Cato 10 - Die Legion
Wahrheit sagt – verlangen die Seeleute und Kaufleute aufgebracht nach besserem Schutz. Das geht über die üblichen Reibereien zwischen Juden und Griechen weit hinaus. Dann wären da noch die Fellachen – die Bauern – entlang der Küste. Wegen der Überfälle auf die Dörfer und der Plünderung des Tempels stehen sie kurz vor einem Aufruhr. Ach, und da ist noch etwas«, fügte er bitter hinzu. »Der letzte Stand des Nilometers lässt eine schlechte Ernte erwarten.«
»Zu wenig Wasser?«, vermutete Cato.
Petronius schüttelte den Kopf. »Zu viel. Die Nilüberschwemmung wird dieses Jahr weit höher ausfallen, was bedeutet, dass das Wasser länger braucht, um wieder zurückzugehen. Entsprechend spät kann die Saat ausgebracht werden. Die Fellachen werden hungern, und die Steuereinnahmen werden sinken. Ich habe Männer, um mit dem ersten Problem fertigzuwerden, aber eines ist so sicher wie die Tatsache, dass Vulcanus den Schlagring erfunden hat: Sobald das kaiserliche Schatzamt einen Rückgang der Steuereinnahmen Ägyptens feststellt, bekomme ich Ärger.« Petronius hob hilflos die Hände. »Wie ihr seht, ist euer Freund Ajax also genau im schlimmsten Moment aufgetaucht.«
Macro zog finster die Augen zusammen. »Ajax ist nicht mein Freund, Herr.«
»Wie man so sagt«, entschuldigte Petronius sich leichthin.
Sie wurden durch ein Klopfen am Türrahmen unterbrochen. Alle drei drehten sich um, als ein Wächter den Raum betrat. »Herr, der Gypo aus dem Tempel, den ich holen sollte, ist jetzt hier.«
Petronius zuckte zusammen. »Soldat, ich würde wirklich eine weniger verunglimpfende Bezeichnung für unsere Provinzbewohner vorziehen.«
Der Mann blinzelte. »Herr?«
»Ägypter, nicht Gypos, klar?«
»Jawohl, Herr.«
»Nun gut, führ ihn herein.«
Cato blickte sich nach Macro um und holte tief Luft. Gleich würde der Überlebende aus dem Tempel hereingebracht werden und seine Geschichte erzählen.
Kapitel 5
H
amedes war groß und kräftig. Aufgrund einer Kopfverletzung hatte man seinen Schädel rasiert, aber nach mehreren Tagen war ein dunkler Haarflaum nachgewachsen. Er war etwas jünger als Cato und hatte tief liegende Augen und eine breite, hakenförmige Nase, die für die Einheimischen typisch war. Er trug eine einfache, rote Militärtunika, die ihm wohl jemand geliehen haben musste. Barfuß und gerade wie eine Eins stand er vor ihnen. Er sprach fließend Griechisch.
»Du hast mich rufen lassen, Herr«, verkündete er und ließ dabei das letzte Wort irgendwie gönnerhaft klingen.
»In der Tat.« Der Statthalter nickte. »Ich möchte, dass du diesen beiden Offizieren deine Geschichte erzählst.«
»Warum denn? Ich habe bereits eine Aussage gemacht, die von deinem Schreiber festgehalten wurde. Das ist doch unnötig, reine Zeitverschwendung.«
»Du brauchst dich nicht so aufzuspielen«, sagte Macro mit einem Stirnrunzeln, das einem leichter einzuschüchternden Mann als Hamedes Angst gemacht hätte. »Sei einfach ein braver Junge und erzähl uns alles.«
Der Priester musterte Macro von oben bis unten. »Und mit wem habe ich die Ehre, wenn ich fragen darf?«
Macro warf sich in die Brust. »Centurio … «
»Genug!«, fuhr Cato dazwischen. »Du bist hier, um unsere Fragen zu beantworten, und nicht, um selbst welche zu stellen.«
»Wirklich? Ich dachte, ich sei hier, weil ich Zeuge eines römischen Überfalls auf den Tempel der Isis in Keirkut geworden bin. Der Tempel ist inzwischen eine Ruine, und seine Diener sind Aas für die Geier. Ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass Gerechtigkeit geschieht, Herr.« Er hielt kurz inne. »Das heißt, falls jemand, der aus Rom kommt, sich darunter überhaupt etwas vorstellen kann. Und unterdessen bin ich anscheinend ein Gefangener.«
Macro warf Cato einen Blick zu und sagte leise: »Der ist ja ganz schön von sich eingenommen, oder? Wenn er uns dumm kommt, bin ich durchaus willens, das Verhör persönlich in die Hand zu nehmen.«
»Jetzt noch nicht«, gab Cato leise zurück. »Schauen wir erst einmal, was wir mit weniger rabiaten Mitteln erreichen können.«
Er wandte sich an Hamedes. »Der Statthalter hat uns gebeten, bei der Untersuchung des Vorfalls zu helfen. Wir könnten den Bericht lesen, aber ich würde lieber deine eigene Schilderung hören. Das würde uns sehr helfen, für die Gerechtigkeit zu sorgen, die du dir wünschst.«
Der junge Priester sah Cato aufmerksam an und nickte dann. »Nun gut. Auf dieser Grundlage bin ich zur Zusammenarbeit
Weitere Kostenlose Bücher