Cato 09 - Gladiator
quadratisch, durchbrochen von Fensterreihen. Darauf erhob sich ein achteckiger Abschnitt und schließlich der letzte und kleinste mit rundem Querschnitt. Das Feuer brannte ganz oben, und darüber funkelte der gewaltige Messingreflektor. Winzige weiße Flecken umwogten die Spitze des Leuchtturms, denn einer der Wächter fütterte gerade die Möwen mit Nahrungsresten. Cato und die anderen Römer staunten. In ihrem ganzen Leben hatten sie dergleichen noch nicht gesehen, nicht einmal in Rom, das von großartigen Gebäuden nur so strotzte. Yannis lachte über ihre ehrfürchtigen Gesichter.
»Man kommt sich ganz schön klein daneben vor, nicht wahr? Seid ihr euch auf einmal nicht mehr so sicher, dass Rom der Nabel der Welt ist?«
»Ich hatte keine Ahnung, wie großartig das ist«, gab Cato zu. »Wie hat man das nur gebaut?«
Er war im Bewusstsein römischer Allmacht aufgewachsen. Rom war die größte Stadt, seine Bewohner die großartigsten Menschen und seine Götter die mächtigsten. Er war nicht so töricht gewesen, diese Selbstgefälligkeit für bare Münze zu nehmen, doch er war im Imperium weit herumgekommen, von Britannien bis Palmyra, und hatte nichts gesehen, was es mit der römischen Pracht hätte aufnehmen können. Bis jetzt.
Das Boot kam an der Spitze der Insel Pharos vorbei, und kurz darauf änderte Yannis den Kurs und steuerte den hinter dem Leuchtturm gelegenen Hafen an. Der Wind wehte jetzt querab, und das Boot krängte, als Yannis das Hauptsegel richtete. Die meisten Boote drängten sich an der rechten Seite, und eine Flotte großer Schiffe kam geradewegs auf sie zu. Yannis änderte abermals den Kurs und wich ihnen aus.
»Die Getreideflotte«, erklärte er.
Cato nickte und musterte aufmerksam die Schiffe. Sie waren ähnlich gebaut wie die Horus , jedoch in größerem Maßstab, und die hohen Seitenwände waren bauchiger. An den Mastspitzen flatterte ein roter Stander. Er beobachtete, wie sie gravitätisch die leichte Dünung teilten, die sich an Bord kaum bemerkbar machte. Jedes Schiff hatte Korn geladen, das für Rom bestimmt war, wo es in den nächsten Monaten die einfachen Leute ernähren würde, während die Flotte nach Alexandria zurückkehrte, um neue Fracht zu übernehmen. Seit Kaiser Augustinus Ägypten annektiert und es zu einer römischen Provinz gemacht hatte, waren die vom großen Nil bewässerten fruchtbaren Felder der Brotkorb Roms geworden. Unglücklicherweise hatte der Pöbel sich an das kostenlose Brot gewöhnt, und die nachfolgenden Kaiser hatten es nicht gewagt, den Almosen ein Ende zu machen, ganz gleich, wie viel es sie kostete.
Der Kurs der Flotte und der des Fischerboots strebten auseinander, als Yannis das Boot auf den kleinen Hafen zusteuerte, der geschützt hinter der Halbinsel lag. Eine Flotte römischer Kriegsschiffe lag dort vor Anker, dahinter führten Treppen und Rampen zu einer großen Palastanlage hoch.
»Das ist der alte königliche Hafen«, sagte Yannis. »Die Paläste wurden von den Ptolemäern erbaut. Abgesehen von dem da rechts. Das ist die Große Bibliothek.«
Cato betrachtete das Gebäude. Er hatte es zunächst für einen weiteren Palast gehalten, doch bei genauerem Hinsehen bemerkte er die Menschenscharen, die unablässig durch den überwölbten Eingang strömten. Auch auf den Balkonen der oberen Stockwerke waren Menschen, die Schriftrollen lasen oder sich in kleinen Gruppen unterhielten.
Als sich das Fischerboot einer der ins Wasser vorspringenden Rampen näherte, löste Yannis die Schot des Hauptsegels und übergab sie zwei von Catos Männern. »Ihr lasst los, wenn ich es sage.«
Er schätzte sorgfältig ihre Annäherungsgeschwindigkeit ab, und als das Boot nur noch fünfzig Fuß Abstand zum Land hatte, rief er: »Loslassen!«
Das Segel begann zu flattern, und das Fischerboot wurde rasch langsamer. Bevor es auf Grund lief, legte Yannis Ruder, worauf das Boot herumschwenkte und mit dem Bug sanft gegen die dicht unter der Wasseroberfläche liegende steinerne Rampe stieß. Ihr Anlegemanöver war von einigen Posten beobachtet worden, welche die Treppen zum Palast bewachten. Eine von einem Optio befehligte Abteilung Legionäre kam die Rampe herabgeeilt.
»Was soll denn das?«, rief der Optio. »Ihr Hinterwäldler dürft hier nicht anlegen. Das ist verboten. Nur für Armeeangehörige, also verpisst euch.«
Cato wurde zornig. Nach acht Tagen fast ohne Schlaf, eingesperrt auf einem Fischerboot, brannte er darauf, endlich wieder trockenen Boden unter den
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