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Cato 09 - Gladiator

Cato 09 - Gladiator

Titel: Cato 09 - Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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Überlebenden den Reitern nach, und Cato hatte ein schlechtes Gewissen, weil er Sempronius folgte und den leidenden Menschen, welche die Straße nach Gortyna Meile um Meile säumten, einfach keinerlei Beachtung schenkte.
    Als der Abend dämmerte, hielt Sempronius am Rande eines kleinen Dorfes an, um den Pferden eine Ruhepause zu gönnen. Kein einziges Haus hatte das Erdbeben unbeschadet überstanden, und es lag eine geradezu unheimliche Stille über den Gestalten, die sich irgendwo eine Zuflucht für die Nacht gesucht hatten. Der einzige Laut war ein leises Schluchzen, das aus den Ruinen eines nahen Bauernhofes drang. Cato band sein Pferd an einem Baumstumpf fest und näherte sich dem Ursprung des Weinens.
    »Cato!«, rief Sempronius ihm leise nach. »Entferne dich nicht zu weit.«
    Cato nickte und ging vorsichtig weiter. Im Halbdunkel machte er die Umrisse einer eingestürzten Wand und der auf dem Boden verteilte Ziegel aus. Das Weinen war jetzt deutlicher zu hören. Als er sich an einem der Steinblöcke niederkauerte, nahm er unter den Ziegeln eine Bewegung wahr. Er beugte sich vor und hob den obersten Ziegel ab. Jemand schrie erschreckt auf, dann erblickte Cato den Oberkörper eines höchstens zweijährigen Kindes, das auf dem Rücken lag. Der von Blutergüssen entstellte blasse Körper war mit Dreck und Blut verschmiert. Ein Ziegel hatte das Kind am Kopf getroffen und einen Keil in den Haarschopf geschlagen, der an der einen Seite mit schwarzem, klebrigem Blut verkrustet war. Es sah Cato wimmernd und mit weit geöffneten blauen Augen an.
    »Ich tu dir schon nichts«, sagte Cato mit sanfter Stimme. »Schhhh, alles gut.«
    Er räumte die Trümmer vom Oberkörper weg, dann sah er die große Steinplatte, welche die Beine bedeckte. Er hob sie an und stellte fest, dass das Kind ein Knabe war. Als der Druck vom Unterleib und den Beinen genommen wurde, schrie der Junge auf, ein durchdringender Schmerzensschrei. Cato schleuderte die Platte beiseite und ergriff die Hand des Jungen.
    »So, jetzt ist das Ding weg. Ganz ruhig. Schhhh.« Als sein Blick nach unten wanderte, hätte er sich beinahe übergeben. Die Steinplatte hatte Unterleib und Beine des Knaben zertrümmert; Knochensplitter ragten aus dem blutigen Fleisch.
    Der Junge schrie auf und begann krampfhaft zu zittern. Cato löste die Schließe seines Umhangs und deckte das Kind zu, schob ihm das zusammengebauschte Ende als Kissen unter den Kopf. Der Knabe umklammerte Catos Finger mit erstaunlicher Kraft, bis sein Schreien erstarb und er keuchend zu Cato hochschaute. Knirschende Schritte näherten sich durch den Schutt. Cato blickte zu Sempronius auf, der nachsehen kam, was es mit dem Schreien auf sich hatte.
    »Was gibt es?«
    »Ein verschütteter Junge.« Cato rückte beiseite, damit der Senator freie Sicht hatte. »Er war halb unter der Wand begraben.«
    »Wie geht es ihm?«
    Cato schluckte den bitteren Geschmack in seinem Mund hinunter, die Kehle schnürte sich ihm zu. »Seine Beine sind gebrochen.«
    »Verstehe … Wird er überleben?«
    Der Centurio zögerte. Er hätte gern gesagt, dass der Junge überleben und wieder gesund werden würde. Doch das wäre gelogen gewesen. Selbst wenn er wie durch ein Wunder überleben sollte, würde er ein Leben lang verkrüppelt bleiben. Niemand war gekommen, um ihn zu retten. Cato betrachtete die Ruinen des Hauses hinter der eingestürzten Mauer, wo vermutlich der Rest seiner Familie verschüttet war. Dann blickte er wieder auf das Kind und rang sich ein Lächeln ab, während er dem Senator leise antwortete.
    »Ich bezweifle, dass er die Nacht überleben wird, wenn wir ihn hier lassen, Herr. Es ist ein Wunder, dass er überhaupt noch lebt. Wenn er versorgt würde, könnte er es schaffen. Der Wundarzt der Zwölften Hispania könnte ihn retten, aber er würde beide Beine verlieren.«
    Sempronius musterte Cato mit zusammengekniffenen Augen, dann sagte er bedächtig: »Schade, dass wir ihn nicht nach Matala zurückbringen können.«
    »Warum nicht? Wir bräuchten nur zwei Stunden für die Strecke.«
    »Zwei Stunden hin, zwei zurück, da es bald dunkel ist, eher drei. Tut mir leid, Cato, wir können es uns nicht leisten, nach Matala zurückzukehren. Wir müssen weiterreiten.«
    »Warum?« Cato blickte zu Sempronius auf. »Wir sollten zuallererst dem Jungen helfen.«
    »Dafür haben wir keine Zeit. Lass ihn liegen, dann reiten wir weiter.«
    »Ihn liegen lassen?« Cato schüttelte den Kopf. »In diesem Zustand? Dann ist er

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