Cato 09 - Gladiator
Gelegenheit dazu hattest.«
Ihre Bemerkung machte Macro ein schlechtes Gewissen. Es gab Momente, da auch er wünschte, er hätte Julia mit einem raschen Schwerthieb getötet und dann die Klinge gegen sich selbst gewendet. Gleichzeitig verachtete er sich dafür, auch nur daran gedacht zu haben, denn es bestand immer noch die Möglichkeit, und sei sie noch so unwahrscheinlich, dass sie entkommen und sich rächen könnten. Er räusperte sich. »Ich hätte es getan, aber ich wurde niedergeschlagen, bevor ich es tun konnte. Vielleicht haben uns die Götter ja aus gutem Grund verschont.«
»Meinst du wirklich? Welcher Grund sollte das sein? Wollen sie sehen, wie lange wir das ertragen?« Julia lachte trocken auf, dann hustete sie und verstummte. Schließlich fragte sie verzagt: »Glaubst du, Cato wird mich noch haben wollen, wenn wir das hier überleben sollten?«
»Aber natürlich! Wie kannst du nur daran zweifeln?«
Sie biss sich auf die Lippen und blickte an sich hinunter. »Schau mich doch an. Ich bin abstoßend. Ich bin ein Stück Dreck. Der … Dreck ist so tief in mich eingedrungen, dass ich für alle Zeiten stinken werde.«
»Das ist nichts, was sich mit kräftigem Schrubben nicht beheben ließe«, entgegnete Macro leichthin. »Du wirst schon sehen. Wenn alles vorbei ist, nimmst du ein Bad, schrubbst dich ab, genehmigst dir eine warme Mahlzeit, und schon sieht die Welt wieder ganz anders aus. Und dann wird Cato auf dich warten. Dein Anblick wird Balsam für seine schmerzenden Augen sein.«
»Es gibt Dinge, bestimmte schmutzige Dinge, die sich mit Wasser nicht abwaschen lassen, Macro.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Ich bin nicht naiv, weißt du.«
»Dafür habe ich dich auch nie gehalten.«
»Dann versuch nicht, mich aufzumuntern. Falls – wenn – der Moment kommt, da Ajax unserer überdrüssig ist, wird er uns foltern, nicht wahr?«
Macros Schweigen sagte Julia genug. »Ich habe die Wachposten belauscht«, fuhr sie fort, »eines Abends nach unserer Gefangennahme. Sie haben sich über eine Frau unterhalten, die vor uns in dem Käfig eingesperrt war. Die Frau des Hirtius. Als Ajax ihrer überdrüssig war, hat er sie seinen Männern überlassen.« Julia schüttelte sich. »Sie haben sich die ganze Nacht lang mit ihr vergnügt, auf jede erdenkliche Weise. Schließlich hat sie sie angefleht, sie zu töten, aber die Männer haben weitergemacht, bis sie schließlich verblutet ist. Macro, das will ich nicht. Selbst wenn ich es überleben sollte, könnte ich nie mehr mit einem Mann zusammen sein. Niemand könnte mich haben, auch nicht Cato. Ich wäre entehrt, und er würde sich angewidert von mir abwenden.« Sie bezähmte ihre aufwallenden Gefühle und sagte so leise, dass Macro sie kaum verstand: »Ich könnte alles andere überleben, aber nicht das. Cato zu verlieren würde ich nicht ertragen.«
»Du unterschätzt ihn, Herrin. Cato ist kein vertrottelter Vertreter der Oberschicht. Er besitzt ein tief verwurzeltes Ehr- und Mitgefühl. Zu Anfang habe ich versucht, ihm das auszutreiben, aber er war ein ausgesprochen zäher Bursche. Ist er immer noch. Er liebt dich, und wenn er dich wiederfindet, wird das alles sein, was zählt.«
»Glaubst du wirklich?« Sie sah ihm hoffnungsvoll in die Augen.
»Ich weiß es. So, genug geweint.« Macro deutete mit dem Kinn zu einer Gruppe von Aufständischen, die sich um ein Lagerfeuer versammelt hatten, über dem sich langsam ein Spieß mit einem Ferkel drehte. »Wir müssen gegenüber diesen Schweinen stark und furchtlos erscheinen. Du schaffst das, Herrin. Vergiss nicht, du bist eine römische Aristokratin. Du musst die Tradition hochhalten.«
»Aber ich habe Angst.«
»Ich auch«, gestand Macro. »Aber wir müssen verhindern, dass die sich unsere Angst zunutze machen. Das ist im Moment die einzige Möglichkeit für uns, Ajax zu trotzen. Also Kopf hoch und setz für die Kerle dort drüben ein tapferes Gesicht auf.«
»Ich werd’s versuchen.«
Macro nahm einen Schatten an der Schulter wahr, dann sagte jemand dicht an seinem Ohr: »Gut gesprochen, Centurio. Wir werden ja sehen, wie tapfer ihr seid, wenn ihr das gleiche Schicksal erleiden werdet wie mein Vater.«
Ajax trat um die Ecke des Käfigs herum und hockte sich so hin, dass er beide Gefangenen im Blick hatte. Er führte ein Hühnerbein zum Mund und biss davon ab. Dann rümpfte er die Nase und warf das Bein weg. Zwei Möwen stießen herab und stritten sich um das Fleisch, pickten heftig aufeinander ein.
»Ihr
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