Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition)
Ende der Woche war ich »Benita with the magic hands«, die mit den magischen Händen. Ich war auf ein Talent gestoßen, von dem ich keine Ahnung hatte, dass es in mir schlummerte. Im Schnellverfahren wurde ich Callanetics Teacher, Callanetics Senior Teacher, Callanetics International Senior Teacher. Ich arbeitete eng mit der Erfinderin, Callan Pinckney, zusammen, einer Südstaatenschönheit mit Südstaatenakzent (ungefähr so hatte ich mir immer die in die Jahre gekommene Scarlett aus »Vom Winde verweht« vorgestellt). Der Exmann adaptierte das Franchising-System auf die Schweiz, ich schrieb Handbücher, bildete Callanetics-Lehrerinnen und -Lehrer aus. Die Ausdehnung ins benachbarte Ausland ließ sich gut an, scheiterte allerdings an den Preisvorstellungen der Amerikaner. Der Exmann brach auf zu neuen Geschäften, die Schweizer Bank verwandelte sein Kontokorrent für mich über Nacht in Schulden, mit der klaren Ansage, als Frau in dieser Fitnessbranche sei ich nun mal ein Risiko...
Zusammen mit allem, was ich über Aufrichtung und Haltung gelernt hatte, brachte mir Callanetics in einigen Bereichen Linderung. Bestimmte Anweisungen, Positionen, Bewegungen in Callanetics bereiteten mir indes noch mehr Schmerzen. Ich beherzigte den Rat von Callan, die Position einfach um ein paar Millimeter zu verändern, bis sich Schmerzfreiheit einstellte. Es wurden Zentimeter, dann änderte sich die ganze Richtung: Statt das Bein einzudrehen, drehte ich es aus, statt den Rücken rund zu machen, spannte ich ihn auf. Ich probierte die veränderten Positionen in den Gruppenklassen aus, sie funktionierten! Für ausnahmslos alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer (Letztere waren damals an einer Hand abzuzählen)! So entstanden völlig neue Positionen. Immer mehr immer neue Übungen kamen dazu, ich kreierte NEW CALLANETICS ® , schrieb ein Buch darüber 2 , Callan fungierte als stille Co-Autorin. Die Zukunft in und mit Callanetics schien besiegelt.
Callanetics boomte einige Jahre, die Studios schossen weltweit wie Pilze aus den Böden. Die Mutterfirma übernahm sich am schnellen Erfolg, floppte fast über Nacht (trotz meiner ach so hart erarbeiteten 285.000 Dollar) und wurde verkauft. Eine ehrgeizige Callanetics-Lehrerin mit reichem Mann übernahm die Marke, das Schaffen machte mich nun nicht mehr froh. 1997 trennte ich mich schweren Herzens von Callanetics, taufte NEW CALLANETICS ® auf CANTIENICA ® um, stellte es den Franchisenehmerinnen und Franchisenehmern frei, weiterhin Callanetics anzubieten oder auf die neue Methode umzustellen (und staunte, dass von zwei Dutzend Lizenznehmerinnen und -nehmern drei an mich glaubten). Callanetics arbeitet übrigens bis heute mit meinen Unterlagen für NEW CALLANETICS ® .
1997 schrieb ich das erste CANTIENICA ® -Buch: »Tiger Feeling – Das sinnliche Beckenboden-Training«. Zwei Verlage lehnten das Manuskript ab, ein kleiner Ex-DDR-Verlag, Gesundheit, druckte es – und verdiente sehr viel Geld damit. Ich konnte mit meinem Geld die junge Firma retten. »Tiger Feeling« war das erste populäre Buch über Beckenbodentraining, es begründete den ganzen Beckenbodenboom im deutschsprachigen Raum. Inzwischen ist die fünfte Überarbeitung in der ungefähr 30. Auflage auf dem Buchmarkt. Das Buch wurde und wird kopiert, imitiert und plagiiert, wie das mit sehr erfolgreichen Büchern nun mal passiert. Anfangs ärgerte es mich, dass ganze Passagen abgeschrieben und die gleichen Illustratorinnen zum Nachzeichnen angeheuert wurden, dass andere Verlage das Buchkonzept unverblümt kopierten. Schließlich beschloss ich, meine Methode einfach zur besten zu machen, denn nichts ist so schwer zu kopieren wie Qualität. An dieser Absicht hat sich bis heute nichts geändert.
Der geliebte Journalismus hielt mir die Treue. Ich bekam genau im richtigen Moment das Angebot, die Fitnesszeitschrift Shape in Deutsch zu konzipieren und für den Schweizer Verlag Marquard Media herauszugeben. Von 1998 bis 2003 konnte ich durch die schöne, herausfordernde Arbeit als Chefredakteurin die schöne, herausfordernde Arbeit in der Körperforschung gemächlich angehen, ich musste nicht von ihr leben. Der lange Abschied aus dem Journalismus ermöglichte es mir, die CANTIENICA ® -Methode langsam und sorgfältig wachsen zu lassen.
3.
Der Beckenboden fordert sein Recht ein: Er will für mich arbeiten. Ohne Gegenleistung
E in Arzt sprach 1993 mir gegenüber den Satz aus, der mein Leben von Grund auf verändern sollte:
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