Cato 10 - Die Legion
zügelten ihre Pferde im aufwirbelnden Staub. Ajax sah sich um. Jetzt stand ihnen nur noch eine Richtung offen: der Norden.
»Mir nach!« Er zerrte heftig am Zügel und riss sein Pferd herum. Dann sprengte er von der Falle weg, die ihnen von den beiden römischen Schwadronen gestellt wurde. Die Gladiatoren und die Araber wendeten ihre Pferde und galoppierten hinter ihm her. Sie donnerten über den Sand, die sonnenbeschienenen Felsen zu ihrer Linken und den orangeroten Dunst zu ihrer Rechten. Tief am Horizont tauchte dort die glänzende, goldene Sonnenscheibe auf. Ajax beugte sich vor und spürte, wie die Mähne des mit vorgerecktem Kopf galoppierenden Pferdes gegen sein Kinn peitschte. Er fühlte Bitterkeit im Herzen bei der Aussicht, dass man ihn stellen und dazu zwingen würde, zu kämpfen oder sich zu ergeben. Seine römischen Feinde würden mit Sicherheit verbreiten, dass er seine Männer im Stich gelassen hatte und um sein Leben gerannt war. Die einzige Möglichkeit, diese Entwicklung zu verhindern, lag darin, zu entkommen und weiterzukämpfen. Das war das Einzige, was jetzt zählte.
Die zweite römische Schwadron versuchte nun nicht mehr, ihnen den Weg zu versperren, sondern schloss sich der Verfolgungsjagd an; sechzig Mann gegen Ajax’ zwanzig. Er begriff, dass sie sich nicht zum Kampf stellen konnten, denn das hätte ihren sicheren Untergang bedeutet. Als sie so an den Felswänden entlang über das trockene Land sprengten, entdeckte Ajax eine schmale Schlucht, die sich zu seiner Linken in die Berge hinaufwand. Sollte sie bis zum Felsenplateau hinaufführen, bestand immer noch die Chance, den Römern zu entkommen und sich wieder Prinz Talmis anzuschließen. Andernfalls hätten er und seine Leute dort wenigstens die Möglichkeit, an einer Engstelle zu kämpfen und ihren Verfolgern unter ausgeglicheneren Bedingungen entgegenzutreten.
Er zeigte auf den Eingang der Schlucht und schrie Karim zu: »Dort hinüber!«
Die Reitergruppe hielt auf das ansteigende Gelände zu. Ein Blick über die Schulter zeigte Ajax, dass die nähere der feindlichen Schwadronen nur noch eine gute Viertelmeile entfernt war. Eben war der Abstand noch größer gewesen, überlegte er grimmig. Der Weg wand sich das felsige Gelände hinauf, und die Hufschläge hallten von dem knochentrockenen Gestein wider. Bald verbargen Wegbiegungen die Gegner vor ihren Augen, und Ajax fragte sich, ob sich vielleicht eine Gelegenheit bieten würde, heimlich vom Weg abzubiegen und die Verfolger abzuschütteln. Doch es ergab sich nichts dergleichen, da die einzigen Pfade, die vom Weg wegführten, für die Pferde zu schmal und steil waren.
Als sie dann etwa eine Meile in die Schlucht eingedrungen waren, führte der Weg in ein Tal, das von hohen Felsen und wild durcheinander liegenden Steinbrocken umschlossen war. Hier und dort erkannte Ajax schmale Öffnungen im Felsen, die wie Höhlen aussahen. Der Weg schien am Fuß einer hohen Felswand unvermittelt zu enden. Es gab keinerlei Lebenszeichen. Ringsum bewegte sich nichts, und die in dieser großen, natürlichen Arena stehende heiße Luft schien von tiefer Stille und einem Gefühl böser Vorahnungen erfüllt.
»Was ist das hier für ein Ort?«, fragte Karim. »Diese Höhlen sind nicht natürlich. Jemand hat sie aus dem Fels gehauen. Schau dort.«
Er zeigte auf einen großen Eingang, der halb hinter einem riesigen Felsbrocken verborgen lag. Die schattige Öffnung war von behauenen Quadern umrahmt, die mit kleinen, in den Stein gehauenen Symbolen überzogen waren, wie Ajax sie auch an den Tempelwänden gesehen hatte. Er lenkte sein Pferd näher und spähte in den Gang hinein. Die bemalten Wände zogen sich tief ins Dunkel, wo nichts mehr zu erkennen war. Bevor er die Höhle weiter untersuchen konnte, stieß einer seiner Männer einen Ruf aus und zeigte den Weg hinunter. Ajax und seine Leute lauschten, und da hörten sie es: das Geklapper von Hufen.
»Karim! Nimm die Bogenschützen und steige mit ihnen diesen Steilhang hier hinauf.« Er deutete auf ein Durcheinander von Felsklötzen, das die letzte Biegung des Weges bildete. »Wartet, bis sie auf einer Höhe mit euch sind, bevor ihr schießt.«
Karim nickte und stieg eilig vom Pferd, um das Kommando über die Araber zu übernehmen. Ajax sah den Rest seiner Männer an, alles, was ihm von den Gefolgsleuten geblieben war, die er auf Kreta gehabt hatte. »Der Weg unmittelbar hinter dem Felsen ist schmal. Wir können ihn gut halten. Jeder einzelne von uns ist
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