Cato 09 - Gladiator
wegkommt!«
Als er auf sie zuging, sprangen die Kinder auf und stürzten davon. Ajax näherte sich dem Käfig, eine Eisenkonstruktion von sechs Fuß Höhe und drei Fuß Breite. Die Gefangenen hatten nicht viel Platz und waren dem Wetter ungeschützt ausgesetzt. Nachts zitterten sie in der Kälte, tagsüber schmorten sie in der prallen Sonne. Man hatte ihnen die Kleidung abgenommen, so dass sie in ihrem eigenen Dreck hockten. Ajax hatte Befehl gegeben, sie nicht anzurühren und ihnen gerade so viel zu essen und zu trinken zu geben, dass sie am Leben blieben. Der Gestank ihrer Exkremente stieg ihm in die Nase, als er die Hand auf den Käfig legte und die beiden Gefangenen musterte, einen Mann und eine Frau, die einander gegenüber hockten.
»Wie geht es meinen Gästen denn heute?«
Der Mann schaute wortlos hoch, die Frau zog die Knie an und sah angestrengt zu Boden. Ajax lächelte.
»Ach, so schlecht ist die Unterbringung doch gar nicht. Wisst ihr, als ich in die Sklaverei verkauft wurde, habe ich den ersten Monat in einem viel kleineren Käfig zugebracht, zusammen mit zwei anderen Männern. Ich glaube, ihr könnt euch jetzt vorstellen, wie das gewesen ist. Aber sich etwas vorzustellen ist nicht das Gleiche, wie es zu ertragen, wie ihr seht.«
Die Gefangenen reagierten nicht. Ajax musterte sie noch einen Moment, dann rutschte die Frau herum und wandte ihm den Rücken zu. Ajax lachte, ging in die Hocke und blickte dem Mann ins Gesicht. Sein dunkles Haar war blutverkrustet, da er bei seiner Gefangennahme einen Schlag auf den Kopf abbekommen hatte.
»Was macht dein Kopf, Centurio? Oder soll ich dich lieber Präfekt nennen?«
Macro gab keine Antwort.
»Seit unserer ersten Begegnung hast du dich offenbar gut gemacht. Damals warst du Centurio bei der Marine, und schau dich jetzt an. Der Befehlshaber der Garnison von Gortyna. Freilich wird dein Aufstieg noch durch den meinen in den Schatten gestellt. Vom Sklaven zum General in wenigen Tagen.«
»Ein schöner General.« Macro spuckte aus. »Du bist nichts weiter als ein Räuber. Und dieses Lumpenpack nennst du eine Armee?« Er wies mit dem Kinn zum Feldlager.
»Ach, wir haben uns gar nicht so übel geschlagen. Und man kann auch nicht behaupten, dass ihr Römer euch seit Beginn des Aufstands mit Ruhm bekleckert hättet. Meinst du nicht auch?«
Macro erwiderte seinen Blick. »All das kann nur auf eine Art enden, das sollte dir klar sein. Eine Armee wird nach Kreta kommen und dich und deine Anhänger vernichten. Bislang hattest du es nur mit Soldaten der Hilfskohorten zu tun, mit Kämpfern zweiter Wahl. Gegen Legionäre bist du machtlos.«
»Wir werden sehen«, entgegnete Ajax. »Bis dahin bin ich der Herr von Kreta. Oder werde es sein, sobald Gortyna eingenommen ist und der Senator euch im Käfig Gesellschaft leistet.«
»Was hast du mit uns vor?«, fragte Macro leise. »Als Geiseln nützen wir dir nichts, das sollte dir eigentlich klar sein. Sempronius wird sich auch dann nicht ergeben, wenn du versprichst, uns zu verschonen.«
»Das weiß ich. Ich habe ihm gestern das Angebot unterbreitet, und er hat abgelehnt.« Ajax wandte sich Julia zu. »Nicht gleich, das wird dich freuen zu hören. Es war ihm anzumerken, dass er mit sich gerungen hat. Es ist nicht leicht, eine Tochter zu verlieren … oder einen Vater.« Er sah sich zum Bauernhof um. »Oder einen Freund.«
Macro sah in die gleiche Richtung. »Der Mann, der dir das Leben gerettet hat. Wo ist er?«
Ajax atmete scharf ein und funkelte Macro an. »Liegt im Sterben oder ist schon tot. Weshalb fragst du?«
»Wenn ich auf dem Schlachtfeld jemanden töte, ist das nichts Persönliches«, erklärte Macro. »Aber wir sind nicht mehr auf dem Schlachtfeld. Er war tapfer. Sein Verhalten war bewundernswert. Es täte mir leid zu hören, dass er tot ist.«
»Ach ja, der Respekt unter Soldaten. Aber übersiehst du da nicht etwas? Mein Freund war ein Sklave, kein Soldat.«
»Ob Sklave oder Soldat, was macht das schon?«, entgegnete Macro matt. »Wenn ein Mann zur Waffe greift und einem einen guten Kampf liefert, ist das alles, was zählt. Das solltest du doch eigentlich verstehen, Gladiator.«
»Nenn mich nicht so!«, entgegnete Ajax heftig. »Ich bin kein Gladiator mehr, Römer. Ich kämpfe für mich selbst und für meine Leute. Ich würde lieber sterben, als noch einmal den Pöbel zu unterhalten.«
Es entstand ein kurzes Schweigen. Ajax bemühte sich, seines Zorns Herr zu werden. Die Versuchung, das Schloss
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