Cato 09 - Gladiator
römischen Offiziers. »Tötet die Schweine! Macht sie nieder! Los, Leute, mir nach!«
Jemand rempelte Ajax an; ein weiterer Mann hatte die Leiter erklommen und schloss sich dem verzweifelten Kampf an. Ajax ließ ihn seinen Platz einnehmen, dann ging er nachsehen, wie es um Chilo stand. Als er feststellte, dass eine neue Welle von Römern die Aufständischen aus dem Pförtnerhaus getrieben hatte und sie zur letzten verbliebenen Leiter zurückdrängte, krampften sich ihm die Eingeweide zusammen. Der Kampf war verloren, und er wusste sogleich, was er tun musste, um seine Männer zu retten.
Er beugte sich über die Brüstung: »Zurück! Lasst euch zurückfallen!«
Die emporgewandten Gesichter waren im verblassenden Feuerschein der brennenden Lumpenbündel undeutlich zu erkennen, und die sich darin abzeichnende Verzweiflung schnitt ihm wie ein Messer ins Herz, doch er konnte nichts weiter tun. »Zurückfallen lassen, hab ich gesagt!«
Die vordersten Männer machten kehrt und zogen sich zum Graben zurück.
»General!« Chilo näherte sich ihm keuchend, das Gesicht mit Blut bespritzt. Mit dem Kinn wies er auf die letzte Leiter. »Du zuerst.«
Einen Moment lang war Ajax versucht, sich zu weigern, dann gewann bei ihm kühle Überlegung die Oberhand. Der Angriff war gescheitert, und seine Männer brauchten ihn lebend. »Ist gut. Aber du kommst mir mit den anderen so schnell wie möglich nach.«
»Zu Befehl, General.«
Ajax schwang sich über die Brüstung und tastete mit den bloßen Füßen nach der obersten Leitersprosse. Er ließ den Speer fallen und kletterte nach unten. Der erste von Chilos Männern folgte ihm sogleich nach.
»Lasst sie nicht entkommen!«, übertönte der römische Offizier den Kampfeslärm. Vom Klang seiner Stimme krampften sich Ajax die Eingeweide zusammen. Er blickte nach oben und knurrte mit zusammengebissenen Zähnen: »Macro …«
Einer nach dem anderen kletterten seine Männer die Leiter hinunter und flohen durch den Graben. Von der anderen Seite war lautes Wehgeschrei zu vernehmen; offenbar waren einige Männer in der Eile auf Fußangeln getreten. Chilo landete neben ihm auf dem Boden.
»Bist du der Letzte?«
»Zwei sind noch oben.«
Für sie konnte man nichts mehr tun. Ajax klopfte Chilo auf die Schulter. »Dann los.«
Sie machten kehrt und rannten auf den Graben zu, während auf der Mauer klirrend Waffen zusammenprallten. Dann dröhnte eine Stimme:
»AJAX!«
Er hielt inne und blickte sich um. Im Schein einer Fackel, die ein Stück weiter an der Mauer brannte, sah er den römischen Centurio. In der Rechten hielt er einen Wurfspeer und zielte damit auf den Anführer der Sklaven. Ächzend schleuderte er die Waffe. Er hatte gut gezielt, der dunkle Schaft flog Ajax entgegen. Ehe er reagieren konnte, prallte jemand gegen ihn und warf ihn um. Es hörte sich an, als werde eine Spitzhacke in feuchten Sand getrieben, dann entwich zischend Luft. Mit der Geistesgegenwart des Gladiators rollte Ajax sich in die Hocke. Zu seinen Füßen lag Chilo, die Finger um den Schaft gekrampft, der in seinem Bauch steckte und ihn an den Boden genagelt hatte.
»General! Lauf!«, stöhnte er.
Ajax packte den Schaft und riss ihn heraus. Dann warf er sich Chilo über die Schulter, rutschte in den Graben hinunter, rannte hindurch und kletterte an der anderen Seite wieder hinauf. Auf der Mauer wurde laut gerufen.
»Steht nicht herum, ihr faulen Säcke! Schnappt ihn euch!«
Als Ajax über den Rand des Grabens kletterte, schlug dicht neben ihm ein Speer ein. Weitere Speere folgten, während er weitertaumelte und gleichzeitig am Boden nach Fußangeln Ausschau hielt. Als der Gefahrenbereich hinter ihm lag und er sich außer Speerwurfweite befand, ließ er sich zu Boden sinken und legte Chilo ins Gras. Chilo wälzte sich mit einem Schrei auf den Rücken und betastete die Wunde.
»O verdammt, tut das weh«, flüsterte er.
In der Nähe machte Ajax ein paar seiner Leute aus. »Hierher, schnell!«
Obwohl sie die Stimme ihres Generals erkannten, zögerten sie kurz, bevor sie dem Befehl nachkamen. Ajax zeigte auf den verwundeten Chilo. »Bringt ihn ins Hauptquartier und lasst Kharim holen. Verstanden? Dann ab mit euch!«
Die Männer hoben Chilo hoch und verschwanden im Dunkel der Nacht. Mit hämmerndem Herzen und schwer atmend blickte Ajax sich zur Stadtmauer um. Der Helmbusch des Centurios zeichnete sich auf der Brustwehr deutlich ab. Jemand pfiff höhnisch, dann johlten die Soldaten. Ajax spuckte aus.
»Macro!«
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