Cato 09 - Gladiator
konnte. Allerdings war er für seine Größe erstaunlich beweglich und duckte sich unter dem Speer hindurch. Ajax wich einen Schritt zurück und verschaffte sich mit einem kurzen Seitenblick einen Überblick über das Gefecht. Hinter dem vor ihm befindlichen Mauerabschnitt verteilten sich immer mehr Männer entlang der Mauer. Auf den Straßen strömten Soldaten zur Mauertreppe. Ajax wurde klar, dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb. Wenn nicht rechtzeitig eine nennenswerte Anzahl von Aufständischen auf die Mauer gelangte, würde der Angriff scheitern.
Der Optio schlug mit dem Schwert gegen den Schildrand. »Hast du schon genug?«, höhnte er.
Ajax musste unwillkürlich lachen. Davon ließ sich selbst der unerfahrenste Gladiator nicht beeindrucken. Er rückte wieder vor, entschlossen, den Mann zu besiegen, um Chilo und seinen Männern den Weg freizumachen. Der Optio hob den Schild, um den nächsten Speerstoß abzuwehren. Ajax täuschte hoch an und zwang den Römer, den Schild noch höher zu heben, dann ließ sich der Gladiator auf ein Knie nieder, neigte seinen Schild vor und rammte dem Gegner die Kante gegen das vorgestellte Schienbein. Es knackte laut, und der Optio brach zusammen, brüllend vor Schmerz und Zorn. Ajax richtete sich auf, stach zu und traf den Mann in der Achselgrube. Der Speer bohrte sich durch die Brust. Ajax setzte den Fuß auf den Römer, riss die Speerspitze heraus und stieg über den Mann hinweg. Jetzt, da der Optio gefallen war, wichen die anderen Römer zurück zu ihren Kameraden, die ihnen zu Hilfe gekommen waren.
Der Gladiator warf einen Blick über die Schulter. Mindestens zehn seiner Männer befanden sich inzwischen auf der Mauer, darunter auch Chilo. Als drei von ihnen ihm nachgelaufen kamen, trat Ajax in die Brustwehr zurück und machte ihnen Platz.
»Beschäftigt sie!«, befahl er. »Lasst euch nicht zurückdrängen.«
Er ging ein paar Schritte zurück und deutete aufs Pförtnerhaus. »Da lang! Die Leute sollen da runtergehen. Wir müssen das Tor einnehmen, schnell!«
Chilo nickte und rief seinen Männern zu: »Mir nach!«
Mit mehreren Mitstreitern rannte Chilo auf die offene Tür zu, die vom Wehrgang ins Pförtnerhaus führte. Er war nur noch eine Speerlänge von der Öffnung entfernt, als ein Römer hervortrat und die Aufständischen auf sich zustürmen sah. Im nächsten Moment prallte Chilo gegen ihn und stürzte mit ihm durch den Eingang ins Pförtnerhaus. Seine Männer drängten hinterher, das Geschrei und das Klirren der Schilde und Klingen drangen bis zu Ajax herüber. Er hatte den blutigen Speer bereits in die Schildhand genommen, half einem Mann über die Brüstung und versetzte ihm einen Stoß in Richtung Pförtnerhaus. »Los!«
Während er auf den nächsten Mann wartete, warf er einen Blick zur Seite und stellte fest, dass nur noch zwei Leitern angelegt waren. Das Stiefelgepolter auf den Straßen war ohrenbetäubend laut. Immer mehr Römer strömten zu dem gefährdeten Mauerabschnitt, und da wurde Ajax klar, dass sie nicht genügend Männer auf die Mauer bekommen würden, um lange durchzuhalten. Einer der drei Männer, die den Wehrgang halten sollten, war in der Seite verletzt und krümmte sich vor Schmerzen. Seine Kameraden wurden zurückgedrängt, und dann war der Mann am Boden auch schon tot, abgestochen vom vordersten Verteidiger, der achtlos über ihn hinwegtrat.
Als der nächste Mann über die Brüstung kletterte, fasste Ajax ihn beim Arm. »Komm mit!«
Er eilte den beiden Männern zu Hilfe, die einer überwältigen Übermacht gegenüberstanden. Zu viert würden sie vielleicht so lange standhalten, bis Chilo das Pförtnerhaus eingenommen hatte. Die Schilde den Römern zugewandt, standen sie ihren Mann und stachen mit den Speeren auf die Verteidiger ein. Ein weiterer Römer ging zu Boden, fasste sich an den Hals und stürzte von der Mauer. Dann rückte der Gegner Schild an Schild vor und drängte die Aufständischen keuchend vor Anstrengung zurück. Schritt um Schritt mussten Ajax und die anderen zurückweichen, vorbei an der zweiten verbliebenen Leiter. Dann brach einer seiner Männer zusammen, getroffen von einem Kurzschwert, das ein Römer durch die Lücke zwischen den Schilden hindurchgestoßen hatte. Der vom Pförtnerhaus heranbrandende Kampfeslärm wurde immer lauter, dann hörte er, wie Chilo den Rückzug anordnete.
»Nein!«, brüllte Ajax mit sich überschlagender Stimme. »Chilo! Halt durch!«
Seine Stimme aber wurde übertönt vom lauten Ruf eines
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