Cato 10 - Die Legion
Statthalter Petronius in einem reich verzierten Amtssessel auf einem Herrschaftspodium am Ende des Audienzsaals. Cato und Macro saßen neben ihm, und auf seiner anderen Seite hockten zwei Schreiber auf Matten. Der eine sollte die Worte des Statthalters festhalten, der andere die Kommentare seiner Gäste. Petronius hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, jede Unterredung aufzeichnen zu lassen. Sollte er jemals in Rom wegen Korruption oder Unfähigkeit angeklagt werden, würde er dieses Material möglicherweise zu seiner Verteidigung brauchen.
Der Audienzsaal war von hoch aufragenden Säulen gesäumt, die die charakteristische ägyptische Lotusform aufwiesen. In ebendiesem Audienzsaal hatten die ptolemäischen Könige ihre Erlasse verkündet. Die Letzte ihres Geschlechts, Kleopatra, hatte hier erst Gaius Julius Caesar und dann Marcus Antonius als Gäste bewirtet. Dabei hatte sie auf demselben Herrschaftspodium gesessen wie jetzt der Statthalter. Doch der zeremonielle Glanz und die feierlichen Freundschaftsbezeugungen zwischen zwei großen Mächten gehörten längst der Vergangenheit an. Nun stand hier eine Schar verängstigter und aufgebrachter Alexandriner, die von einer Reihe finster blickender römischer Legionäre in Schach gehalten wurden. Hamedes hatte soeben den Bericht über seine Erlebnisse beendet und versichert, dass der Mann, der behauptet hatte, Präfekt Cato zu sein, nicht derselbe war wie der Mann, der nun an der Seite des Statthalters saß. Weitere Zeugen, die von Ajax verschont worden waren, wurden hereingerufen und bestätigten die Behauptung des Statthalters, dass es sich bei dem Überfalltrupp um Betrüger handelte.
Zunächst wurden nur ein paar Stimmen laut, die den Statthalter beschuldigten, Abtrünnige innerhalb der römischen Besatzungstruppen zu decken. Petronius hörte ihren Argumenten eine Zeit lang zu, doch dann entstand ein solches Stimmengewirr, dass nichts mehr zu verstehen war. Er beugte sich zu Macro hinüber.
»Centurio, sei so gut und bring sie zum Schweigen.«
»Jawohl, Herr.« Macro holte tief Atem. Er hielt die Hände trichterförmig vor den Mund und brüllte: »RUHE!«
Der Saal war dafür gebaut, den Befehlen, die vom Thron ertönten, eine gute Akustik zu bieten, und ohnehin konnte Macro mit seiner Exerzierplatzstimme einen Rekruten in mehreren Hundert Schritten Entfernung abrupt zum Stehen bringen. Die Alexandriner verstummten rasch, und als alle schwiegen, ergriff Petronius das Wort.
»Ich kann euch versichern, dass die Männer, die die Küstensiedlungen überfallen und eure Schiffe gekapert haben, keine Römer sind. Der Verbleib jedes einzelnen Schiffs in der alexandrinischen Flotte ist bekannt. Die Übeltäter segeln auf keinem unserer Schiffe, und ihr Anführer wurde als der flüchtige Sklave Ajax identifiziert.« Petronius hielt inne. »Vor diesem Hintergrund darf ich mich wohl darauf verlassen, dass ihr zu euren Leuten zurückkehrt und dabei helft, die Gerüchte einzudämmen, die in der ganzen Stadt kursieren. Ich erwarte verantwortungsvolles Handeln. Sollte irgendeiner von euch dabei erwischt werden, dass er weiter die Lüge verbreitet, römische Truppen seien in diese Überfälle verwickelt, bleibt mir keine andere Wahl, als ihn der Volksverhetzung anzuklagen. Wer für schuldig befunden wird, wird mit der Konfiszierung seiner Güter und dem Exil, möglicherweise sogar mit dem Tod bestraft.«
Hier und da erhob sich Stimmengemurmel, doch dann trat ein Mann vor und hob die Hand. »Herr, darf ich sprechen?«
Petronius nickte.
»Dass die Wahrheit hinter den Überfällen aufgedeckt wurde, heißt noch nicht, dass ihnen auch ein Ende gesetzt ist. Dieser Flüchtling und seine Bande sind noch immer auf freiem Fuß. Wie willst du dieser Bedrohung für unseren Handel begegnen? Schon breitet sich die Nachricht über unsere Verluste in den Nachbarprovinzen aus. Viele Schiffseigentümer weigern sich bereits, Alexandria anzulaufen, und die, die es tun, verlangen horrende Preise. Ich bin mir sicher, dass ich hier für jeden Kaufmann spreche, wenn ich sage, dass ich meine Steuern bezahle und dafür entsprechenden Schutz erwarte.«
»Natürlich«, antwortete Petronius laut. »Und gewiss ist dir ebenso daran gelegen, das Leben der Schiffsbesatzungen zu schützen, die deine Waren transportieren.«
Der Kaufmann trat verlegen von einem Bein aufs andere und nickte. »Natürlich. Es versteht sich von selbst, dass das Wohlergehen unserer Angestellten und Vertragspartner uns ebenfalls sehr
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