Cato 10 - Die Legion
Einige der erfahreneren und professionelleren Offiziere nickten nur oder applaudierten höflich. Weitere Offiziere sah Cato in versteinertem Schweigen dasitzen. Nachdem Aurelius begriffen hatte, dass er mehr Applaus nicht bekommen würde, bat er mit erhobener Hand um Ruhe. »Das ist vorläufig alles, meine Herren. Wegtreten.«
Es entstand ein leises Stimmengewirr, als die Männer aufstanden, das Bassin umrundeten und zwischen den Säulen auf der gegenüberliegenden Seite hinausgingen. Macro wandte sich Cato zu. »Ein wahrer Redner, unser Lagerpräfekt«, meinte er sarkastisch. »Da bleibt kein Auge trocken. Mir hat allerdings eher die Verlegenheit die Tränen in die Augen getrieben. Was für ein Schwachkopf.«
»Ich glaube, er hat es genau so gemeint. Jedes einzelne Wort.«
»Das kann doch nicht dein Ernst sein?«
»Oh, doch. Er weiß, dass er sich niemals als fähiger Stabsoffizier auszeichnen wird. Jetzt hat er endlich einmal die Gelegenheit, Ruhm zu erringen. Das könnte das Ganze zu einer gefährlichen Situation machen, Macro.«
»Ach wirklich? Ich dachte, die Tatsache, dass wir in der Minderzahl sind, dass die Qualität der Soldaten fragwürdig ist und dass Ajax sich möglicherweise den Nubiern angeschlossen hat, würde bedeuten, dass die Lage ohnehin schon gefährlich ist.«
Cato blickte ihn finster an. »Na gut, sie könnte dadurch sogar noch gefährlicher werden. Jetzt zufrieden? Los, komm, wir müssen mit Aurelius sprechen.«
»Worüber denn?«
»Wir müssen ihn davon überzeugen, seine Ruhmesgier zu zügeln.« Cato ging an der Schmalseite des Bassins vorbei zum Tisch, wo Aurelius sich mit einer Handvoll weiterer Offiziere beriet. Einige von ihnen hatte Cato seit seiner Ankunft mit Macro schon im Hauptquartier gesehen. Aurelius wandte sich ihnen zu, als sie näher kamen, und lächelte freundlich.
»Was hast du von meiner kleinen Rede gehalten?«
»Sie war aufbauend«, antwortete Cato vorsichtig.
»Ich weiß. Ich habe lange auf die Gelegenheit gewartet, einmal eine solche Rede zu halten«, fuhr Aurelius in erfreutem Tonfall fort. »Ich gestehe, dass ich sehr unter dem Einfluss eines Buches stand, das ich vor einigen Monaten in der Großen Bibliothek gelesen habe. Schlachtenansprachen der großen historischen Feldherren. Ein geringeres Werk von Livius, aber wunderbar geschrieben. Genau das Richtige, um einem das Blut in Wallung zu bringen, nicht wahr?« Er klopfte Cato gegen die Brust.
»Ich hatte noch keine Gelegenheit, es zu lesen, Herr«, antwortete Cato gleichmütig. »Vielleicht komme ich ja dazu, wenn der Feldzug vorbei ist. Übrigens würde ich die Gelegenheit begrüßen, deine Feldzugspläne mit dir zu besprechen. Ich nehme an, du folgst der üblichen Praxis und beziehst sowohl mich selbst als auch den Primus Pilus beim Ausarbeiten der Befehle mit ein, Herr.«
Ein kurzer Ausdruck der Verärgerung huschte über Aurelius’ Züge. »Das ist nicht nötig, Tribun Cato. Die Pläne wurden vom Legaten und seinen engsten Beratern erstellt. Nun sind alle tot. Ich bin der Einzige, dem der Legat seinen Feldzugsplan gegen die Nubier anvertraut hat, und der noch am Leben ist.« Aurelius stockte kurz. »Natürlich könnte ich es für angebracht halten, einige Einzelheiten zu ändern, aber ich habe meine eigenen Berater.« Er zeigte auf die vier Männer, die neben ihm standen. »Ich muss dich also nicht wegen irgendwelcher Ratschläge bemühen.«
»Es ist keine Mühe, Herr. Wir würden uns freuen, dich in den Vorzug unserer beträchtlichen Erfahrung kommen zu lassen.«
»Eurer beträchtlichen Erfahrung?« Aurelius lächelte schwach. »Tribun, diese Männer und ich haben dem Kaiser wahrscheinlich schon gedient, als du noch als Säugling an der Mutterbrust gelegen hast. Meine Berater und ich haben zusammen mehr als genug Erfahrung. Aber ich danke dir trotzdem für dein Angebot.« Ihm kam ein Gedanke und seine Augen leuchteten auf. »Ich bin jedoch durchaus gewillt, mir deine Erfahrungen und die des guten Centurio Macro zunutze zu machen. Ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr die Ausbildung der Legion übernehmen würdet. Die Männer sind auch jetzt schon prachtvolle Soldaten, aber ein bisschen Körperertüchtigung und Schwerttraining wird ihnen den letzten Schliff geben. Macro hier hat den strengen Blick eines Exerziermeisters und wohl auch die entsprechende Stimme. Auf diese Weise wird eure Erfahrung der Zweiundzwanzigsten Legion äußerst nützlich sein, nicht wahr? Überlasst die Operationsplanung
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