Cato 10 - Die Legion
unterwegs ist. Er ist auf der Flucht. Und er hat nicht mehr viele Leute. Die Frage ist, was würdest du an seiner Stelle tun?«
Macro kratzte sich am Hals. »Eine neue Operationsbasis suchen. Neue Verbündete finden … « Er sah Cato an und zog die Augenbrauen hoch. »Die Nubier?«
»Genau.«
Macro war sich weniger sicher. »Das ist eine ziemlich gewagte Annahme. Warum sollte er das tun? Warum sucht er sich nicht einfach einen unauffälligen Fluchtweg aus der Provinz, verpisst sich in einen abgelegenen Winkel des Imperiums und macht uns von dort aus Ärger?«
»Weil die Nubier ihm die beste Gelegenheit bieten, Rom weiteren Schaden zuzufügen.«
»Und warum sollten die Nubier ihn aufnehmen?«
»Würdest du das etwa nicht tun? Du hast gesehen, wie Ajax und seine Leute kämpfen. Sie wären ein bedeutender Gewinn für jede Armee.«
»Da hast du wohl recht«, erwiderte Macro nachdenklich. »Ich bezweifle allerdings, dass es Ajax gefallen wird, Befehle entgegenzunehmen, anstatt sie selber zu erteilen. Glaub mir, Cato, ich hatte Gelegenheit, diesen Mann gründlich zu beobachten. Er ist entschlossen, keinem Herrn zu dienen.«
»Wir alle müssen manchmal unseren Stolz runterschlucken.« Cato lehnte sich zurück. »Ich könnte mich irren. Vielleicht ist er schon dabei, die Provinz zu verlassen. Aber das bezweifle ich. Nicht, solange wir hier sind.« Plötzlich hatte er eine Erkenntnis. »Ich wäre tatsächlich gar nicht überrascht, wenn er hofft, dass wir zur Armee stoßen, die gegen die Nubier losschlagen soll. Das wäre ein weiterer Grund, sich unserem Gegner anzuschließen.«
»So sehr hasst er uns?«
Cato erinnerte sich an den rasenden Zorn, den er in der Nacht des Zweikampfs im Dorf in Ajax’ Gesicht gesehen hatte, und ein vertrauter Schauder lief ihm über den Rücken. »Ja, ja, unbedingt. Da bin ich mir sicher. Und das ist der einzige Vorteil, den wir im Moment haben.«
Hamedes räusperte sich. »Und wann brecht ihr dann zum oberen Nil auf, Herr?«
»Morgen. Gerade wird am Kai des Mareotis-Sees ein militärischer Schiffskonvoi beladen. Wir haben Schlafplätze auf einem der Prähme zugeteilt bekommen. Bei Tagesanbruch brechen wir auf.«
»So bald?« Macro dachte einen Augenblick nach und zuckte dann mit den Schultern. »Nun, warum auch nicht? Falls Ajax uns dort erwartet, ist es besser, wir befassen uns so schnell wie möglich mit dem Drecksack.« Er wandte sich Hamedes zu. »Sieht so aus, als trennten sich unsere Wege jetzt. Auf dein Wohl.« Er hob seinen Becher. »Für einen Gypo bist du ganz in Ordnung.«
Hamedes sah Cato an. »Ist das ein Kompliment, Herr?«
»Von ihm? Oh, ja.« Cato hob ebenfalls seinen Becher. »Danke für deine Hilfe.«
Hamedes wirkte bedrückt. »Die Wahrheit ist, Herr, dass ich gerne einen Platz in einem der älteren Tempel finden würde, die noch am alten Glauben festhalten. Nicht hier bei diesen Betrügern. Ich möchte zum oberen Nil zurückkehren, wo ich als Kind gelebt habe.« Seine Augen leuchteten auf. »Und ihr braucht noch immer jemanden, der die Sprache der Einheimischen spricht und euch dabei hilft, den Gladiator und seine Gefolgsleute zu finden. Vielleicht könnte ich euch ja noch eine Weile dienen, bevor ich ins Priesteramt zurückkehre. Ihr wisst ja, dass ich ebenso viel Grund habe, ihn zu suchen wie ihr. Das Blut meiner Priesterbrüder schreit nach Rache.«
»Ja.« Cato bemerkte Hamedes’ eindringlichen Blick und erriet, welche Gefühle sein Herz erfüllten und sein Verlangen nach Rache nährten. Er nickte. »Nun gut, du kannst dich uns anschließen. Ich werde dich als Kundschafter anwerben lassen. Dann wirst du wenigstens für deine Mühen bezahlt.«
Der Priester lächelte. »Ich stehe in deiner Schuld, Herr.«
Die Nilprähme waren schwer mit militärischen Gütern für den bevorstehenden Feldzug beladen: Körbe mit Pfeilen, die schwereren Geschosse für die Ballisten, neu geschmiedete Schwertklingen, Schildbuckel und Beschläge, Behälter voller Nägel und Stiefel. Dutzende von Legionären und Offizieren, die Urlaub gehabt hatten oder mit Aufträgen abkommandiert worden waren, kehrten zu ihren Einheiten zurück, und es gab auch ein paar frische Rekruten. Cato, Macro und Hamedes waren mit ihrer Ausrüstung beladen, die sie bei der alexandrinischen Flotte abgeholt hatten. Sie gingen an Bord eines der letzten Fahrzeuge, die ausliefen, und wurden auf das kleine Vordeck geschickt, wo sie der Besatzung, die das Schiff vom Kai abstieß und das große Dreieckssegel
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