Cato 10 - Die Legion
Ein Blick voraus zeigte Cato, dass die Landzunge einen Bogen machte, und ihm wurde mit einem elenden Gefühl klar, dass Ajax die Einfahrt der Bucht möglicherweise vor der Sobek erreichen könnte.
»Schneller!«, rief er zum Trierarchen hinunter. Phermon blickte auf und schüttelte den Kopf.
»Herr, die Mannschaft rudert schon fast eine Stunde lang mit voller Kraft. Sie kann nicht mehr.«
»Das ist mir scheißegal. Sie sollen schneller rudern.«
»Das geht nicht«, entgegnete der Trierarch fest. »Du hast sie bis zur Erschöpfung angetrieben, Herr.«
Cato knirschte vor Wut mit den Zähnen. Der Trierarch hatte recht. Er hatte den Hafen unbedingt so schnell wie möglich erreichen wollen, und jetzt hatten die Ruderer im entscheidenden Moment keine Kraftreserven mehr. Im Gegensatz dazu waren Ajax’ Männer wahrscheinlich ausgeruht, und Cato sah, wie die Masten der gegnerischen Schiffe allmählich einen Vorsprung gewannen. Noch ärgerlicher war, dass sie im Gegensatz zu Cato den zusätzlichen Weg nicht zurücklegen mussten, zu dem die Landzunge ihn zwang, und so hielten die beiden Schiffe über die Bucht auf die Spitze der Landzunge zu. Entnervt schlug Cato mit der Faust auf die Brüstung des Gefechtsturms. Er holte tief Luft und wandte sich so ruhig wie möglich an den Trierarchen. »Fordere deine Männer auf, ihr Bestes zu geben. Nur eine letzte Anstrengung, mehr verlange ich nicht von ihnen.«
»Jawohl, Herr.« Der Trierarch salutierte, ging nach achtern zur Hauptluke und stieg unter Deck, um seine Männer noch einmal anzutreiben.
Cato wandte seine Aufmerksamkeit wieder den beiden Masten zu, die auf der anderen Seite der Landzunge immer mehr Vorsprung gewannen. Bald würden sie auf gleicher Höhe mit dem Wachturm sein, dann das offene Meer erreichen und davonsegeln. Die römischen Schiffe konnten zwar die Verfolgung aufnehmen, aber wenn kein Wunder geschah, würden Ajax und seine Männer entkommen, überlegte Cato bitter.
Eine schwache Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit, und er entdeckte über dem Wachturm einen dunklen Fleck in der Luft. Für einen Augenblick wirbelte eine Rauchwolke auf, und dann entstand eine Rauchfahne, die stetig zum klaren Himmel emporstieg. Diese neue Entwicklung entlockte Cato ein Stirnrunzeln. Immerhin waren jetzt, da der Feind auf der Flucht war, Macro und seine Männer in Sicherheit. Da konnte der Turm ruhig abbrennen. Dann allerdings bemerkte Cato, dass der Qualm von einem einzelnen Punkt ausging. Gleich darauf loderte eine helle Flamme auf, und ein schmaler Rauchfaden flog im Bogen von der Turmspitze auf die beiden Schiffe zu, die sich durch die Bucht kämpften. Eine weitere Rauchspur folgte der ersten, und erst da begriff Cato, was eigentlich geschah.
»Ballisten.« Er lächelte in sich hinein. »Macro feuert Brandgeschosse ab.«
Macro hielt die näher kommenden Schiffe unter einem stetigen Beschuss von Brandbolzen. Dann wirbelte auf der anderen Seite der Landzunge eine dunkle Rauchwolke auf, und Cato sah, dass die Schiffe den Kurs geändert hatten. Sie waren gezwungen, die Landzunge in einem weiten Bogen zu umfahren, um dem Beschuss durch den Wachturm auszuweichen. Eines der Schiffe stand bereits in Flammen. Cato umklammerte die Brüstung des Gefechtsturms. Er bemerkte, wie ein ganz leichter Ruck durch das Schiff lief. Die Männer an den Riemen gaben nun ihr Letztes. Als der Trierarch wieder zum Bug zurückkehrte, war die Spitze der Landzunge voll in Sicht, und Cato wusste, dass der Wettkampf vorbei war. Weil Macro Ajax zum Ausweichen gezwungen hatte, konnten der Gladiator und seine Schiffe nicht auf das offene Meer fliehen.
»Wir kriegen sie, Herr.« Der Trierarch grinste.
»Scheint so«, erwiderte Cato so ruhig, wie es ihm nur möglich war. »Lass die Marineinfanteristen Aufstellung nehmen.«
Die Landzunge lief in einer schmalen Sandbank am Rand des türkisblauen Meeres aus, und die Sobek fuhr daran vorbei. Erst dann befahl der Trierarch dem Steuermann, in die Bucht einzufahren. Aus dem Gefechtsturm hatte Cato klare Sicht auf die beiden Schiffe, die weniger als eine Viertelmeile entfernt auf ihn zukamen. Auf der rechten Seite erkannte er das Schiff, das Ajax bei seiner Flucht von Kreta gestohlen hatte. Bei dem anderen handelte es sich um die Thoth. Rauch stieg von einem Feuer auf, das mittschiffs loderte. Mehrere Männer schöpften mit Eimern Wasser aus dem Meer und versuchten, die Flammen zu löschen. Trotzdem ruderte die Besatzung weiter, und das Schiff schoss durch
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