines Bruders um. Als sie das Stadttor erreichten, prasselte der Regen auf sie nieder, gelegentlich von den silbrigen Garben der Blitze durchzuckt, die die schwarzen Wolken über ihnen spalteten.
Zunächst hatte Macro die Reaktion seines Vaters auf
den Mord an Sextus verstört. Der strenge, hart arbeitende Wirt war zu einem trauernden Wrack geworden, und Macro hatte sich alleine um die Taverne kümmern müssen, eine Aufgabe, die er zwei Tage lang recht gut erledigt hatte. Als er jetzt seinen Vater durch das Stadttor steuerte, kam es ihm so vor, als wären ihre Rollen irgendwie vertauscht. Gleichzeitig spürte er, vom Regen übergossen, wie ihm ein Ziel vor Augen trat, und ein Entschluss formte sich in seinem Herzen. Als sie bei der Taverne ankamen und wie üblich für den Abend öffneten, wusste Macro, was er tun musste. Er wusste nur noch nicht, wie.
An diesem Abend waren nur wenige Gäste gekommen, was zum Teil am Regen lag, der auf die Stadt niederging, aber größtenteils daran, dass die Anwohner von Sextus’ Tod erfahren hatten und sich vor dem Ort des Mordes fürchteten, da sein Geist dort umgehen mochte.
Während Amatus auf seiner Matratze saß und die Wand anstarrte, bediente Macro in der Schenke. Ein wohlbekannter Mann kam in die Kneipe, grüßte mit einem Nicken und hinkte auf ihn zu. »Ich habe das von deinem Onkel gehört«, sagte Draba barsch. »Es tut mir leid. Er war ein guter Mann.«
»Danke.«
Der alte Gladiator kratzte sich das stopplige
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